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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Nach Westindien und dem Mittelmeer
stellen wollen, befinden sich in einem Irrthum. Die Civilisation
der Neger wächst nicht von innen heraus, sondern sitzt nur wie
ein Firniß auf ihnen. Wird der letztere nicht wiederholt neu
aufgetragen, so bekommt er klaffende Risse, aus denen die ur-
sprüngliche Barbarei hervorquillt.

Der Schwarze ahmt nach; er sucht in der Form das
Wesen und wird in den meisten Fällen dabei zur Carricatur,
aber geistig etwas Selbständiges zu schaffen, das ist ihm im
allgemeinen versagt. Die Richtigkeit dieser Behauptung lehrt
ein Blick auf die Geschichte. Haben jemals Schwarze in die-
selbe activ eingegriffen und irgend etwas gethan, was dem Vor-
wärtsschreiten der Welt und der Civilisation zu Gute gekommen
wäre? Es muß ihnen also doch wohl die Fähigkeit dazu ab-
gehen und sie bilden im Schöpfungsplane nur Uebergangsfor-
men, wie alle farbigen Racen, welche die Culturstufe der Weißen
nicht zu erreichen vermögen und deshalb ihnen Platz machen
müssen, wo diese erscheinen.

Hayti ist die schönste und fruchtbarste der großen An-
tillen. Die sie durchziehenden Bergketten sind bis zu den höch-
sten Gipfeln culturfähig; alle Erzeugnisse der Tropen gedeihen
in üppigster Weise; der Mineralreichthum ist sehr groß, überall
findet man schöne und sichere Häfen und Buchten, welche die
Schiffahrt begünstigen, -- eine einigermaßen intelligente und
thätige freie Bevölkerung müßte deshalb längst die Insel zu
einem blühenden Emporium gemacht haben; aber was ist sie
unter den Händen der Schwarzen seit Anfang dieses Jahr-
hunderts geworden? Sie bringt nicht mehr die Hälfte von dem
hervor, was sie unter der Herrschaft der Weißen mit kaum ein
Viertel ihrer jetzigen Bevölkerungszahl ausführte. Große Strecken
des früher ergiebigsten Bodens liegen brach, die reichen Berg-
werke werden gar nicht mehr bearbeitet und eigene Schiffahrt
existirt nur in kümmerlichem Maße. Dagegen wird der prachtvolle
Waldbestand auf das Unverständigste ruinirt, um das Blauholz,

R. Werner, Erinnerungen. 23

Nach Weſtindien und dem Mittelmeer
ſtellen wollen, befinden ſich in einem Irrthum. Die Civiliſation
der Neger wächſt nicht von innen heraus, ſondern ſitzt nur wie
ein Firniß auf ihnen. Wird der letztere nicht wiederholt neu
aufgetragen, ſo bekommt er klaffende Riſſe, aus denen die ur-
ſprüngliche Barbarei hervorquillt.

Der Schwarze ahmt nach; er ſucht in der Form das
Weſen und wird in den meiſten Fällen dabei zur Carricatur,
aber geiſtig etwas Selbſtändiges zu ſchaffen, das iſt ihm im
allgemeinen verſagt. Die Richtigkeit dieſer Behauptung lehrt
ein Blick auf die Geſchichte. Haben jemals Schwarze in die-
ſelbe activ eingegriffen und irgend etwas gethan, was dem Vor-
wärtsſchreiten der Welt und der Civiliſation zu Gute gekommen
wäre? Es muß ihnen alſo doch wohl die Fähigkeit dazu ab-
gehen und ſie bilden im Schöpfungsplane nur Uebergangsfor-
men, wie alle farbigen Racen, welche die Culturſtufe der Weißen
nicht zu erreichen vermögen und deshalb ihnen Platz machen
müſſen, wo dieſe erſcheinen.

Hayti iſt die ſchönſte und fruchtbarſte der großen An-
tillen. Die ſie durchziehenden Bergketten ſind bis zu den höch-
ſten Gipfeln culturfähig; alle Erzeugniſſe der Tropen gedeihen
in üppigſter Weiſe; der Mineralreichthum iſt ſehr groß, überall
findet man ſchöne und ſichere Häfen und Buchten, welche die
Schiffahrt begünſtigen, — eine einigermaßen intelligente und
thätige freie Bevölkerung müßte deshalb längſt die Inſel zu
einem blühenden Emporium gemacht haben; aber was iſt ſie
unter den Händen der Schwarzen ſeit Anfang dieſes Jahr-
hunderts geworden? Sie bringt nicht mehr die Hälfte von dem
hervor, was ſie unter der Herrſchaft der Weißen mit kaum ein
Viertel ihrer jetzigen Bevölkerungszahl ausführte. Große Strecken
des früher ergiebigſten Bodens liegen brach, die reichen Berg-
werke werden gar nicht mehr bearbeitet und eigene Schiffahrt
exiſtirt nur in kümmerlichem Maße. Dagegen wird der prachtvolle
Waldbeſtand auf das Unverſtändigſte ruinirt, um das Blauholz,

R. Werner, Erinnerungen. 23
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[353/0365] Nach Weſtindien und dem Mittelmeer ſtellen wollen, befinden ſich in einem Irrthum. Die Civiliſation der Neger wächſt nicht von innen heraus, ſondern ſitzt nur wie ein Firniß auf ihnen. Wird der letztere nicht wiederholt neu aufgetragen, ſo bekommt er klaffende Riſſe, aus denen die ur- ſprüngliche Barbarei hervorquillt. Der Schwarze ahmt nach; er ſucht in der Form das Weſen und wird in den meiſten Fällen dabei zur Carricatur, aber geiſtig etwas Selbſtändiges zu ſchaffen, das iſt ihm im allgemeinen verſagt. Die Richtigkeit dieſer Behauptung lehrt ein Blick auf die Geſchichte. Haben jemals Schwarze in die- ſelbe activ eingegriffen und irgend etwas gethan, was dem Vor- wärtsſchreiten der Welt und der Civiliſation zu Gute gekommen wäre? Es muß ihnen alſo doch wohl die Fähigkeit dazu ab- gehen und ſie bilden im Schöpfungsplane nur Uebergangsfor- men, wie alle farbigen Racen, welche die Culturſtufe der Weißen nicht zu erreichen vermögen und deshalb ihnen Platz machen müſſen, wo dieſe erſcheinen. Hayti iſt die ſchönſte und fruchtbarſte der großen An- tillen. Die ſie durchziehenden Bergketten ſind bis zu den höch- ſten Gipfeln culturfähig; alle Erzeugniſſe der Tropen gedeihen in üppigſter Weiſe; der Mineralreichthum iſt ſehr groß, überall findet man ſchöne und ſichere Häfen und Buchten, welche die Schiffahrt begünſtigen, — eine einigermaßen intelligente und thätige freie Bevölkerung müßte deshalb längſt die Inſel zu einem blühenden Emporium gemacht haben; aber was iſt ſie unter den Händen der Schwarzen ſeit Anfang dieſes Jahr- hunderts geworden? Sie bringt nicht mehr die Hälfte von dem hervor, was ſie unter der Herrſchaft der Weißen mit kaum ein Viertel ihrer jetzigen Bevölkerungszahl ausführte. Große Strecken des früher ergiebigſten Bodens liegen brach, die reichen Berg- werke werden gar nicht mehr bearbeitet und eigene Schiffahrt exiſtirt nur in kümmerlichem Maße. Dagegen wird der prachtvolle Waldbeſtand auf das Unverſtändigſte ruinirt, um das Blauholz, R. Werner, Erinnerungen. 23

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/365>, abgerufen am 19.05.2024.