Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Wiederholung desselben erhalten; und man
hat mich versichert, daß er selbst einen Hau-
fen Broschüren unter fremden Namen schrieb,
worinne sein eigner werther Name, nebst Ci-
taten aus seinen Schriften, auf allen Seiten
zu finden war; auch bestach er die Setzer,
daß sie in andrer Werken, wo seiner gedacht
wurde, seinen Namen jederzeit mit großen
hervorleuchtenden Lettern drucken mußten.
Nach einem sechzigjährigen Leben voll immer-
währender Scharmützel und Kämpfe hatte er
endlich das Glück errungen, daß er sich eini-
ge dreißig Jahre für den Diktator perpetuus
in der Republik der schönen Wissenschaften
gehalten hatte, und nun, da seine komischen
Waffen stumpf, sein Arm zur Lanze des Wi-
zes zu matt war, da er nicht mehr morden
und würgen konnte, jeder Esel, jeder Hase
dem alten kraftlosen Löwen einen derben Stoß
gab, bis endlich nicht einmal auf diese Weise
mehr sein Andenken erneuert wurde, und den
großen Universalmonarchen der Tod im Stil-
len vor den Kopf schlug. --

Der Narr! unterbrach ihn Medardus; so
bin ich doch wahrhaftig bey meinem Kruge

Wiederholung deſſelben erhalten; und man
hat mich verſichert, daß er ſelbſt einen Hau-
fen Broſchuͤren unter fremden Namen ſchrieb,
worinne ſein eigner werther Name, nebſt Ci-
taten aus ſeinen Schriften, auf allen Seiten
zu finden war; auch beſtach er die Setzer,
daß ſie in andrer Werken, wo ſeiner gedacht
wurde, ſeinen Namen jederzeit mit großen
hervorleuchtenden Lettern drucken mußten.
Nach einem ſechzigjaͤhrigen Leben voll immer-
waͤhrender Scharmuͤtzel und Kaͤmpfe hatte er
endlich das Gluͤck errungen, daß er ſich eini-
ge dreißig Jahre fuͤr den Diktator perpetuus
in der Republik der ſchoͤnen Wiſſenſchaften
gehalten hatte, und nun, da ſeine komiſchen
Waffen ſtumpf, ſein Arm zur Lanze des Wi-
zes zu matt war, da er nicht mehr morden
und wuͤrgen konnte, jeder Eſel, jeder Haſe
dem alten kraftloſen Loͤwen einen derben Stoß
gab, bis endlich nicht einmal auf dieſe Weiſe
mehr ſein Andenken erneuert wurde, und den
großen Univerſalmonarchen der Tod im Stil-
len vor den Kopf ſchlug. —

Der Narr! unterbrach ihn Medardus; ſo
bin ich doch wahrhaftig bey meinem Kruge

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0186" n="166"/>
Wiederholung de&#x017F;&#x017F;elben erhalten; und man<lb/>
hat mich ver&#x017F;ichert, daß er &#x017F;elb&#x017F;t einen Hau-<lb/>
fen Bro&#x017F;chu&#x0364;ren unter fremden Namen &#x017F;chrieb,<lb/>
worinne &#x017F;ein eigner werther Name, neb&#x017F;t Ci-<lb/>
taten aus &#x017F;einen Schriften, auf allen Seiten<lb/>
zu finden war; auch be&#x017F;tach er die Setzer,<lb/>
daß &#x017F;ie in andrer Werken, wo &#x017F;einer gedacht<lb/>
wurde, &#x017F;einen Namen jederzeit mit großen<lb/>
hervorleuchtenden Lettern drucken mußten.<lb/>
Nach einem &#x017F;echzigja&#x0364;hrigen Leben voll immer-<lb/>
wa&#x0364;hrender Scharmu&#x0364;tzel und Ka&#x0364;mpfe hatte er<lb/>
endlich das Glu&#x0364;ck errungen, daß er &#x017F;ich eini-<lb/>
ge dreißig Jahre fu&#x0364;r den Diktator perpetuus<lb/>
in der Republik der &#x017F;cho&#x0364;nen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften<lb/>
gehalten hatte, und nun, da &#x017F;eine komi&#x017F;chen<lb/>
Waffen &#x017F;tumpf, &#x017F;ein Arm zur Lanze des Wi-<lb/>
zes zu matt war, da er nicht mehr morden<lb/>
und wu&#x0364;rgen konnte, jeder E&#x017F;el, jeder Ha&#x017F;e<lb/>
dem alten kraftlo&#x017F;en Lo&#x0364;wen einen derben Stoß<lb/>
gab, bis endlich nicht einmal auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e<lb/>
mehr &#x017F;ein Andenken erneuert wurde, und den<lb/>
großen Univer&#x017F;almonarchen der Tod im Stil-<lb/>
len vor den Kopf &#x017F;chlug. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Der Narr! unterbrach ihn Medardus; &#x017F;o<lb/>
bin ich doch wahrhaftig bey meinem Kruge<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0186] Wiederholung deſſelben erhalten; und man hat mich verſichert, daß er ſelbſt einen Hau- fen Broſchuͤren unter fremden Namen ſchrieb, worinne ſein eigner werther Name, nebſt Ci- taten aus ſeinen Schriften, auf allen Seiten zu finden war; auch beſtach er die Setzer, daß ſie in andrer Werken, wo ſeiner gedacht wurde, ſeinen Namen jederzeit mit großen hervorleuchtenden Lettern drucken mußten. Nach einem ſechzigjaͤhrigen Leben voll immer- waͤhrender Scharmuͤtzel und Kaͤmpfe hatte er endlich das Gluͤck errungen, daß er ſich eini- ge dreißig Jahre fuͤr den Diktator perpetuus in der Republik der ſchoͤnen Wiſſenſchaften gehalten hatte, und nun, da ſeine komiſchen Waffen ſtumpf, ſein Arm zur Lanze des Wi- zes zu matt war, da er nicht mehr morden und wuͤrgen konnte, jeder Eſel, jeder Haſe dem alten kraftloſen Loͤwen einen derben Stoß gab, bis endlich nicht einmal auf dieſe Weiſe mehr ſein Andenken erneuert wurde, und den großen Univerſalmonarchen der Tod im Stil- len vor den Kopf ſchlug. — Der Narr! unterbrach ihn Medardus; ſo bin ich doch wahrhaftig bey meinem Kruge

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/186
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/186>, abgerufen am 26.11.2024.