Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Eines Tages kam er auf eine Heide, wo
etliche Freybeuter einen Mann so unbarmher-
zig behandelten, als wenn sie willens wären,
ihn in Stücken zu zerlegen und auf gut hu-
ronisch zu essen. Belphegor glühte, so bald
er den Auftritt erblickte, gieng hinzu und
erkundigte sich nach der Ursache einer solchen
Barbarey. Man würdigte ihn keiner Ant-
wort, doch erfuhr er bey Gelegenheit, daß
man ihn strafe, weil der Hund nichts heraus-
geben wolle. Aber welches Recht habt Jhr
denn, etwas von ihm zu fodern? -- Sie
schlugen an ihre Degen, und einer dar-
unter gab ihm oben drein einen wohlgemein-
ten Hieb, der ihm das rechte Schulterblatt
in zwey gleiche Stücken zerspaltete. Aber,
ihr Barbaren, welches Recht habt ihr -- --
ein zweiter Hieb über den Mund hemmte sei-
ne Frage mitten im Laufe.

Alles grausam wie Akante! -- dachte er,
und stopfte sich mit dem Reste seiner Kleidung
seine Wunden zu. Er bekam eine Stelle in
einem Krankenhause und wurde sehr bald ge-
heilt. Ein Elender, der neben ihm lag und
schon ein ganzes Jahr lang sein Bette nicht
verlassen hatte, war während der Kur sein

B 5

Eines Tages kam er auf eine Heide, wo
etliche Freybeuter einen Mann ſo unbarmher-
zig behandelten, als wenn ſie willens waͤren,
ihn in Stuͤcken zu zerlegen und auf gut hu-
roniſch zu eſſen. Belphegor gluͤhte, ſo bald
er den Auftritt erblickte, gieng hinzu und
erkundigte ſich nach der Urſache einer ſolchen
Barbarey. Man wuͤrdigte ihn keiner Ant-
wort, doch erfuhr er bey Gelegenheit, daß
man ihn ſtrafe, weil der Hund nichts heraus-
geben wolle. Aber welches Recht habt Jhr
denn, etwas von ihm zu fodern? — Sie
ſchlugen an ihre Degen, und einer dar-
unter gab ihm oben drein einen wohlgemein-
ten Hieb, der ihm das rechte Schulterblatt
in zwey gleiche Stuͤcken zerſpaltete. Aber,
ihr Barbaren, welches Recht habt ihr — —
ein zweiter Hieb uͤber den Mund hemmte ſei-
ne Frage mitten im Laufe.

Alles grauſam wie Akante! — dachte er,
und ſtopfte ſich mit dem Reſte ſeiner Kleidung
ſeine Wunden zu. Er bekam eine Stelle in
einem Krankenhauſe und wurde ſehr bald ge-
heilt. Ein Elender, der neben ihm lag und
ſchon ein ganzes Jahr lang ſein Bette nicht
verlaſſen hatte, war waͤhrend der Kur ſein

B 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0045" n="25"/>
        <p>Eines Tages kam er auf eine Heide, wo<lb/>
etliche Freybeuter einen Mann &#x017F;o unbarmher-<lb/>
zig behandelten, als wenn &#x017F;ie willens wa&#x0364;ren,<lb/>
ihn in Stu&#x0364;cken zu zerlegen und auf gut hu-<lb/>
roni&#x017F;ch zu e&#x017F;&#x017F;en. Belphegor glu&#x0364;hte, &#x017F;o bald<lb/>
er den Auftritt erblickte, gieng hinzu und<lb/>
erkundigte &#x017F;ich nach der Ur&#x017F;ache einer &#x017F;olchen<lb/>
Barbarey. Man wu&#x0364;rdigte ihn keiner Ant-<lb/>
wort, doch erfuhr er bey Gelegenheit, daß<lb/>
man ihn &#x017F;trafe, weil der Hund nichts heraus-<lb/>
geben wolle. Aber welches Recht habt Jhr<lb/>
denn, etwas von ihm zu fodern? &#x2014; Sie<lb/>
&#x017F;chlugen an ihre Degen, und einer dar-<lb/>
unter gab ihm oben drein einen wohlgemein-<lb/>
ten Hieb, der ihm das rechte Schulterblatt<lb/>
in zwey gleiche Stu&#x0364;cken zer&#x017F;paltete. Aber,<lb/>
ihr Barbaren, welches Recht habt ihr &#x2014; &#x2014;<lb/>
ein zweiter Hieb u&#x0364;ber den Mund hemmte &#x017F;ei-<lb/>
ne Frage mitten im Laufe.</p><lb/>
        <p>Alles grau&#x017F;am wie Akante! &#x2014; dachte er,<lb/>
und &#x017F;topfte &#x017F;ich mit dem Re&#x017F;te &#x017F;einer Kleidung<lb/>
&#x017F;eine Wunden zu. Er bekam eine Stelle in<lb/>
einem Krankenhau&#x017F;e und wurde &#x017F;ehr bald ge-<lb/>
heilt. Ein Elender, der neben ihm lag und<lb/>
&#x017F;chon ein ganzes Jahr lang &#x017F;ein Bette nicht<lb/>
verla&#x017F;&#x017F;en hatte, war wa&#x0364;hrend der Kur &#x017F;ein<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 5</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0045] Eines Tages kam er auf eine Heide, wo etliche Freybeuter einen Mann ſo unbarmher- zig behandelten, als wenn ſie willens waͤren, ihn in Stuͤcken zu zerlegen und auf gut hu- roniſch zu eſſen. Belphegor gluͤhte, ſo bald er den Auftritt erblickte, gieng hinzu und erkundigte ſich nach der Urſache einer ſolchen Barbarey. Man wuͤrdigte ihn keiner Ant- wort, doch erfuhr er bey Gelegenheit, daß man ihn ſtrafe, weil der Hund nichts heraus- geben wolle. Aber welches Recht habt Jhr denn, etwas von ihm zu fodern? — Sie ſchlugen an ihre Degen, und einer dar- unter gab ihm oben drein einen wohlgemein- ten Hieb, der ihm das rechte Schulterblatt in zwey gleiche Stuͤcken zerſpaltete. Aber, ihr Barbaren, welches Recht habt ihr — — ein zweiter Hieb uͤber den Mund hemmte ſei- ne Frage mitten im Laufe. Alles grauſam wie Akante! — dachte er, und ſtopfte ſich mit dem Reſte ſeiner Kleidung ſeine Wunden zu. Er bekam eine Stelle in einem Krankenhauſe und wurde ſehr bald ge- heilt. Ein Elender, der neben ihm lag und ſchon ein ganzes Jahr lang ſein Bette nicht verlaſſen hatte, war waͤhrend der Kur ſein B 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/45
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/45>, abgerufen am 24.11.2024.