Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

zu gleicher Zeit verständlich zu machen suchte,
wie sehr er ihres Beystandes bedürfe. An-
statt einer gütigen freundschaftlichen Antwort
tönte ihm ein fürchterliches Kriegsgeschrey
entgegen, das bald hinter seinem Rücken
wiederholt wurde, worauf etliche sie über-
fielen, mit Seilen von Baste fesselten und
ihren Gefährten winkten, mit den Kanoten
herbeyzurudern und die Gefangnen einzuneh-
men, welches im Augenblicke geschah.

Obgleich die Art, mit welcher diese Wil-
den die beiden Europäer bewillkommten und
aufnahmen, nicht die erfreulichsten Aussich-
ten versprach, so war doch Belphegor äu-
ßerst zufrieden, das er auf ein langes festes
Land gebracht werden sollte, wo er wenig-
stens Einen Fleck mit hinlänglicher Nahrung
anzutreffen hofte: Akante hingegen, deren
Keuschheit eben keine sonderliche Mühe und
Vorsorge mehr verdiente, weil sie schon lei-
der! so sehr als ihr Gesicht zerfezt und ver-
stümmelt war, dachte an alles, während
der Ueberfahrt, nicht so sehr und angelegent-
lich als an die Gefahren, die unter so wil-
den Barbaren ihrer weiblichen Ehre drohen
konnten. So natürlich, so tief mit dem

weib-

zu gleicher Zeit verſtaͤndlich zu machen ſuchte,
wie ſehr er ihres Beyſtandes beduͤrfe. An-
ſtatt einer guͤtigen freundſchaftlichen Antwort
toͤnte ihm ein fuͤrchterliches Kriegsgeſchrey
entgegen, das bald hinter ſeinem Ruͤcken
wiederholt wurde, worauf etliche ſie uͤber-
fielen, mit Seilen von Baſte feſſelten und
ihren Gefaͤhrten winkten, mit den Kanoten
herbeyzurudern und die Gefangnen einzuneh-
men, welches im Augenblicke geſchah.

Obgleich die Art, mit welcher dieſe Wil-
den die beiden Europaͤer bewillkommten und
aufnahmen, nicht die erfreulichſten Ausſich-
ten verſprach, ſo war doch Belphegor aͤu-
ßerſt zufrieden, das er auf ein langes feſtes
Land gebracht werden ſollte, wo er wenig-
ſtens Einen Fleck mit hinlaͤnglicher Nahrung
anzutreffen hofte: Akante hingegen, deren
Keuſchheit eben keine ſonderliche Muͤhe und
Vorſorge mehr verdiente, weil ſie ſchon lei-
der! ſo ſehr als ihr Geſicht zerfezt und ver-
ſtuͤmmelt war, dachte an alles, waͤhrend
der Ueberfahrt, nicht ſo ſehr und angelegent-
lich als an die Gefahren, die unter ſo wil-
den Barbaren ihrer weiblichen Ehre drohen
konnten. So natuͤrlich, ſo tief mit dem

weib-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0212" n="206"/>
zu gleicher Zeit ver&#x017F;ta&#x0364;ndlich zu machen &#x017F;uchte,<lb/>
wie &#x017F;ehr er ihres Bey&#x017F;tandes bedu&#x0364;rfe. An-<lb/>
&#x017F;tatt einer gu&#x0364;tigen freund&#x017F;chaftlichen Antwort<lb/>
to&#x0364;nte ihm ein fu&#x0364;rchterliches Kriegsge&#x017F;chrey<lb/>
entgegen, das bald hinter &#x017F;einem Ru&#x0364;cken<lb/>
wiederholt wurde, worauf etliche &#x017F;ie u&#x0364;ber-<lb/>
fielen, mit Seilen von Ba&#x017F;te fe&#x017F;&#x017F;elten und<lb/>
ihren Gefa&#x0364;hrten winkten, mit den Kanoten<lb/>
herbeyzurudern und die Gefangnen einzuneh-<lb/>
men, welches im Augenblicke ge&#x017F;chah.</p><lb/>
        <p>Obgleich die Art, mit welcher die&#x017F;e Wil-<lb/>
den die beiden Europa&#x0364;er bewillkommten und<lb/>
aufnahmen, nicht die erfreulich&#x017F;ten Aus&#x017F;ich-<lb/>
ten ver&#x017F;prach, &#x017F;o war doch Belphegor a&#x0364;u-<lb/>
ßer&#x017F;t zufrieden, das er auf ein langes fe&#x017F;tes<lb/>
Land gebracht werden &#x017F;ollte, wo er wenig-<lb/>
&#x017F;tens Einen Fleck mit hinla&#x0364;nglicher Nahrung<lb/>
anzutreffen hofte: Akante hingegen, deren<lb/>
Keu&#x017F;chheit eben keine &#x017F;onderliche Mu&#x0364;he und<lb/>
Vor&#x017F;orge mehr verdiente, weil &#x017F;ie &#x017F;chon lei-<lb/>
der! &#x017F;o &#x017F;ehr als ihr Ge&#x017F;icht zerfezt und ver-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;mmelt war, dachte an alles, wa&#x0364;hrend<lb/>
der Ueberfahrt, nicht &#x017F;o &#x017F;ehr und angelegent-<lb/>
lich als an die Gefahren, die unter &#x017F;o wil-<lb/>
den Barbaren ihrer weiblichen Ehre drohen<lb/>
konnten. So natu&#x0364;rlich, &#x017F;o tief mit dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">weib-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0212] zu gleicher Zeit verſtaͤndlich zu machen ſuchte, wie ſehr er ihres Beyſtandes beduͤrfe. An- ſtatt einer guͤtigen freundſchaftlichen Antwort toͤnte ihm ein fuͤrchterliches Kriegsgeſchrey entgegen, das bald hinter ſeinem Ruͤcken wiederholt wurde, worauf etliche ſie uͤber- fielen, mit Seilen von Baſte feſſelten und ihren Gefaͤhrten winkten, mit den Kanoten herbeyzurudern und die Gefangnen einzuneh- men, welches im Augenblicke geſchah. Obgleich die Art, mit welcher dieſe Wil- den die beiden Europaͤer bewillkommten und aufnahmen, nicht die erfreulichſten Ausſich- ten verſprach, ſo war doch Belphegor aͤu- ßerſt zufrieden, das er auf ein langes feſtes Land gebracht werden ſollte, wo er wenig- ſtens Einen Fleck mit hinlaͤnglicher Nahrung anzutreffen hofte: Akante hingegen, deren Keuſchheit eben keine ſonderliche Muͤhe und Vorſorge mehr verdiente, weil ſie ſchon lei- der! ſo ſehr als ihr Geſicht zerfezt und ver- ſtuͤmmelt war, dachte an alles, waͤhrend der Ueberfahrt, nicht ſo ſehr und angelegent- lich als an die Gefahren, die unter ſo wil- den Barbaren ihrer weiblichen Ehre drohen konnten. So natuͤrlich, ſo tief mit dem weib-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/212
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/212>, abgerufen am 04.05.2024.