bewahrt werden. Denn Christus sagte ja zum ersten Papste Petrus: "Du bist Petrus (d. i. Fels), und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht über- wältigen." Könnte der Papst irren im Glauben, dann hätte die Hölle ihren Zweck erreicht. Wenn Christus wollte, daß seine Lehre nicht durch die Kurzsichtigkeit und Willkür der Menschen verun- staltet werde und am Ende ganz verloren gehe, so mußte er einen solchen unfehlbaren Lehrer auf- stellen.
8. Aber von den Gebildeteren kümmert sich heute niemand mehr um Religion. Das ist nicht wahr. Es gab zu allen Zeiten und giebt heute noch hochgelehrte Männer in Menge, die zugleich gläubige und fromme Christen sind. Frei- lich ist die Zahl jener Gelehrten noch größer, die, vom Stolze verblendet, den Glauben abgeworfen. Gott zwingt eben niemanden zum Glauben.
9. Aber das ist doch zu viel verlangt, wenn man alle Sonntage in die Kirche gehen, fasten und sogar seine geheimen Sünden beichten soll.
Der Mensch ist hienieden nur Wanderer, sein Ziel ist der Himmel. Ists nun zu viel, wenn er ein Stündchen der ganzen Woche dem Heile seiner unsterblichen Seele widmet? Der brävste Mensch sündiget. Ist's nun zu viel, wenn er einmal in der Woche für seine Sünden ein wenig büßen soll?
bewahrt werden. Denn Christus sagte ja zum ersten Papste Petrus: „Du bist Petrus (d. i. Fels), und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht über- wältigen.“ Könnte der Papst irren im Glauben, dann hätte die Hölle ihren Zweck erreicht. Wenn Christus wollte, daß seine Lehre nicht durch die Kurzsichtigkeit und Willkür der Menschen verun- staltet werde und am Ende ganz verloren gehe, so mußte er einen solchen unfehlbaren Lehrer auf- stellen.
8. Aber von den Gebildeteren kümmert sich heute niemand mehr um Religion. Das ist nicht wahr. Es gab zu allen Zeiten und giebt heute noch hochgelehrte Männer in Menge, die zugleich gläubige und fromme Christen sind. Frei- lich ist die Zahl jener Gelehrten noch größer, die, vom Stolze verblendet, den Glauben abgeworfen. Gott zwingt eben niemanden zum Glauben.
9. Aber das ist doch zu viel verlangt, wenn man alle Sonntage in die Kirche gehen, fasten und sogar seine geheimen Sünden beichten soll.
Der Mensch ist hienieden nur Wanderer, sein Ziel ist der Himmel. Ists nun zu viel, wenn er ein Stündchen der ganzen Woche dem Heile seiner unsterblichen Seele widmet? Der brävste Mensch sündiget. Ist's nun zu viel, wenn er einmal in der Woche für seine Sünden ein wenig büßen soll?
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bewahrt werden. Denn Christus sagte ja zum
ersten Papste Petrus: „Du bist Petrus (d. i. Fels),
und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen,
und die Pforten der Hölle werden sie nicht über-
wältigen.“ Könnte der Papst irren im Glauben,
dann hätte die Hölle ihren Zweck erreicht. Wenn
Christus wollte, daß seine Lehre nicht durch die
Kurzsichtigkeit und Willkür der Menschen verun-
staltet werde und am Ende ganz verloren gehe, so
mußte er einen solchen unfehlbaren Lehrer auf-
stellen.
8. Aber von den Gebildeteren kümmert
sich heute niemand mehr um Religion. Das
ist nicht wahr. Es gab zu allen Zeiten und giebt
heute noch hochgelehrte Männer in Menge, die
zugleich gläubige und fromme Christen sind. Frei-
lich ist die Zahl jener Gelehrten noch größer, die,
vom Stolze verblendet, den Glauben abgeworfen.
Gott zwingt eben niemanden zum Glauben.
9. Aber das ist doch zu viel verlangt,
wenn man alle Sonntage in die Kirche
gehen, fasten und sogar seine geheimen
Sünden beichten soll.
Der Mensch ist hienieden nur Wanderer, sein
Ziel ist der Himmel. Ists nun zu viel, wenn er
ein Stündchen der ganzen Woche dem Heile seiner
unsterblichen Seele widmet? Der brävste Mensch
sündiget. Ist's nun zu viel, wenn er einmal in
der Woche für seine Sünden ein wenig büßen soll?
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Wetzel, Franz Xaver: Reisebegleiter für Jünglinge. Ravensburg, [1901], S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wetzel_reisebegleiter_1901/99>, abgerufen am 16.02.2025.
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