Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Wenn die Alten nicht auch tanzen, ist's kein Vergnügen, und ich spiele nicht mehr; ich möchte lachen, wenn es bei ihnen nicht mehr geht! Die Graubärte nahmen dies auf Point d'honneur; flugs waren sie hinter den Wirthstöchtern her und stellten sich an die Spitze der Paare zum Vortanz, daß Otto, der dem Bauern absichtlich den Rücken kehrte, mit diesem allein am Tische saß. Jetzt mach, daß du kommst; Jetzt mach, daß du gehst; Und koch mir den Sellerich Sellerich Sell-rich-rich, Sell-rich-rich, geigte der Spielmann; man tanzt auf dem Schwarzwald keinen Walzer so gern, als diesen, und Alles drehte sich kunterbunt durcheinander. Als sie einander stießen und traten und in einem Knäuel tanzten, daß Keiner mehr wußte, wo die Thüre war, öffnete der Bauer das Fenster, sprang behend hinaus und war schon im Walde über der Brücke, als die Jäger noch an den Tischen rückten, um im Erker das Gewehr zu holen, oder sich unter der Thüre in ihrem Eifer selbst drängten und hinderten. Der alte Rühs kam eben die Stufen vor der Hausthüre herauf. Was giebt's, wo brennt's? rief er in bester Laune; laßt den Hungerleider laufen; ihr kriegt ihn doch nicht, und ist der Mühe nicht werth. Mit diesen Wenn die Alten nicht auch tanzen, ist's kein Vergnügen, und ich spiele nicht mehr; ich möchte lachen, wenn es bei ihnen nicht mehr geht! Die Graubärte nahmen dies auf Point d'honneur; flugs waren sie hinter den Wirthstöchtern her und stellten sich an die Spitze der Paare zum Vortanz, daß Otto, der dem Bauern absichtlich den Rücken kehrte, mit diesem allein am Tische saß. Jetzt mach, daß du kommst; Jetzt mach, daß du gehst; Und koch mir den Sellerich Sellerich Sell-rich-rich, Sell-rich-rich, geigte der Spielmann; man tanzt auf dem Schwarzwald keinen Walzer so gern, als diesen, und Alles drehte sich kunterbunt durcheinander. Als sie einander stießen und traten und in einem Knäuel tanzten, daß Keiner mehr wußte, wo die Thüre war, öffnete der Bauer das Fenster, sprang behend hinaus und war schon im Walde über der Brücke, als die Jäger noch an den Tischen rückten, um im Erker das Gewehr zu holen, oder sich unter der Thüre in ihrem Eifer selbst drängten und hinderten. Der alte Rühs kam eben die Stufen vor der Hausthüre herauf. Was giebt's, wo brennt's? rief er in bester Laune; laßt den Hungerleider laufen; ihr kriegt ihn doch nicht, und ist der Mühe nicht werth. Mit diesen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0059"/> Wenn die Alten nicht auch tanzen, ist's kein Vergnügen, und ich spiele nicht mehr; ich möchte lachen, wenn es bei ihnen nicht mehr geht!</p><lb/> <p>Die Graubärte nahmen dies auf Point d'honneur; flugs waren sie hinter den Wirthstöchtern her und stellten sich an die Spitze der Paare zum Vortanz, daß Otto, der dem Bauern absichtlich den Rücken kehrte, mit diesem allein am Tische saß.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Jetzt mach, daß du kommst;</l> <l>Jetzt mach, daß du gehst;</l> <l>Und koch mir den Sellerich</l> <l>Sellerich</l> </lg> <p>Sell-rich-rich, Sell-rich-rich, geigte der Spielmann; man tanzt auf dem Schwarzwald keinen Walzer so gern, als diesen, und Alles drehte sich kunterbunt durcheinander.</p><lb/> <p>Als sie einander stießen und traten und in einem Knäuel tanzten, daß Keiner mehr wußte, wo die Thüre war, öffnete der Bauer das Fenster, sprang behend hinaus und war schon im Walde über der Brücke, als die Jäger noch an den Tischen rückten, um im Erker das Gewehr zu holen, oder sich unter der Thüre in ihrem Eifer selbst drängten und hinderten.</p><lb/> <p>Der alte Rühs kam eben die Stufen vor der Hausthüre herauf. Was giebt's, wo brennt's? rief er in bester Laune; laßt den Hungerleider laufen; ihr kriegt ihn doch nicht, und ist der Mühe nicht werth. Mit diesen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0059]
Wenn die Alten nicht auch tanzen, ist's kein Vergnügen, und ich spiele nicht mehr; ich möchte lachen, wenn es bei ihnen nicht mehr geht!
Die Graubärte nahmen dies auf Point d'honneur; flugs waren sie hinter den Wirthstöchtern her und stellten sich an die Spitze der Paare zum Vortanz, daß Otto, der dem Bauern absichtlich den Rücken kehrte, mit diesem allein am Tische saß.
Jetzt mach, daß du kommst; Jetzt mach, daß du gehst; Und koch mir den Sellerich Sellerich
Sell-rich-rich, Sell-rich-rich, geigte der Spielmann; man tanzt auf dem Schwarzwald keinen Walzer so gern, als diesen, und Alles drehte sich kunterbunt durcheinander.
Als sie einander stießen und traten und in einem Knäuel tanzten, daß Keiner mehr wußte, wo die Thüre war, öffnete der Bauer das Fenster, sprang behend hinaus und war schon im Walde über der Brücke, als die Jäger noch an den Tischen rückten, um im Erker das Gewehr zu holen, oder sich unter der Thüre in ihrem Eifer selbst drängten und hinderten.
Der alte Rühs kam eben die Stufen vor der Hausthüre herauf. Was giebt's, wo brennt's? rief er in bester Laune; laßt den Hungerleider laufen; ihr kriegt ihn doch nicht, und ist der Mühe nicht werth. Mit diesen
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Zitationshilfe: | Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/widmann_muehle_1910/59>, abgerufen am 25.07.2024. |