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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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listig und grob, daß die andern von seiner
Rotte ihn für ihren Herrn erkannten, oder
erkennen mußten. Geschwind überfiel meh-
rere der nämliche Hochmuth; sie thaten es
ihm nach. Nun gieng ein neuer Zank an;
einer wollte herrschen, der andre auch, der
dritte desgleichen, und noch mehrere: sie
schlugen sich abermals herum, und die Leut-
chen, die zum Gehorchen gemacht waren, ga-
ben ihre Köpfe dazu her. Bisweilen theilten
sich zwey in die Gewalt, und bey der näch-
sten Gelegenheit verdrängte einer den andern;
oder einer riß gleich die ganze Macht an sich;
ein Theil wollte, der andre mußte ge-
horchen.

Da diese Gelegenheit zum Zanke so ziem-
lich abgenuzt war, und alle Rotten ihre Herr-
scher hatten, so wandelte diese ein noch arti-
gerer Hochmuth an; einer wollte des andern
Herr seyn. Sie machten ihren Rotten et-
was weis, daß sie mit ihnen giengen und die
andern Nebenmenschen so lange und herzhaft
plagten, was diese nicht zu erwiedern ver-
gaßen, bis einer oder der andre den Hals zum
Joche darbot und den andern seinen Herrn
nannte. Die Rotten hatten meistens nicht

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liſtig und grob, daß die andern von ſeiner
Rotte ihn fuͤr ihren Herrn erkannten, oder
erkennen mußten. Geſchwind uͤberfiel meh-
rere der naͤmliche Hochmuth; ſie thaten es
ihm nach. Nun gieng ein neuer Zank an;
einer wollte herrſchen, der andre auch, der
dritte desgleichen, und noch mehrere: ſie
ſchlugen ſich abermals herum, und die Leut-
chen, die zum Gehorchen gemacht waren, ga-
ben ihre Koͤpfe dazu her. Bisweilen theilten
ſich zwey in die Gewalt, und bey der naͤch-
ſten Gelegenheit verdraͤngte einer den andern;
oder einer riß gleich die ganze Macht an ſich;
ein Theil wollte, der andre mußte ge-
horchen.

Da dieſe Gelegenheit zum Zanke ſo ziem-
lich abgenuzt war, und alle Rotten ihre Herr-
ſcher hatten, ſo wandelte dieſe ein noch arti-
gerer Hochmuth an; einer wollte des andern
Herr ſeyn. Sie machten ihren Rotten et-
was weis, daß ſie mit ihnen giengen und die
andern Nebenmenſchen ſo lange und herzhaft
plagten, was dieſe nicht zu erwiedern ver-
gaßen, bis einer oder der andre den Hals zum
Joche darbot und den andern ſeinen Herrn
nannte. Die Rotten hatten meiſtens nicht

N 2
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[195/0215] liſtig und grob, daß die andern von ſeiner Rotte ihn fuͤr ihren Herrn erkannten, oder erkennen mußten. Geſchwind uͤberfiel meh- rere der naͤmliche Hochmuth; ſie thaten es ihm nach. Nun gieng ein neuer Zank an; einer wollte herrſchen, der andre auch, der dritte desgleichen, und noch mehrere: ſie ſchlugen ſich abermals herum, und die Leut- chen, die zum Gehorchen gemacht waren, ga- ben ihre Koͤpfe dazu her. Bisweilen theilten ſich zwey in die Gewalt, und bey der naͤch- ſten Gelegenheit verdraͤngte einer den andern; oder einer riß gleich die ganze Macht an ſich; ein Theil wollte, der andre mußte ge- horchen. Da dieſe Gelegenheit zum Zanke ſo ziem- lich abgenuzt war, und alle Rotten ihre Herr- ſcher hatten, ſo wandelte dieſe ein noch arti- gerer Hochmuth an; einer wollte des andern Herr ſeyn. Sie machten ihren Rotten et- was weis, daß ſie mit ihnen giengen und die andern Nebenmenſchen ſo lange und herzhaft plagten, was dieſe nicht zu erwiedern ver- gaßen, bis einer oder der andre den Hals zum Joche darbot und den andern ſeinen Herrn nannte. Die Rotten hatten meiſtens nicht N 2

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/215>, abgerufen am 03.05.2024.