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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767.

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Agathon.

Wir haben schon bemerkt, daß die Syracusaner, ver-
möge einer Eigenschaft, welche aller Orten das Volk
characterisiert, der Hofnung durch Vermittlung des Pla-
ton ihre alte Freyheit wieder zu erlangen, mit einer so
voreiligen Freude sich überliessen, daß die bevorstehende
Staats-Veränderung der Jnhalt aller Gespräche wurde.
Jn der That gieng die Absicht Dions bey Beruffung
seines Freundes auf nichts geringers. Beyde waren
gleich erklärte Feinde der Tyrannie und der Democra-
tie; von denen sie (mit welchem Grunde, wollen wir
hier nicht entscheiden) davorhielten, daß sie unter ver-
schiedenen Gestalten, und durch verschiedene Wege, am
Ende in einem Puncte, nehmlich in Mangel der Ord-
nung und Sicherheit, Unterdrukung und Sclaverey zu-
sammenlieffen. Beyde waren für diejenige Art der Ari-
stocratie, worinn das Volk zwar vor aller Unterdrükung
hinlänglich sicher gestellt, folglich die Gewalt der Edeln,
oder wie man bey den Griechen sagte, der Besten, durch
unzerbrechliche Ketten gefesselt ist; hingegen die eigent-
liche Staats-Verwaltung nur bey einer kleinen Anzahl
liegt, welche eine genaue Rechenschaft abzulegen ver-
bunden sind. Es war also würklich ihr Vorhaben, die
Tyraunie, oder was man zu unsern Zeiten eine unein-
geschränkte Monarchie nennt, aus dem ganzen Sicilien
zu verbannen, und die Verfassung dieser Jnsel in die
vorbemeldte Form zu giessen. Dem Dionys zu gefal-
len, oder vielmehr, weil nach Platons Meynung die voll-
kommenste Staats-Form eine Zusammensezung aus der
Monarchie, Aristocratie und Democratie seyn mußte,

wollten
Agathon.

Wir haben ſchon bemerkt, daß die Syracuſaner, ver-
moͤge einer Eigenſchaft, welche aller Orten das Volk
characteriſiert, der Hofnung durch Vermittlung des Pla-
ton ihre alte Freyheit wieder zu erlangen, mit einer ſo
voreiligen Freude ſich uͤberlieſſen, daß die bevorſtehende
Staats-Veraͤnderung der Jnhalt aller Geſpraͤche wurde.
Jn der That gieng die Abſicht Dions bey Beruffung
ſeines Freundes auf nichts geringers. Beyde waren
gleich erklaͤrte Feinde der Tyrannie und der Democra-
tie; von denen ſie (mit welchem Grunde, wollen wir
hier nicht entſcheiden) davorhielten, daß ſie unter ver-
ſchiedenen Geſtalten, und durch verſchiedene Wege, am
Ende in einem Puncte, nehmlich in Mangel der Ord-
nung und Sicherheit, Unterdrukung und Sclaverey zu-
ſammenlieffen. Beyde waren fuͤr diejenige Art der Ari-
ſtocratie, worinn das Volk zwar vor aller Unterdruͤkung
hinlaͤnglich ſicher geſtellt, folglich die Gewalt der Edeln,
oder wie man bey den Griechen ſagte, der Beſten, durch
unzerbrechliche Ketten gefeſſelt iſt; hingegen die eigent-
liche Staats-Verwaltung nur bey einer kleinen Anzahl
liegt, welche eine genaue Rechenſchaft abzulegen ver-
bunden ſind. Es war alſo wuͤrklich ihr Vorhaben, die
Tyraunie, oder was man zu unſern Zeiten eine unein-
geſchraͤnkte Monarchie nennt, aus dem ganzen Sicilien
zu verbannen, und die Verfaſſung dieſer Jnſel in die
vorbemeldte Form zu gieſſen. Dem Dionys zu gefal-
len, oder vielmehr, weil nach Platons Meynung die voll-
kommenſte Staats-Form eine Zuſammenſezung aus der
Monarchie, Ariſtocratie und Democratie ſeyn mußte,

wollten
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[120/0122] Agathon. Wir haben ſchon bemerkt, daß die Syracuſaner, ver- moͤge einer Eigenſchaft, welche aller Orten das Volk characteriſiert, der Hofnung durch Vermittlung des Pla- ton ihre alte Freyheit wieder zu erlangen, mit einer ſo voreiligen Freude ſich uͤberlieſſen, daß die bevorſtehende Staats-Veraͤnderung der Jnhalt aller Geſpraͤche wurde. Jn der That gieng die Abſicht Dions bey Beruffung ſeines Freundes auf nichts geringers. Beyde waren gleich erklaͤrte Feinde der Tyrannie und der Democra- tie; von denen ſie (mit welchem Grunde, wollen wir hier nicht entſcheiden) davorhielten, daß ſie unter ver- ſchiedenen Geſtalten, und durch verſchiedene Wege, am Ende in einem Puncte, nehmlich in Mangel der Ord- nung und Sicherheit, Unterdrukung und Sclaverey zu- ſammenlieffen. Beyde waren fuͤr diejenige Art der Ari- ſtocratie, worinn das Volk zwar vor aller Unterdruͤkung hinlaͤnglich ſicher geſtellt, folglich die Gewalt der Edeln, oder wie man bey den Griechen ſagte, der Beſten, durch unzerbrechliche Ketten gefeſſelt iſt; hingegen die eigent- liche Staats-Verwaltung nur bey einer kleinen Anzahl liegt, welche eine genaue Rechenſchaft abzulegen ver- bunden ſind. Es war alſo wuͤrklich ihr Vorhaben, die Tyraunie, oder was man zu unſern Zeiten eine unein- geſchraͤnkte Monarchie nennt, aus dem ganzen Sicilien zu verbannen, und die Verfaſſung dieſer Jnſel in die vorbemeldte Form zu gieſſen. Dem Dionys zu gefal- len, oder vielmehr, weil nach Platons Meynung die voll- kommenſte Staats-Form eine Zuſammenſezung aus der Monarchie, Ariſtocratie und Democratie ſeyn mußte, wollten

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon02_1767/122>, abgerufen am 22.11.2024.