fen hatte. Er sah ein, worauf es angefan- gen war, und um einem gewaltsamen Sturze zu entgehen, stieg er selbst von seiner Würde herunter und vergrub sich mit seinem Freun- de Belphegor in der Einsamkeit: da er aber die Schikane und Beunruhigung des neuen Befehlshabers fürchtete, so verließ er mit Belphegorn die Insel und kaufte sich eine mäßige Besitzung in Virginien, die er auf den Rath seines Freundes in drey gleiche Theile zerschnitt, um sie so mit seinen zween Freunden zu besitzen: denn man hatte sich schon Mühe gegeben, Akanten und den gu- ten Medardus gleichfalls zu der Gesellschaft zu ziehn. Die Nachfragen blieben lange fruchtlos; man schrieb und schrieb, und er- fuhr nichts, bis endlich, da sie bereits ver- zweifelten, sie wiederzufinden, Fromal die Nachricht erhielt, daß sie einer seiner Be- kannten auf seinem Schiffe zu ihnen führe. Die Nachricht wurde bald durch ihre An- kunft bestätigt, und die glücklichste Stunde vereinigte drey Freunde wieder, die Schick- sal und Leidenschaften oft von einander ge- trennt hatte, um hier in stiller Ruhe dem Tode langsam entgegenzuwandeln.
Akante
fen hatte. Er ſah ein, worauf es angefan- gen war, und um einem gewaltſamen Sturze zu entgehen, ſtieg er ſelbſt von ſeiner Wuͤrde herunter und vergrub ſich mit ſeinem Freun- de Belphegor in der Einſamkeit: da er aber die Schikane und Beunruhigung des neuen Befehlshabers fuͤrchtete, ſo verließ er mit Belphegorn die Inſel und kaufte ſich eine maͤßige Beſitzung in Virginien, die er auf den Rath ſeines Freundes in drey gleiche Theile zerſchnitt, um ſie ſo mit ſeinen zween Freunden zu beſitzen: denn man hatte ſich ſchon Muͤhe gegeben, Akanten und den gu- ten Medardus gleichfalls zu der Geſellſchaft zu ziehn. Die Nachfragen blieben lange fruchtlos; man ſchrieb und ſchrieb, und er- fuhr nichts, bis endlich, da ſie bereits ver- zweifelten, ſie wiederzufinden, Fromal die Nachricht erhielt, daß ſie einer ſeiner Be- kannten auf ſeinem Schiffe zu ihnen fuͤhre. Die Nachricht wurde bald durch ihre An- kunft beſtaͤtigt, und die gluͤcklichſte Stunde vereinigte drey Freunde wieder, die Schick- ſal und Leidenſchaften oft von einander ge- trennt hatte, um hier in ſtiller Ruhe dem Tode langſam entgegenzuwandeln.
Akante
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fen hatte. Er ſah ein, worauf es angefan-
gen war, und um einem gewaltſamen Sturze
zu entgehen, ſtieg er ſelbſt von ſeiner Wuͤrde
herunter und vergrub ſich mit ſeinem Freun-
de Belphegor in der Einſamkeit: da er aber
die Schikane und Beunruhigung des neuen
Befehlshabers fuͤrchtete, ſo verließ er mit
Belphegorn die Inſel und kaufte ſich eine
maͤßige Beſitzung in Virginien, die er auf
den Rath ſeines Freundes in drey gleiche
Theile zerſchnitt, um ſie ſo mit ſeinen zween
Freunden zu beſitzen: denn man hatte ſich
ſchon Muͤhe gegeben, Akanten und den gu-
ten Medardus gleichfalls zu der Geſellſchaft
zu ziehn. Die Nachfragen blieben lange
fruchtlos; man ſchrieb und ſchrieb, und er-
fuhr nichts, bis endlich, da ſie bereits ver-
zweifelten, ſie wiederzufinden, Fromal die
Nachricht erhielt, daß ſie einer ſeiner Be-
kannten auf ſeinem Schiffe zu ihnen fuͤhre.
Die Nachricht wurde bald durch ihre An-
kunft beſtaͤtigt, und die gluͤcklichſte Stunde
vereinigte drey Freunde wieder, die Schick-
ſal und Leidenſchaften oft von einander ge-
trennt hatte, um hier in ſtiller Ruhe dem
Tode langſam entgegenzuwandeln.
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/280>, abgerufen am 22.12.2024.
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