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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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beschlossen deshalb auf dem eingeschlagenen Wege weiterzugehen.
Zunächst wurde bei unserer Ankunft auf der Rhede jede
Communication der Schiffe unter sich, wie auch mit dem Lande
durch Androhung der strengsten Maßregeln untersagt, um ge-
meinschaftliches Handeln unmöglich zu machen resp. zu erschweren.
Ein Cordon von Wachtbooten umgab die Prisen und diesen
wurde verboten, ohne meine specielle Erlaubniß irgend ein Boot
zu Wasser zu lassen, während gleichzeitig die Commandanten
den Befehl erhielten, die Geschütze zu entladen und die Feuer
in den Maschinen zu löschen. Beim Zuwiderhandeln gegen
diese Befehle sollten die Schiffe sofort von uns beschossen werden.
Der Commandant der "Victoria", bis zur Insurrection Kapi-
tän eines Handelsschiffes, hatte auch zum Stabe der "Vigilante"
gehört und war jetzt zum zweiten Male unser Gefangener. Ich
rieth ihm speciell an, keinerlei Anlaß zur Unzufriedenheit durch
Ungehorsam zu geben, da er sonst sich dem Schicksal aussetzte,
möglicher Weise bald an der Raa zu hängen. Diese Aussicht
schien die beabsichtigte Wirkung nicht zu verfehlen und es fiel
nichts vor, was ein ernstes Einschreiten unsererseits nöthig ge-
macht hätte.

Kurz nach dem Ankern bat eine Deputation der spanischen
Schiffsbesatzungen durch ihre an Bord des "Friedrich Karl"
befohlenen Commandanten um Erlaubniß, mit dem General
Contreras sprechen zu dürfen. Unter der Bedingung, Zeuge
der Unterredung zu sein, gestattete ich es, und etwa sechszehn
Vertreter der verschiedenen Chargen kamen an Bord. Sie hatten
offenbar geglaubt, Contreras sei in Fesseln und Banden ge-
schlagen und müsse Hunger leiden, denn es war wahrhaft
rührend zu sehen, wie einer der Matrosen ihm ein Stück Brod
und Wurst brachte. Die Deputation überzeugte sich jedoch bald,
daß es ihrem Vorgesetzten nicht so schlecht ging, wie sie gefürch-
tet. Ich hatte ihm das ganze geräumige Verwaltungsbureau

Werner
beſchloſſen deshalb auf dem eingeſchlagenen Wege weiterzugehen.
Zunächſt wurde bei unſerer Ankunft auf der Rhede jede
Communication der Schiffe unter ſich, wie auch mit dem Lande
durch Androhung der ſtrengſten Maßregeln unterſagt, um ge-
meinſchaftliches Handeln unmöglich zu machen reſp. zu erſchweren.
Ein Cordon von Wachtbooten umgab die Priſen und dieſen
wurde verboten, ohne meine ſpecielle Erlaubniß irgend ein Boot
zu Waſſer zu laſſen, während gleichzeitig die Commandanten
den Befehl erhielten, die Geſchütze zu entladen und die Feuer
in den Maſchinen zu löſchen. Beim Zuwiderhandeln gegen
dieſe Befehle ſollten die Schiffe ſofort von uns beſchoſſen werden.
Der Commandant der „Victoria“, bis zur Inſurrection Kapi-
tän eines Handelsſchiffes, hatte auch zum Stabe der „Vigilante“
gehört und war jetzt zum zweiten Male unſer Gefangener. Ich
rieth ihm ſpeciell an, keinerlei Anlaß zur Unzufriedenheit durch
Ungehorſam zu geben, da er ſonſt ſich dem Schickſal ausſetzte,
möglicher Weiſe bald an der Raa zu hängen. Dieſe Ausſicht
ſchien die beabſichtigte Wirkung nicht zu verfehlen und es fiel
nichts vor, was ein ernſtes Einſchreiten unſererſeits nöthig ge-
macht hätte.

Kurz nach dem Ankern bat eine Deputation der ſpaniſchen
Schiffsbeſatzungen durch ihre an Bord des „Friedrich Karl“
befohlenen Commandanten um Erlaubniß, mit dem General
Contreras ſprechen zu dürfen. Unter der Bedingung, Zeuge
der Unterredung zu ſein, geſtattete ich es, und etwa ſechszehn
Vertreter der verſchiedenen Chargen kamen an Bord. Sie hatten
offenbar geglaubt, Contreras ſei in Feſſeln und Banden ge-
ſchlagen und müſſe Hunger leiden, denn es war wahrhaft
rührend zu ſehen, wie einer der Matroſen ihm ein Stück Brod
und Wurſt brachte. Die Deputation überzeugte ſich jedoch bald,
daß es ihrem Vorgeſetzten nicht ſo ſchlecht ging, wie ſie gefürch-
tet. Ich hatte ihm das ganze geräumige Verwaltungsbureau

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[406/0418] Werner beſchloſſen deshalb auf dem eingeſchlagenen Wege weiterzugehen. Zunächſt wurde bei unſerer Ankunft auf der Rhede jede Communication der Schiffe unter ſich, wie auch mit dem Lande durch Androhung der ſtrengſten Maßregeln unterſagt, um ge- meinſchaftliches Handeln unmöglich zu machen reſp. zu erſchweren. Ein Cordon von Wachtbooten umgab die Priſen und dieſen wurde verboten, ohne meine ſpecielle Erlaubniß irgend ein Boot zu Waſſer zu laſſen, während gleichzeitig die Commandanten den Befehl erhielten, die Geſchütze zu entladen und die Feuer in den Maſchinen zu löſchen. Beim Zuwiderhandeln gegen dieſe Befehle ſollten die Schiffe ſofort von uns beſchoſſen werden. Der Commandant der „Victoria“, bis zur Inſurrection Kapi- tän eines Handelsſchiffes, hatte auch zum Stabe der „Vigilante“ gehört und war jetzt zum zweiten Male unſer Gefangener. Ich rieth ihm ſpeciell an, keinerlei Anlaß zur Unzufriedenheit durch Ungehorſam zu geben, da er ſonſt ſich dem Schickſal ausſetzte, möglicher Weiſe bald an der Raa zu hängen. Dieſe Ausſicht ſchien die beabſichtigte Wirkung nicht zu verfehlen und es fiel nichts vor, was ein ernſtes Einſchreiten unſererſeits nöthig ge- macht hätte. Kurz nach dem Ankern bat eine Deputation der ſpaniſchen Schiffsbeſatzungen durch ihre an Bord des „Friedrich Karl“ befohlenen Commandanten um Erlaubniß, mit dem General Contreras ſprechen zu dürfen. Unter der Bedingung, Zeuge der Unterredung zu ſein, geſtattete ich es, und etwa ſechszehn Vertreter der verſchiedenen Chargen kamen an Bord. Sie hatten offenbar geglaubt, Contreras ſei in Feſſeln und Banden ge- ſchlagen und müſſe Hunger leiden, denn es war wahrhaft rührend zu ſehen, wie einer der Matroſen ihm ein Stück Brod und Wurſt brachte. Die Deputation überzeugte ſich jedoch bald, daß es ihrem Vorgeſetzten nicht ſo ſchlecht ging, wie ſie gefürch- tet. Ich hatte ihm das ganze geräumige Verwaltungsbureau

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/418>, abgerufen am 24.11.2024.