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Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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er, und wenn du meine Frau bist, gehört dir's mit. Mit einer Frau wirthschaftet sich's besser. Komm, laß uns das besprechen. Er führte sie nach der Mauer hin, wo unter dichtem Fliedergebüsch ein niedriger Bretterstapel lag, der als Bank dienen konnte. Der Hund streckte sich zu ihren Füßen auf die Erde hin. Außer ihm war kein lebendes Wesen weit und breit zu bemerken, aber auf dem Sandberge jenseits des Flusses drehte die Mühle langsam ihre Flügel im kühlen Nachtwinde und seitwärts links über dem breiten Kirchdach stieg der Vollmond auf.

Seitdem waren Ansas und Grita ein Paar. Sie gingen nun Hand in Hand über die Landstraße nach der Kirche und trafen sich jeden Abend unter den Birken am Fluß. Meist war von der Hochzeit unter ihnen die Rede, und sie meinten, sie bald nach Martini feiern zu können, wenn die Ernte gut eingebracht worden. Die alte Hexe wird wohl wieder das Meiste und Beste für sich fordern, sagte er, aber ich will ihr schon das Leben schwer machen: und wenn sie so zäh ist wie eine giftige Kröte, sie soll sich in Kurzem zu Tode ärgern. Dazu mußt du mithelfen, denn so lange Die bei uns haus't, haben wir doch nur das Hungerbrod.

Es ging nicht, wie er hoffte. Als er seinen Prozeß noch im besten Gange glaubte, war er schon verloren, und nun kamen wieder die langen Rechnungen der Gerichtskasse und der beiden Rechtsanwälte, und

er, und wenn du meine Frau bist, gehört dir's mit. Mit einer Frau wirthschaftet sich's besser. Komm, laß uns das besprechen. Er führte sie nach der Mauer hin, wo unter dichtem Fliedergebüsch ein niedriger Bretterstapel lag, der als Bank dienen konnte. Der Hund streckte sich zu ihren Füßen auf die Erde hin. Außer ihm war kein lebendes Wesen weit und breit zu bemerken, aber auf dem Sandberge jenseits des Flusses drehte die Mühle langsam ihre Flügel im kühlen Nachtwinde und seitwärts links über dem breiten Kirchdach stieg der Vollmond auf.

Seitdem waren Ansas und Grita ein Paar. Sie gingen nun Hand in Hand über die Landstraße nach der Kirche und trafen sich jeden Abend unter den Birken am Fluß. Meist war von der Hochzeit unter ihnen die Rede, und sie meinten, sie bald nach Martini feiern zu können, wenn die Ernte gut eingebracht worden. Die alte Hexe wird wohl wieder das Meiste und Beste für sich fordern, sagte er, aber ich will ihr schon das Leben schwer machen: und wenn sie so zäh ist wie eine giftige Kröte, sie soll sich in Kurzem zu Tode ärgern. Dazu mußt du mithelfen, denn so lange Die bei uns haus't, haben wir doch nur das Hungerbrod.

Es ging nicht, wie er hoffte. Als er seinen Prozeß noch im besten Gange glaubte, war er schon verloren, und nun kamen wieder die langen Rechnungen der Gerichtskasse und der beiden Rechtsanwälte, und

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:07:21Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:07:21Z)

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Zitationshilfe: Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/47>, abgerufen am 22.11.2024.