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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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tionsschlagröhren nach amerikanischem Modell," erklärte Woll-
weber. "Sie sind mir sehr antipathisch, denn ich liebe Kürze
und ihr Verzeichnen im Hauptbuche beansprucht stets drei ganze
Zeilen. Nach der Autorität meines artilleristischen ad latus
Bassermann werden sie zum Abfeuern der Kanonen gebraucht.
Er hat mir auch gezeigt, wie man sie zur Explosion bringt,
und nach dem Frühstück wollen wir einige derselben zur Er-
weiterung unserer artilleristischen Kenntnisse abfeuern."

Hiernach gelangte Wollweber an eine wolverschlossene
Kiste. Er öffnete sie sehr behutsam und enthüllte einen darin
enthaltenen und in Werg verpackten Gegenstand. Es war eine
viereckige Messingplatte mit Gradeintheilung und beweglichem
Zeiger.

"Was ist dies, verehrter Herr Kamerad? Merken Sie
sich's," fuhr er in feierlichem Tone fort, als Albert kopfschüttelnd
schwieg, "das ist der wichtigste Gegenstand in der ganzen Ar-
tillerie. Es ist ein Pendelquadrant! Zwar sind mir seine
Functionen bis jetzt noch nicht ganz klar, aber infolge von
Bassermann's Mittheilungen habe ich eine solche Hochachtung
davor bekommen, daß ich stets salutirend an die Mütze greife,
wenn in meiner Gegenwart das Wort "Pendelquadrant" aus-
gesprochen wird."

Wollweber salutirte, Albert folgte seinem Beispiele und
beide kamen überein, daß der "Pendelquadrant" in Zukunft den
"nicht zur Zunft gehörigen" Besuchern des Arsenals nur unter
der Bedingung gezeigt werden sollte, wenn sie zuvor ihr Haupt
entblößten. Indiscrete Fragen aber nach der eigentlichen Natur
des merkwürdigen Gegenstandes sollten ebenso wie die nach
andern Dingen, deren Erklärung mehr Kenntniß erforderte, als
die beiden Arsenalvorstände besaßen, mit der Antwort "Geheim-
niß" abgewehrt werden.

Nach dem Pendelquadranten kamen die verschiedenen
Schiffshandwaffen, als Entersäbel, Enterbeile und Enterpiken

Werner
tionsſchlagröhren nach amerikaniſchem Modell,“ erklärte Woll-
weber. „Sie ſind mir ſehr antipathiſch, denn ich liebe Kürze
und ihr Verzeichnen im Hauptbuche beanſprucht ſtets drei ganze
Zeilen. Nach der Autorität meines artilleriſtiſchen ad latus
Baſſermann werden ſie zum Abfeuern der Kanonen gebraucht.
Er hat mir auch gezeigt, wie man ſie zur Exploſion bringt,
und nach dem Frühſtück wollen wir einige derſelben zur Er-
weiterung unſerer artilleriſtiſchen Kenntniſſe abfeuern.“

Hiernach gelangte Wollweber an eine wolverſchloſſene
Kiſte. Er öffnete ſie ſehr behutſam und enthüllte einen darin
enthaltenen und in Werg verpackten Gegenſtand. Es war eine
viereckige Meſſingplatte mit Gradeintheilung und beweglichem
Zeiger.

„Was iſt dies, verehrter Herr Kamerad? Merken Sie
ſich’s,“ fuhr er in feierlichem Tone fort, als Albert kopfſchüttelnd
ſchwieg, „das iſt der wichtigſte Gegenſtand in der ganzen Ar-
tillerie. Es iſt ein Pendelquadrant! Zwar ſind mir ſeine
Functionen bis jetzt noch nicht ganz klar, aber infolge von
Baſſermann’s Mittheilungen habe ich eine ſolche Hochachtung
davor bekommen, daß ich ſtets ſalutirend an die Mütze greife,
wenn in meiner Gegenwart das Wort „Pendelquadrant“ aus-
geſprochen wird.“

Wollweber ſalutirte, Albert folgte ſeinem Beiſpiele und
beide kamen überein, daß der „Pendelquadrant“ in Zukunft den
„nicht zur Zunft gehörigen“ Beſuchern des Arſenals nur unter
der Bedingung gezeigt werden ſollte, wenn ſie zuvor ihr Haupt
entblößten. Indiscrete Fragen aber nach der eigentlichen Natur
des merkwürdigen Gegenſtandes ſollten ebenſo wie die nach
andern Dingen, deren Erklärung mehr Kenntniß erforderte, als
die beiden Arſenalvorſtände beſaßen, mit der Antwort „Geheim-
niß“ abgewehrt werden.

Nach dem Pendelquadranten kamen die verſchiedenen
Schiffshandwaffen, als Enterſäbel, Enterbeile und Enterpiken

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[246/0258] Werner tionsſchlagröhren nach amerikaniſchem Modell,“ erklärte Woll- weber. „Sie ſind mir ſehr antipathiſch, denn ich liebe Kürze und ihr Verzeichnen im Hauptbuche beanſprucht ſtets drei ganze Zeilen. Nach der Autorität meines artilleriſtiſchen ad latus Baſſermann werden ſie zum Abfeuern der Kanonen gebraucht. Er hat mir auch gezeigt, wie man ſie zur Exploſion bringt, und nach dem Frühſtück wollen wir einige derſelben zur Er- weiterung unſerer artilleriſtiſchen Kenntniſſe abfeuern.“ Hiernach gelangte Wollweber an eine wolverſchloſſene Kiſte. Er öffnete ſie ſehr behutſam und enthüllte einen darin enthaltenen und in Werg verpackten Gegenſtand. Es war eine viereckige Meſſingplatte mit Gradeintheilung und beweglichem Zeiger. „Was iſt dies, verehrter Herr Kamerad? Merken Sie ſich’s,“ fuhr er in feierlichem Tone fort, als Albert kopfſchüttelnd ſchwieg, „das iſt der wichtigſte Gegenſtand in der ganzen Ar- tillerie. Es iſt ein Pendelquadrant! Zwar ſind mir ſeine Functionen bis jetzt noch nicht ganz klar, aber infolge von Baſſermann’s Mittheilungen habe ich eine ſolche Hochachtung davor bekommen, daß ich ſtets ſalutirend an die Mütze greife, wenn in meiner Gegenwart das Wort „Pendelquadrant“ aus- geſprochen wird.“ Wollweber ſalutirte, Albert folgte ſeinem Beiſpiele und beide kamen überein, daß der „Pendelquadrant“ in Zukunft den „nicht zur Zunft gehörigen“ Beſuchern des Arſenals nur unter der Bedingung gezeigt werden ſollte, wenn ſie zuvor ihr Haupt entblößten. Indiscrete Fragen aber nach der eigentlichen Natur des merkwürdigen Gegenſtandes ſollten ebenſo wie die nach andern Dingen, deren Erklärung mehr Kenntniß erforderte, als die beiden Arſenalvorſtände beſaßen, mit der Antwort „Geheim- niß“ abgewehrt werden. Nach dem Pendelquadranten kamen die verſchiedenen Schiffshandwaffen, als Enterſäbel, Enterbeile und Enterpiken

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/258>, abgerufen am 17.05.2024.