Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.meinen dienstlichen Befehl und muß allenfalls mit der Plempe zugreifen, wenn du nicht gutwillig gehst. Fort mußt ja doch, davon ist kein Redens weiter. Besinne dich also schnell. -- Er näherte sich dem Verschlage, aber Wanags griff hinter sich und legte den blanken Lauf seiner Flinte über den schützenden Wall. Es wird noch viel Redens davon sein, sagte er mit aller Festigkeit. Will das der König, daß seine Littauer, die ihn lieb haben und gern für ihn bluten, aus dem Lande gejagt werden, das ihren Vätern gehörte von Uranbeginn? Um Haus und Hof bin ich gebracht, meine Felder liegen wüst, ich erleb's nicht mehr, daß wieder die schlanken Birken mein Dach beschatten -- wollt ihr mir nicht einmal diese Höhle in der Erde gönnen, die selbst Thieren zu schlecht wäre? Warum ertrage ich darin Kälte und Nässe, als weil ich mein Erbe hüte? Geht und laßt mich in Frieden. Die Drei beriethen nun mit einander, was zu thun sei. Sie haben den richterlichen Befehl zur Ausführung zu bringen, bedeutete der Gensdarm den Executor, und müssen deßhalb zuerst Hand anlegen. Wir Andern haben nur Auftrag, Ihnen Beistand zu leisten bei thätlicher Widersetzlichkeit. -- Ganz richtig, bestätigte der Amtsinvalide. -- Das wäre mir! meinte der Executor, seinen Schnauzbart zupfend, damit ich die Kugel in den Leib bekomme; denn der Kerl ist zu Allem fähig. Ich bedanke mich. Wir haben unsere Pflicht ausreichend gethan, ist meine Meinung. Wir meinen dienstlichen Befehl und muß allenfalls mit der Plempe zugreifen, wenn du nicht gutwillig gehst. Fort mußt ja doch, davon ist kein Redens weiter. Besinne dich also schnell. — Er näherte sich dem Verschlage, aber Wanags griff hinter sich und legte den blanken Lauf seiner Flinte über den schützenden Wall. Es wird noch viel Redens davon sein, sagte er mit aller Festigkeit. Will das der König, daß seine Littauer, die ihn lieb haben und gern für ihn bluten, aus dem Lande gejagt werden, das ihren Vätern gehörte von Uranbeginn? Um Haus und Hof bin ich gebracht, meine Felder liegen wüst, ich erleb's nicht mehr, daß wieder die schlanken Birken mein Dach beschatten — wollt ihr mir nicht einmal diese Höhle in der Erde gönnen, die selbst Thieren zu schlecht wäre? Warum ertrage ich darin Kälte und Nässe, als weil ich mein Erbe hüte? Geht und laßt mich in Frieden. Die Drei beriethen nun mit einander, was zu thun sei. Sie haben den richterlichen Befehl zur Ausführung zu bringen, bedeutete der Gensdarm den Executor, und müssen deßhalb zuerst Hand anlegen. Wir Andern haben nur Auftrag, Ihnen Beistand zu leisten bei thätlicher Widersetzlichkeit. — Ganz richtig, bestätigte der Amtsinvalide. — Das wäre mir! meinte der Executor, seinen Schnauzbart zupfend, damit ich die Kugel in den Leib bekomme; denn der Kerl ist zu Allem fähig. Ich bedanke mich. Wir haben unsere Pflicht ausreichend gethan, ist meine Meinung. Wir <TEI> <text> <body> <div n="3"> <p><pb facs="#f0100"/> meinen dienstlichen Befehl und muß allenfalls mit der Plempe zugreifen, wenn du nicht gutwillig gehst. Fort mußt ja doch, davon ist kein Redens weiter. Besinne dich also schnell. — Er näherte sich dem Verschlage, aber Wanags griff hinter sich und legte den blanken Lauf seiner Flinte über den schützenden Wall. Es wird noch viel Redens davon sein, sagte er mit aller Festigkeit. Will das der König, daß seine Littauer, die ihn lieb haben und gern für ihn bluten, aus dem Lande gejagt werden, das ihren Vätern gehörte von Uranbeginn? Um Haus und Hof bin ich gebracht, meine Felder liegen wüst, ich erleb's nicht mehr, daß wieder die schlanken Birken mein Dach beschatten — wollt ihr mir nicht einmal diese Höhle in der Erde gönnen, die selbst Thieren zu schlecht wäre? Warum ertrage ich darin Kälte und Nässe, als weil ich mein Erbe hüte? Geht und laßt mich in Frieden.</p><lb/> <p>Die Drei beriethen nun mit einander, was zu thun sei. Sie haben den richterlichen Befehl zur Ausführung zu bringen, bedeutete der Gensdarm den Executor, und müssen deßhalb zuerst Hand anlegen. Wir Andern haben nur Auftrag, Ihnen Beistand zu leisten bei thätlicher Widersetzlichkeit. — Ganz richtig, bestätigte der Amtsinvalide. — Das wäre mir! meinte der Executor, seinen Schnauzbart zupfend, damit ich die Kugel in den Leib bekomme; denn der Kerl ist zu Allem fähig. Ich bedanke mich. Wir haben unsere Pflicht ausreichend gethan, ist meine Meinung. Wir<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0100]
meinen dienstlichen Befehl und muß allenfalls mit der Plempe zugreifen, wenn du nicht gutwillig gehst. Fort mußt ja doch, davon ist kein Redens weiter. Besinne dich also schnell. — Er näherte sich dem Verschlage, aber Wanags griff hinter sich und legte den blanken Lauf seiner Flinte über den schützenden Wall. Es wird noch viel Redens davon sein, sagte er mit aller Festigkeit. Will das der König, daß seine Littauer, die ihn lieb haben und gern für ihn bluten, aus dem Lande gejagt werden, das ihren Vätern gehörte von Uranbeginn? Um Haus und Hof bin ich gebracht, meine Felder liegen wüst, ich erleb's nicht mehr, daß wieder die schlanken Birken mein Dach beschatten — wollt ihr mir nicht einmal diese Höhle in der Erde gönnen, die selbst Thieren zu schlecht wäre? Warum ertrage ich darin Kälte und Nässe, als weil ich mein Erbe hüte? Geht und laßt mich in Frieden.
Die Drei beriethen nun mit einander, was zu thun sei. Sie haben den richterlichen Befehl zur Ausführung zu bringen, bedeutete der Gensdarm den Executor, und müssen deßhalb zuerst Hand anlegen. Wir Andern haben nur Auftrag, Ihnen Beistand zu leisten bei thätlicher Widersetzlichkeit. — Ganz richtig, bestätigte der Amtsinvalide. — Das wäre mir! meinte der Executor, seinen Schnauzbart zupfend, damit ich die Kugel in den Leib bekomme; denn der Kerl ist zu Allem fähig. Ich bedanke mich. Wir haben unsere Pflicht ausreichend gethan, ist meine Meinung. Wir
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/100 |
Zitationshilfe: | Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/100>, abgerufen am 17.07.2024. |