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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766.

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Sechstes Buch, zweytes Capitel.
schwendet worden war, schien ihr Vergnügen zu machen;
und der doppelt belustigte Hippias gestand, daß sein
junger Freund einen sehr guten Gebrauch von seiner
Einbildungskraft zu machen gelernt habe. Dachte ich
nicht, Callias, sagte er leise zu ihm, indem er ihn
auf die Schultern klopfte, daß ein Monat unter den
Augen der schönen Danae dich von den Vortheilen hei-
len würde, womit du gegen Grundsäze eingenommen
warest, die du bereits so meisterhaft auszuüben gelernt
hast.

Der übrige Theil des Abends wurde auf eine eben
so angenehme Weise zugebracht, biß endlich Hippias,
welcher den folgenden Morgen wieder in Smirna seyn
mußte, in einem Zustande, worinn er mehr dem Va-
ter Silen als einem Weisen gliech, von den kleinen
Faunen zu Bette gebracht wurde.

Agathon hatte nun nichts dringenders als von Da-
nae zu erfahren, was der Gegenstand ihrer einzelnen
Unterredung mit dem Hippias gewesen sey. Man
wird es dieser Dame zu gut halten können, daß sie
die Aufrichtigkeit ihres Berichts nicht so weit trieb,
ihm das Complot einzugestehen, worein sie sich von
dem Sophisten anfangs hatte ziehen lassen; und dessen
Ausgang so weit von der Anlage des ersten Plans
entfernt gewesen war. Die zärtlichste und vertrauteste
Liebe verhindert nicht, daß man sich nicht kleine Ge-
heimnisse vorbehalten sollte, bey deren Entdekung die

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Sechstes Buch, zweytes Capitel.
ſchwendet worden war, ſchien ihr Vergnuͤgen zu machen;
und der doppelt beluſtigte Hippias geſtand, daß ſein
junger Freund einen ſehr guten Gebrauch von ſeiner
Einbildungskraft zu machen gelernt habe. Dachte ich
nicht, Callias, ſagte er leiſe zu ihm, indem er ihn
auf die Schultern klopfte, daß ein Monat unter den
Augen der ſchoͤnen Danae dich von den Vortheilen hei-
len wuͤrde, womit du gegen Grundſaͤze eingenommen
wareſt, die du bereits ſo meiſterhaft auszuuͤben gelernt
haſt.

Der uͤbrige Theil des Abends wurde auf eine eben
ſo angenehme Weiſe zugebracht, biß endlich Hippias,
welcher den folgenden Morgen wieder in Smirna ſeyn
mußte, in einem Zuſtande, worinn er mehr dem Va-
ter Silen als einem Weiſen gliech, von den kleinen
Faunen zu Bette gebracht wurde.

Agathon hatte nun nichts dringenders als von Da-
nae zu erfahren, was der Gegenſtand ihrer einzelnen
Unterredung mit dem Hippias geweſen ſey. Man
wird es dieſer Dame zu gut halten koͤnnen, daß ſie
die Aufrichtigkeit ihres Berichts nicht ſo weit trieb,
ihm das Complot einzugeſtehen, worein ſie ſich von
dem Sophiſten anfangs hatte ziehen laſſen; und deſſen
Ausgang ſo weit von der Anlage des erſten Plans
entfernt geweſen war. Die zaͤrtlichſte und vertrauteſte
Liebe verhindert nicht, daß man ſich nicht kleine Ge-
heimniſſe vorbehalten ſollte, bey deren Entdekung die

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[233/0255] Sechstes Buch, zweytes Capitel. ſchwendet worden war, ſchien ihr Vergnuͤgen zu machen; und der doppelt beluſtigte Hippias geſtand, daß ſein junger Freund einen ſehr guten Gebrauch von ſeiner Einbildungskraft zu machen gelernt habe. Dachte ich nicht, Callias, ſagte er leiſe zu ihm, indem er ihn auf die Schultern klopfte, daß ein Monat unter den Augen der ſchoͤnen Danae dich von den Vortheilen hei- len wuͤrde, womit du gegen Grundſaͤze eingenommen wareſt, die du bereits ſo meiſterhaft auszuuͤben gelernt haſt. Der uͤbrige Theil des Abends wurde auf eine eben ſo angenehme Weiſe zugebracht, biß endlich Hippias, welcher den folgenden Morgen wieder in Smirna ſeyn mußte, in einem Zuſtande, worinn er mehr dem Va- ter Silen als einem Weiſen gliech, von den kleinen Faunen zu Bette gebracht wurde. Agathon hatte nun nichts dringenders als von Da- nae zu erfahren, was der Gegenſtand ihrer einzelnen Unterredung mit dem Hippias geweſen ſey. Man wird es dieſer Dame zu gut halten koͤnnen, daß ſie die Aufrichtigkeit ihres Berichts nicht ſo weit trieb, ihm das Complot einzugeſtehen, worein ſie ſich von dem Sophiſten anfangs hatte ziehen laſſen; und deſſen Ausgang ſo weit von der Anlage des erſten Plans entfernt geweſen war. Die zaͤrtlichſte und vertrauteſte Liebe verhindert nicht, daß man ſich nicht kleine Ge- heimniſſe vorbehalten ſollte, bey deren Entdekung die Eigen- P 5

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766/255>, abgerufen am 23.11.2024.