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Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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führte; sobald er seine Burg verließ, war sie für ihn verloren. Auf eine solche Belagerung hatte er sich nicht eingerichtet, aber mit der ihm eigenen Zähigkeit beschloß er, lieber die äußerste Noth abzuwarten, als sich zu ergeben. Grita hatte keinen eigenen Willen; würde er verlangt haben, daß sie mit ihm sterbe, sie hätte sich ohne Widerspruch gefügt.

Die vorhandenen Lebensmittel reichten nur für einen Tag, aber noch zwei weitere Tage hungerten sie, immer in der Hoffnung, daß ihre Verfolger die Geduld verlieren würden. Endlich brach Grita, schon geschwächt durch den langen Aufenthalt in der feuchten Erdhöhle, kraftlos zusammen. Ansas trug sie hinauf in die frische Luft und lehnte sie gegen die verfallene Mauer, die von der Frühlingssonne durchwärmt war. Sie erholte sich von ihrer Ohnmacht, aber das Sprechen wurde ihr schwer, und sie sagte nur wiederholt mit matter Stimme: Es ist gut, Ansas -- sorge nur für dich.-- Das goldene Kreuz hielt sie immer in der Hand und drückte von Zeit zu Zeit einen Kuß darauf. Dem armen treuen Menschen ging ihr Leiden tief zu Herzen, aber noch eine Weile kämpfte der Trotz gegen das Mitgefühl an. Dann ergab er sich in sein Geschick mit Thränen in den Augen. Wir müssen von hier scheiden, Grita, sagte er finster, geschehe denn bald, was doch einmal geschehen muß. Wir sind von Gott und den Menschen verlassen. -- Von Gott verlassen -- wiederholte sie kaum hörbar.

führte; sobald er seine Burg verließ, war sie für ihn verloren. Auf eine solche Belagerung hatte er sich nicht eingerichtet, aber mit der ihm eigenen Zähigkeit beschloß er, lieber die äußerste Noth abzuwarten, als sich zu ergeben. Grita hatte keinen eigenen Willen; würde er verlangt haben, daß sie mit ihm sterbe, sie hätte sich ohne Widerspruch gefügt.

Die vorhandenen Lebensmittel reichten nur für einen Tag, aber noch zwei weitere Tage hungerten sie, immer in der Hoffnung, daß ihre Verfolger die Geduld verlieren würden. Endlich brach Grita, schon geschwächt durch den langen Aufenthalt in der feuchten Erdhöhle, kraftlos zusammen. Ansas trug sie hinauf in die frische Luft und lehnte sie gegen die verfallene Mauer, die von der Frühlingssonne durchwärmt war. Sie erholte sich von ihrer Ohnmacht, aber das Sprechen wurde ihr schwer, und sie sagte nur wiederholt mit matter Stimme: Es ist gut, Ansas — sorge nur für dich.— Das goldene Kreuz hielt sie immer in der Hand und drückte von Zeit zu Zeit einen Kuß darauf. Dem armen treuen Menschen ging ihr Leiden tief zu Herzen, aber noch eine Weile kämpfte der Trotz gegen das Mitgefühl an. Dann ergab er sich in sein Geschick mit Thränen in den Augen. Wir müssen von hier scheiden, Grita, sagte er finster, geschehe denn bald, was doch einmal geschehen muß. Wir sind von Gott und den Menschen verlassen. — Von Gott verlassen — wiederholte sie kaum hörbar.

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[0102] führte; sobald er seine Burg verließ, war sie für ihn verloren. Auf eine solche Belagerung hatte er sich nicht eingerichtet, aber mit der ihm eigenen Zähigkeit beschloß er, lieber die äußerste Noth abzuwarten, als sich zu ergeben. Grita hatte keinen eigenen Willen; würde er verlangt haben, daß sie mit ihm sterbe, sie hätte sich ohne Widerspruch gefügt. Die vorhandenen Lebensmittel reichten nur für einen Tag, aber noch zwei weitere Tage hungerten sie, immer in der Hoffnung, daß ihre Verfolger die Geduld verlieren würden. Endlich brach Grita, schon geschwächt durch den langen Aufenthalt in der feuchten Erdhöhle, kraftlos zusammen. Ansas trug sie hinauf in die frische Luft und lehnte sie gegen die verfallene Mauer, die von der Frühlingssonne durchwärmt war. Sie erholte sich von ihrer Ohnmacht, aber das Sprechen wurde ihr schwer, und sie sagte nur wiederholt mit matter Stimme: Es ist gut, Ansas — sorge nur für dich.— Das goldene Kreuz hielt sie immer in der Hand und drückte von Zeit zu Zeit einen Kuß darauf. Dem armen treuen Menschen ging ihr Leiden tief zu Herzen, aber noch eine Weile kämpfte der Trotz gegen das Mitgefühl an. Dann ergab er sich in sein Geschick mit Thränen in den Augen. Wir müssen von hier scheiden, Grita, sagte er finster, geschehe denn bald, was doch einmal geschehen muß. Wir sind von Gott und den Menschen verlassen. — Von Gott verlassen — wiederholte sie kaum hörbar.

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Zitationshilfe: Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/102>, abgerufen am 24.11.2024.