Deutschland wiederhergestellt und befestigt zu sehen, wenn es ihm gelänge, mit Gesammtösterreich in den neuen Zollverein einzutreten.
Es suchte Bayern für seine Ansicht zu gewinnen. Dieses ließ sich auch zu ihm hinüberziehen und es sollte die Flotten- frage zur Förderung der beiderseitigen Bestrebungen ausgebeutet werden. Das warme Interesse, welches fast ungetheilt das ganze deutsche Volk und auch eine größere Zahl der Regierungen für Erhaltung der Flotte hegte, sollte als Hebel für die politischen Pläne Oesterreichs benutzt und zum wirksamen Alliirten in der Machtfrage gemacht werden.
Der bayrische Vorschlag, dessen eigentliche Natur freilich erst später zu Tage trat, fand bei Hannover bereitwillig Auf- nahme. Letzteres erließ an die deutschen Staaten, mit Ausnahme der beiden Großmächte Preußen und Oesterreich, eine Einladung zur Beschickung eines Flottencongresses zum 20. März in Han- nover. Die Aufgabe dieses Congresses sollte die Gründung eines Flottenvereins sowie Berathung und Beschlußfassung über die Herbeischaffung der für Gründung und Erhaltung einer lebensfähigen Nordseeflotte erforderlichen Mittel sein.
Preußen und Oesterreich waren zur Theilnahme nicht auf- gefordert, weil, nach der Ansicht Hannovers, eine solche Einladung durch das den bisherigen Bundesverhandlungen zur Voraus- setzung und Grundlage dienende Contingentsverhältniß zum Bunde ausgeschlossen sei. Von den übrigen deutschen Staaten hatten zwanzig der Einladung durch Entsendung von Bevoll- mächtigten Folge geleistet, die übrigen theils direct abge- lehnt, theils keine Vertreter gesandt. Unter den Fehlenden befanden sich auch Württemberg und Baden, wodurch schon von vorn herein dem Congresse kein günstiges Prognostikon ge- stellt wurde.
Der Vorsitzende, der hannoversche Ministerpräsident von Scheele, eröffnete die Versammlung mit einer Anrede, die ihrem
Die deutſche Marine 1848—1852
Deutſchland wiederhergeſtellt und befeſtigt zu ſehen, wenn es ihm gelänge, mit Geſammtöſterreich in den neuen Zollverein einzutreten.
Es ſuchte Bayern für ſeine Anſicht zu gewinnen. Dieſes ließ ſich auch zu ihm hinüberziehen und es ſollte die Flotten- frage zur Förderung der beiderſeitigen Beſtrebungen ausgebeutet werden. Das warme Intereſſe, welches faſt ungetheilt das ganze deutſche Volk und auch eine größere Zahl der Regierungen für Erhaltung der Flotte hegte, ſollte als Hebel für die politiſchen Pläne Oeſterreichs benutzt und zum wirkſamen Alliirten in der Machtfrage gemacht werden.
Der bayriſche Vorſchlag, deſſen eigentliche Natur freilich erſt ſpäter zu Tage trat, fand bei Hannover bereitwillig Auf- nahme. Letzteres erließ an die deutſchen Staaten, mit Ausnahme der beiden Großmächte Preußen und Oeſterreich, eine Einladung zur Beſchickung eines Flottencongreſſes zum 20. März in Han- nover. Die Aufgabe dieſes Congreſſes ſollte die Gründung eines Flottenvereins ſowie Berathung und Beſchlußfaſſung über die Herbeiſchaffung der für Gründung und Erhaltung einer lebensfähigen Nordſeeflotte erforderlichen Mittel ſein.
Preußen und Oeſterreich waren zur Theilnahme nicht auf- gefordert, weil, nach der Anſicht Hannovers, eine ſolche Einladung durch das den bisherigen Bundesverhandlungen zur Voraus- ſetzung und Grundlage dienende Contingentsverhältniß zum Bunde ausgeſchloſſen ſei. Von den übrigen deutſchen Staaten hatten zwanzig der Einladung durch Entſendung von Bevoll- mächtigten Folge geleiſtet, die übrigen theils direct abge- lehnt, theils keine Vertreter geſandt. Unter den Fehlenden befanden ſich auch Württemberg und Baden, wodurch ſchon von vorn herein dem Congreſſe kein günſtiges Prognoſtikon ge- ſtellt wurde.
Der Vorſitzende, der hannoverſche Miniſterpräſident von Scheele, eröffnete die Verſammlung mit einer Anrede, die ihrem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0229"n="217"/><fwplace="top"type="header">Die deutſche Marine 1848—1852</fw><lb/>
Deutſchland wiederhergeſtellt und befeſtigt zu ſehen, wenn es<lb/>
ihm gelänge, mit Geſammtöſterreich in den neuen Zollverein<lb/>
einzutreten.</p><lb/><p>Es ſuchte Bayern für ſeine Anſicht zu gewinnen. Dieſes<lb/>
ließ ſich auch zu ihm hinüberziehen und es ſollte die Flotten-<lb/>
frage zur Förderung der beiderſeitigen Beſtrebungen ausgebeutet<lb/>
werden. Das warme Intereſſe, welches faſt ungetheilt das ganze<lb/>
deutſche Volk und auch eine größere Zahl der Regierungen für<lb/>
Erhaltung der Flotte hegte, ſollte als Hebel für die politiſchen<lb/>
Pläne Oeſterreichs benutzt und zum wirkſamen Alliirten in der<lb/>
Machtfrage gemacht werden.</p><lb/><p>Der bayriſche Vorſchlag, deſſen eigentliche Natur freilich<lb/>
erſt ſpäter zu Tage trat, fand bei Hannover bereitwillig Auf-<lb/>
nahme. Letzteres erließ an die deutſchen Staaten, mit Ausnahme<lb/>
der beiden Großmächte Preußen und Oeſterreich, eine Einladung<lb/>
zur Beſchickung eines Flottencongreſſes zum 20. März in Han-<lb/>
nover. Die Aufgabe dieſes Congreſſes ſollte die Gründung<lb/>
eines Flottenvereins ſowie Berathung und Beſchlußfaſſung über<lb/>
die Herbeiſchaffung der für Gründung und Erhaltung einer<lb/>
lebensfähigen Nordſeeflotte erforderlichen Mittel ſein.</p><lb/><p>Preußen und Oeſterreich waren zur Theilnahme nicht auf-<lb/>
gefordert, weil, nach der Anſicht Hannovers, eine ſolche Einladung<lb/>
durch das den bisherigen Bundesverhandlungen zur Voraus-<lb/>ſetzung und Grundlage dienende Contingentsverhältniß zum<lb/>
Bunde ausgeſchloſſen ſei. Von den übrigen deutſchen Staaten<lb/>
hatten zwanzig der Einladung durch Entſendung von Bevoll-<lb/>
mächtigten Folge geleiſtet, die übrigen theils direct abge-<lb/>
lehnt, theils keine Vertreter geſandt. Unter den Fehlenden<lb/>
befanden ſich auch Württemberg und Baden, wodurch ſchon<lb/>
von vorn herein dem Congreſſe kein günſtiges Prognoſtikon ge-<lb/>ſtellt wurde.</p><lb/><p>Der Vorſitzende, der hannoverſche Miniſterpräſident von<lb/>
Scheele, eröffnete die Verſammlung mit einer Anrede, die ihrem<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[217/0229]
Die deutſche Marine 1848—1852
Deutſchland wiederhergeſtellt und befeſtigt zu ſehen, wenn es
ihm gelänge, mit Geſammtöſterreich in den neuen Zollverein
einzutreten.
Es ſuchte Bayern für ſeine Anſicht zu gewinnen. Dieſes
ließ ſich auch zu ihm hinüberziehen und es ſollte die Flotten-
frage zur Förderung der beiderſeitigen Beſtrebungen ausgebeutet
werden. Das warme Intereſſe, welches faſt ungetheilt das ganze
deutſche Volk und auch eine größere Zahl der Regierungen für
Erhaltung der Flotte hegte, ſollte als Hebel für die politiſchen
Pläne Oeſterreichs benutzt und zum wirkſamen Alliirten in der
Machtfrage gemacht werden.
Der bayriſche Vorſchlag, deſſen eigentliche Natur freilich
erſt ſpäter zu Tage trat, fand bei Hannover bereitwillig Auf-
nahme. Letzteres erließ an die deutſchen Staaten, mit Ausnahme
der beiden Großmächte Preußen und Oeſterreich, eine Einladung
zur Beſchickung eines Flottencongreſſes zum 20. März in Han-
nover. Die Aufgabe dieſes Congreſſes ſollte die Gründung
eines Flottenvereins ſowie Berathung und Beſchlußfaſſung über
die Herbeiſchaffung der für Gründung und Erhaltung einer
lebensfähigen Nordſeeflotte erforderlichen Mittel ſein.
Preußen und Oeſterreich waren zur Theilnahme nicht auf-
gefordert, weil, nach der Anſicht Hannovers, eine ſolche Einladung
durch das den bisherigen Bundesverhandlungen zur Voraus-
ſetzung und Grundlage dienende Contingentsverhältniß zum
Bunde ausgeſchloſſen ſei. Von den übrigen deutſchen Staaten
hatten zwanzig der Einladung durch Entſendung von Bevoll-
mächtigten Folge geleiſtet, die übrigen theils direct abge-
lehnt, theils keine Vertreter geſandt. Unter den Fehlenden
befanden ſich auch Württemberg und Baden, wodurch ſchon
von vorn herein dem Congreſſe kein günſtiges Prognoſtikon ge-
ſtellt wurde.
Der Vorſitzende, der hannoverſche Miniſterpräſident von
Scheele, eröffnete die Verſammlung mit einer Anrede, die ihrem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/229>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.