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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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bis auf die Hände eine nicht gemeine Schön-
heit war, beneidete meine kleinen runden nied-
lichen Engelhändchen, wie du sie sonst nann-
test, Belphegor, wenn du sie voll Entzücken
an deine Lippen drücktest. --

Belphegor seufzte. --

Als ich eines Tages in einem Bosket sitze
und die emporgerichteten Arme mit aufwärts
gekehrten Fingerspitzen an zween danebenste-
hende Bäume gelegt habe, um durch diese
Stellung, die ich meinen Armen jeden Tag
eine Stunde gab, das Blut zu nöthigen aus
den Händen und Armen sich zurückzuziehn
und ihr blendendes Weiß dadurch noch blen-
dender zu machen, so haut mir jemand plöz-
lich von hinten zu die ganze schöne marmor-
ne Rechte ab, wirft sein Beil hin und stürzt
sich in das Gebüsche zurück. Jch ergoß mich
in einen Strom von Thränen über den
Schmerz, doch am meisten über den Verlust
einer meiner vorzüglichsten Schönheiten.
Jch habe nie einen unter meinen Freunden
finden können, der mich mit einer neuen Hand
hätte beschenken wollen, und ob ich gleich
verschiedene Künstler selbst darum ersuchte,

bis auf die Haͤnde eine nicht gemeine Schoͤn-
heit war, beneidete meine kleinen runden nied-
lichen Engelhaͤndchen, wie du ſie ſonſt nann-
teſt, Belphegor, wenn du ſie voll Entzuͤcken
an deine Lippen druͤckteſt. —

Belphegor ſeufzte. —

Als ich eines Tages in einem Boſket ſitze
und die emporgerichteten Arme mit aufwaͤrts
gekehrten Fingerſpitzen an zween danebenſte-
hende Baͤume gelegt habe, um durch dieſe
Stellung, die ich meinen Armen jeden Tag
eine Stunde gab, das Blut zu noͤthigen aus
den Haͤnden und Armen ſich zuruͤckzuziehn
und ihr blendendes Weiß dadurch noch blen-
dender zu machen, ſo haut mir jemand ploͤz-
lich von hinten zu die ganze ſchoͤne marmor-
ne Rechte ab, wirft ſein Beil hin und ſtuͤrzt
ſich in das Gebuͤſche zuruͤck. Jch ergoß mich
in einen Strom von Thraͤnen uͤber den
Schmerz, doch am meiſten uͤber den Verluſt
einer meiner vorzuͤglichſten Schoͤnheiten.
Jch habe nie einen unter meinen Freunden
finden koͤnnen, der mich mit einer neuen Hand
haͤtte beſchenken wollen, und ob ich gleich
verſchiedene Kuͤnſtler ſelbſt darum erſuchte,

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[109/0129] bis auf die Haͤnde eine nicht gemeine Schoͤn- heit war, beneidete meine kleinen runden nied- lichen Engelhaͤndchen, wie du ſie ſonſt nann- teſt, Belphegor, wenn du ſie voll Entzuͤcken an deine Lippen druͤckteſt. — Belphegor ſeufzte. — Als ich eines Tages in einem Boſket ſitze und die emporgerichteten Arme mit aufwaͤrts gekehrten Fingerſpitzen an zween danebenſte- hende Baͤume gelegt habe, um durch dieſe Stellung, die ich meinen Armen jeden Tag eine Stunde gab, das Blut zu noͤthigen aus den Haͤnden und Armen ſich zuruͤckzuziehn und ihr blendendes Weiß dadurch noch blen- dender zu machen, ſo haut mir jemand ploͤz- lich von hinten zu die ganze ſchoͤne marmor- ne Rechte ab, wirft ſein Beil hin und ſtuͤrzt ſich in das Gebuͤſche zuruͤck. Jch ergoß mich in einen Strom von Thraͤnen uͤber den Schmerz, doch am meiſten uͤber den Verluſt einer meiner vorzuͤglichſten Schoͤnheiten. Jch habe nie einen unter meinen Freunden finden koͤnnen, der mich mit einer neuen Hand haͤtte beſchenken wollen, und ob ich gleich verſchiedene Kuͤnſtler ſelbſt darum erſuchte,

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/129>, abgerufen am 27.11.2024.