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Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Scherz trieben, und andere lehnten sich über das Geländer der Brücke, schauten hinab und neckten sie. Für Ansas Wanags schickte es sich nicht, darunter zu sein, aber er suchte doch heimlich eine Stelle am hohen Ufer aus, wo das Gebüsch ein Versteck bot, und beobachtete Grita von dort. Er hatte schon nur noch Gedanken für sie, und es kam ihm ganz in Vergessenheit, daß der reiche Wirth Krupat eine Erbtochter habe, um die er eigentlich schon gefreit hatte.

Wenn Zwei einander gut sind, bleibt's nicht lange unbemerkt; gewöhnlich wissen die Leute es früher als die Betheiligten selbst. So war denn auch bald Gerede über Ansas und Grita, und die Einen meinten, das Paar passe gut zusammen, und die Andern, es sei für Beide eine schlechte Partie, da sie nicht bemittelt genug seien, um von Geld und Gut absehen zu können. Die Urte Karalene fand es gar nicht nach ihrem Geschmack, eine Frau ins Haus zu bekommen, die nicht mit vollen Händen einbrachte. Seit dem letzten Streit holte sie täglich ihren Bedarf an Wasser aus dem Brunnen Petrick's und hatte dabei öfters Gelegenheit, mit Grita zusammenzutreffen, die sich allemal gern in ein Gespräch einließ. Dabei war sie immer die Zärtlichkeit selbst und zerfloß in Thränen, wenn sie ihre Leidensgeschichte erzählte. Wer sie hörte, mußte glauben, daß sie die friedfertigste Person von der Welt sei und kein Wasser trüben könne. Natürlich erschien um so schwärzer ihr Widersacher Ansas Wa-

Scherz trieben, und andere lehnten sich über das Geländer der Brücke, schauten hinab und neckten sie. Für Ansas Wanags schickte es sich nicht, darunter zu sein, aber er suchte doch heimlich eine Stelle am hohen Ufer aus, wo das Gebüsch ein Versteck bot, und beobachtete Grita von dort. Er hatte schon nur noch Gedanken für sie, und es kam ihm ganz in Vergessenheit, daß der reiche Wirth Krupat eine Erbtochter habe, um die er eigentlich schon gefreit hatte.

Wenn Zwei einander gut sind, bleibt's nicht lange unbemerkt; gewöhnlich wissen die Leute es früher als die Betheiligten selbst. So war denn auch bald Gerede über Ansas und Grita, und die Einen meinten, das Paar passe gut zusammen, und die Andern, es sei für Beide eine schlechte Partie, da sie nicht bemittelt genug seien, um von Geld und Gut absehen zu können. Die Urte Karalene fand es gar nicht nach ihrem Geschmack, eine Frau ins Haus zu bekommen, die nicht mit vollen Händen einbrachte. Seit dem letzten Streit holte sie täglich ihren Bedarf an Wasser aus dem Brunnen Petrick's und hatte dabei öfters Gelegenheit, mit Grita zusammenzutreffen, die sich allemal gern in ein Gespräch einließ. Dabei war sie immer die Zärtlichkeit selbst und zerfloß in Thränen, wenn sie ihre Leidensgeschichte erzählte. Wer sie hörte, mußte glauben, daß sie die friedfertigste Person von der Welt sei und kein Wasser trüben könne. Natürlich erschien um so schwärzer ihr Widersacher Ansas Wa-

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[0042] Scherz trieben, und andere lehnten sich über das Geländer der Brücke, schauten hinab und neckten sie. Für Ansas Wanags schickte es sich nicht, darunter zu sein, aber er suchte doch heimlich eine Stelle am hohen Ufer aus, wo das Gebüsch ein Versteck bot, und beobachtete Grita von dort. Er hatte schon nur noch Gedanken für sie, und es kam ihm ganz in Vergessenheit, daß der reiche Wirth Krupat eine Erbtochter habe, um die er eigentlich schon gefreit hatte. Wenn Zwei einander gut sind, bleibt's nicht lange unbemerkt; gewöhnlich wissen die Leute es früher als die Betheiligten selbst. So war denn auch bald Gerede über Ansas und Grita, und die Einen meinten, das Paar passe gut zusammen, und die Andern, es sei für Beide eine schlechte Partie, da sie nicht bemittelt genug seien, um von Geld und Gut absehen zu können. Die Urte Karalene fand es gar nicht nach ihrem Geschmack, eine Frau ins Haus zu bekommen, die nicht mit vollen Händen einbrachte. Seit dem letzten Streit holte sie täglich ihren Bedarf an Wasser aus dem Brunnen Petrick's und hatte dabei öfters Gelegenheit, mit Grita zusammenzutreffen, die sich allemal gern in ein Gespräch einließ. Dabei war sie immer die Zärtlichkeit selbst und zerfloß in Thränen, wenn sie ihre Leidensgeschichte erzählte. Wer sie hörte, mußte glauben, daß sie die friedfertigste Person von der Welt sei und kein Wasser trüben könne. Natürlich erschien um so schwärzer ihr Widersacher Ansas Wa-

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Zitationshilfe: Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/42>, abgerufen am 24.11.2024.