Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.In derselben Nacht brach in Wanagischken Feuer aus. Des Ansas Wanags Haus und Stall und Klete brannten nieder bis auf den Grund. Da war nun am Morgen eine schwarze Brandstelle, wo am Abend noch ein wohnliches Gehöft gestanden hatte. Die Verwüstung markirte sich um so schauerlicher, als rundum Schnee lag. Halbverfallene Lehmwände mit leeren Thüröffnungen und Steinfundamente zeigten hier und dort den Grundriß der Baulichkeiten an; darüber und darunter lagerten verkohlte Balken und Fenstergerüste in wirrem Durcheinander. Aus dem Gärtchen ragten ein paar Baumstrunke auf, ebenfalls geschwärzt von Rauch und vom Feuer angefressen. Ein trauriger Anblick! Herr Geelhaar hatte so seine klugen Gedanken, aber er hütete sich wohl, sie laut werden zu lassen. Warum sich den rachsüchtigen Menschen noch mehr verfeinden, dem schließlich doch nichts zu erweisen sein würde. Uebrigens hatte er eher Vortheil als Nachtheil von dem Feuer, wenn er seine Vermuthung unterdrückte, daß es bei dem Brande nicht mit rechten Dingen zugegangen sei. Zum Frühjahr hätte er das Haus ja doch herunterreißen lassen müssen, und nun stand noch eine ganz namhafte Brandentschädigung in Aussicht. Er war der Mann nicht, so etwas von der Hand zu weisen. In derselben Nacht brach in Wanagischken Feuer aus. Des Ansas Wanags Haus und Stall und Klete brannten nieder bis auf den Grund. Da war nun am Morgen eine schwarze Brandstelle, wo am Abend noch ein wohnliches Gehöft gestanden hatte. Die Verwüstung markirte sich um so schauerlicher, als rundum Schnee lag. Halbverfallene Lehmwände mit leeren Thüröffnungen und Steinfundamente zeigten hier und dort den Grundriß der Baulichkeiten an; darüber und darunter lagerten verkohlte Balken und Fenstergerüste in wirrem Durcheinander. Aus dem Gärtchen ragten ein paar Baumstrunke auf, ebenfalls geschwärzt von Rauch und vom Feuer angefressen. Ein trauriger Anblick! Herr Geelhaar hatte so seine klugen Gedanken, aber er hütete sich wohl, sie laut werden zu lassen. Warum sich den rachsüchtigen Menschen noch mehr verfeinden, dem schließlich doch nichts zu erweisen sein würde. Uebrigens hatte er eher Vortheil als Nachtheil von dem Feuer, wenn er seine Vermuthung unterdrückte, daß es bei dem Brande nicht mit rechten Dingen zugegangen sei. Zum Frühjahr hätte er das Haus ja doch herunterreißen lassen müssen, und nun stand noch eine ganz namhafte Brandentschädigung in Aussicht. Er war der Mann nicht, so etwas von der Hand zu weisen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0092"/> <p>In derselben Nacht brach in Wanagischken Feuer aus. Des Ansas Wanags Haus und Stall und Klete brannten nieder bis auf den Grund.</p><lb/> </div> <div n="2"> <p>Da war nun am Morgen eine schwarze Brandstelle, wo am Abend noch ein wohnliches Gehöft gestanden hatte. Die Verwüstung markirte sich um so schauerlicher, als rundum Schnee lag. Halbverfallene Lehmwände mit leeren Thüröffnungen und Steinfundamente zeigten hier und dort den Grundriß der Baulichkeiten an; darüber und darunter lagerten verkohlte Balken und Fenstergerüste in wirrem Durcheinander. Aus dem Gärtchen ragten ein paar Baumstrunke auf, ebenfalls geschwärzt von Rauch und vom Feuer angefressen. Ein trauriger Anblick!</p><lb/> <p>Herr Geelhaar hatte so seine klugen Gedanken, aber er hütete sich wohl, sie laut werden zu lassen. Warum sich den rachsüchtigen Menschen noch mehr verfeinden, dem schließlich doch nichts zu erweisen sein würde. Uebrigens hatte er eher Vortheil als Nachtheil von dem Feuer, wenn er seine Vermuthung unterdrückte, daß es bei dem Brande nicht mit rechten Dingen zugegangen sei. Zum Frühjahr hätte er das Haus ja doch herunterreißen lassen müssen, und nun stand noch eine ganz namhafte Brandentschädigung in Aussicht. Er war der Mann nicht, so etwas von der Hand zu weisen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0092]
In derselben Nacht brach in Wanagischken Feuer aus. Des Ansas Wanags Haus und Stall und Klete brannten nieder bis auf den Grund.
Da war nun am Morgen eine schwarze Brandstelle, wo am Abend noch ein wohnliches Gehöft gestanden hatte. Die Verwüstung markirte sich um so schauerlicher, als rundum Schnee lag. Halbverfallene Lehmwände mit leeren Thüröffnungen und Steinfundamente zeigten hier und dort den Grundriß der Baulichkeiten an; darüber und darunter lagerten verkohlte Balken und Fenstergerüste in wirrem Durcheinander. Aus dem Gärtchen ragten ein paar Baumstrunke auf, ebenfalls geschwärzt von Rauch und vom Feuer angefressen. Ein trauriger Anblick!
Herr Geelhaar hatte so seine klugen Gedanken, aber er hütete sich wohl, sie laut werden zu lassen. Warum sich den rachsüchtigen Menschen noch mehr verfeinden, dem schließlich doch nichts zu erweisen sein würde. Uebrigens hatte er eher Vortheil als Nachtheil von dem Feuer, wenn er seine Vermuthung unterdrückte, daß es bei dem Brande nicht mit rechten Dingen zugegangen sei. Zum Frühjahr hätte er das Haus ja doch herunterreißen lassen müssen, und nun stand noch eine ganz namhafte Brandentschädigung in Aussicht. Er war der Mann nicht, so etwas von der Hand zu weisen.
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Zitationshilfe: | Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/92>, abgerufen am 17.07.2024. |