Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Alles gut, Freund! Aber woher weißt
Du, daß dieß bey Akanten nicht eben der-
selbe Fall war? Woher weißt Du, daß
Eine Begebenheit in zween Fällen zwo ver-
schiedene Absichten hatte? -- Das kannst
Du nicht beweisen; Du kannst gar nicht be-
weisen, daß eine Absicht dabey war, Du
kannst --

Freund, unterbrach ihn Fromal, darf
ich auch meine Meynung sagen? -- Ich
erblicke in den Begebenheiten der Erde und
jedes einzelnen Menschen einen Zusammen-
hang, der sie so zusammenkettet, daß eine
wirkt, und die andre gewirkt wird, um wie-
der zu wirken. Dieß ist das einzige, was
ich mit Gewisheit sehe, und wenn ich
daran zweifeln wollte, so würde ein Stein,
der auf meinen Kopf fällt, mich lebhaft da-
von überzeugen: es ist eine Bemerkung, die
eine leichte Aufmerksamkeit macht, und sie
hat, deucht mich, die nämliche Evidenz, die
das Zeugniß unsrer Sinnen giebt. Dieser
bemerkte Zusammenhang soll einen Namen
bekommen: richte ich meinen Blick bloß auf
die Nothwendigkeit und Unwidersteh-
lichkeit dieses Zusammenhangs, daß ein

Glied
S 5

Alles gut, Freund! Aber woher weißt
Du, daß dieß bey Akanten nicht eben der-
ſelbe Fall war? Woher weißt Du, daß
Eine Begebenheit in zween Faͤllen zwo ver-
ſchiedene Abſichten hatte? — Das kannſt
Du nicht beweiſen; Du kannſt gar nicht be-
weiſen, daß eine Abſicht dabey war, Du
kannſt —

Freund, unterbrach ihn Fromal, darf
ich auch meine Meynung ſagen? — Ich
erblicke in den Begebenheiten der Erde und
jedes einzelnen Menſchen einen Zuſammen-
hang, der ſie ſo zuſammenkettet, daß eine
wirkt, und die andre gewirkt wird, um wie-
der zu wirken. Dieß iſt das einzige, was
ich mit Gewisheit ſehe, und wenn ich
daran zweifeln wollte, ſo wuͤrde ein Stein,
der auf meinen Kopf faͤllt, mich lebhaft da-
von uͤberzeugen: es iſt eine Bemerkung, die
eine leichte Aufmerkſamkeit macht, und ſie
hat, deucht mich, die naͤmliche Evidenz, die
das Zeugniß unſrer Sinnen giebt. Dieſer
bemerkte Zuſammenhang ſoll einen Namen
bekommen: richte ich meinen Blick bloß auf
die Nothwendigkeit und Unwiderſteh-
lichkeit dieſes Zuſammenhangs, daß ein

Glied
S 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0285" n="279"/>
        <p>Alles gut, Freund! Aber woher weißt<lb/>
Du, daß dieß bey Akanten nicht eben der-<lb/>
&#x017F;elbe Fall war? Woher weißt Du, daß<lb/>
Eine Begebenheit in zween Fa&#x0364;llen zwo ver-<lb/>
&#x017F;chiedene Ab&#x017F;ichten hatte? &#x2014; Das kann&#x017F;t<lb/>
Du nicht bewei&#x017F;en; Du kann&#x017F;t gar nicht be-<lb/>
wei&#x017F;en, daß eine Ab&#x017F;icht dabey war, Du<lb/>
kann&#x017F;t &#x2014;</p><lb/>
        <p>Freund, unterbrach ihn Fromal, darf<lb/>
ich auch meine Meynung &#x017F;agen? &#x2014; Ich<lb/>
erblicke in den Begebenheiten der Erde und<lb/>
jedes einzelnen Men&#x017F;chen einen Zu&#x017F;ammen-<lb/>
hang, der &#x017F;ie &#x017F;o zu&#x017F;ammenkettet, daß eine<lb/>
wirkt, und die andre gewirkt wird, um wie-<lb/>
der zu wirken. Dieß i&#x017F;t das einzige, was<lb/>
ich <hi rendition="#fr">mit Gewisheit</hi> &#x017F;ehe, und wenn ich<lb/>
daran zweifeln wollte, &#x017F;o wu&#x0364;rde ein Stein,<lb/>
der auf meinen Kopf fa&#x0364;llt, mich lebhaft da-<lb/>
von u&#x0364;berzeugen: es i&#x017F;t eine Bemerkung, die<lb/>
eine leichte Aufmerk&#x017F;amkeit macht, und &#x017F;ie<lb/>
hat, deucht mich, die na&#x0364;mliche Evidenz, die<lb/>
das Zeugniß un&#x017F;rer Sinnen giebt. Die&#x017F;er<lb/>
bemerkte Zu&#x017F;ammenhang &#x017F;oll einen Namen<lb/>
bekommen: richte ich meinen Blick bloß auf<lb/>
die <hi rendition="#fr">Nothwendigkeit</hi> und Unwider&#x017F;teh-<lb/>
lichkeit die&#x017F;es Zu&#x017F;ammenhangs, daß ein<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Glied</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0285] Alles gut, Freund! Aber woher weißt Du, daß dieß bey Akanten nicht eben der- ſelbe Fall war? Woher weißt Du, daß Eine Begebenheit in zween Faͤllen zwo ver- ſchiedene Abſichten hatte? — Das kannſt Du nicht beweiſen; Du kannſt gar nicht be- weiſen, daß eine Abſicht dabey war, Du kannſt — Freund, unterbrach ihn Fromal, darf ich auch meine Meynung ſagen? — Ich erblicke in den Begebenheiten der Erde und jedes einzelnen Menſchen einen Zuſammen- hang, der ſie ſo zuſammenkettet, daß eine wirkt, und die andre gewirkt wird, um wie- der zu wirken. Dieß iſt das einzige, was ich mit Gewisheit ſehe, und wenn ich daran zweifeln wollte, ſo wuͤrde ein Stein, der auf meinen Kopf faͤllt, mich lebhaft da- von uͤberzeugen: es iſt eine Bemerkung, die eine leichte Aufmerkſamkeit macht, und ſie hat, deucht mich, die naͤmliche Evidenz, die das Zeugniß unſrer Sinnen giebt. Dieſer bemerkte Zuſammenhang ſoll einen Namen bekommen: richte ich meinen Blick bloß auf die Nothwendigkeit und Unwiderſteh- lichkeit dieſes Zuſammenhangs, daß ein Glied S 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/285
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/285>, abgerufen am 19.05.2024.