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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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auffüllen, Transportschiffe hinlegen, seine Flotte sammeln und
von dort aus er in größerem Maßstabe gegen unsere Ströme
operiren kann, sei es, um zunächst deren äußere Rheden zu ge-
winnen oder eine Landung zu versuchen. Wir sind gezwungen,
zum Schutze unserer Nordseeküste ganz bedeutend größere Ver-
theidigungsmittel an Material und Personal zu unterhalten,
und die Besorgniß vor einer Forcirung unserer Ströme und
einer Invasion kann gleichzeitig einen großen Theil unserer Land-
streitkräfte lahm legen.

Dies alles änderte sich aber ungemein zu unsern Gunsten,
wenn Helgoland uns gehört und zweckmäßig armirt wird. Wir
könnten nach Belieben das Feuer löschen, mit Hülfe der Batterien
und einer unter der Insel, oder zwischen ihr und den Dünen
stationirten Flottenabtheilung dem Feinde den einzigen Ankerplatz
verbieten, den er an unserer Nordseeküste findet. Wir hinderten
ihn dadurch am Ergänzen seiner Kohlen, zwängen ihn, bestän-
dig unter Dampf zu liegen und nähmen ihm jede Operations-
basis für einen Angriff auf unsere Küste und für eine Invasion,
da er unmöglich wagen darf, mit einer Transportflotte vor
unsern Flußmündungen zu erscheinen, wenn er unsere Torpedo-
fahrzeuge und Panzerkanonenboote im Rücken hat. Den schlagend-
sten Beweis für diese Ausführungen hat der letzte französische
Krieg gegeben. Die französische Flotte hielt sich stets in un-
mittelbarer Nähe der Insel auf, Tags über gewöhnlich südöstlich
von ihr und wenn die Witterung es erlaubte, vor Anker. Da-
durch sparte sie Kohlen und ermöglichte ein längeres in See-
bleiben, während sie Nachts meistens nordwestlich von der Insel
in drei bis vier Meilen Entfernung, aber in Sicht des Leucht-
thurmes, die offene See hielt, gegen überraschende Nachtangriffe
unsererseits sich ziemlich gesichert sah und doch -- was unge-
mein wichtig für sie war -- mit Hülfe des Feuers immer genau
ihre Position kannte. Ebenso konnten die Kohlenschiffe südlich
von der Insel ankern und die Panzerschiffe mit frischen Kohlen

Werner
auffüllen, Transportſchiffe hinlegen, ſeine Flotte ſammeln und
von dort aus er in größerem Maßſtabe gegen unſere Ströme
operiren kann, ſei es, um zunächſt deren äußere Rheden zu ge-
winnen oder eine Landung zu verſuchen. Wir ſind gezwungen,
zum Schutze unſerer Nordſeeküſte ganz bedeutend größere Ver-
theidigungsmittel an Material und Perſonal zu unterhalten,
und die Beſorgniß vor einer Forcirung unſerer Ströme und
einer Invaſion kann gleichzeitig einen großen Theil unſerer Land-
ſtreitkräfte lahm legen.

Dies alles änderte ſich aber ungemein zu unſern Gunſten,
wenn Helgoland uns gehört und zweckmäßig armirt wird. Wir
könnten nach Belieben das Feuer löſchen, mit Hülfe der Batterien
und einer unter der Inſel, oder zwiſchen ihr und den Dünen
ſtationirten Flottenabtheilung dem Feinde den einzigen Ankerplatz
verbieten, den er an unſerer Nordſeeküſte findet. Wir hinderten
ihn dadurch am Ergänzen ſeiner Kohlen, zwängen ihn, beſtän-
dig unter Dampf zu liegen und nähmen ihm jede Operations-
baſis für einen Angriff auf unſere Küſte und für eine Invaſion,
da er unmöglich wagen darf, mit einer Transportflotte vor
unſern Flußmündungen zu erſcheinen, wenn er unſere Torpedo-
fahrzeuge und Panzerkanonenboote im Rücken hat. Den ſchlagend-
ſten Beweis für dieſe Ausführungen hat der letzte franzöſiſche
Krieg gegeben. Die franzöſiſche Flotte hielt ſich ſtets in un-
mittelbarer Nähe der Inſel auf, Tags über gewöhnlich ſüdöſtlich
von ihr und wenn die Witterung es erlaubte, vor Anker. Da-
durch ſparte ſie Kohlen und ermöglichte ein längeres in See-
bleiben, während ſie Nachts meiſtens nordweſtlich von der Inſel
in drei bis vier Meilen Entfernung, aber in Sicht des Leucht-
thurmes, die offene See hielt, gegen überraſchende Nachtangriffe
unſererſeits ſich ziemlich geſichert ſah und doch — was unge-
mein wichtig für ſie war — mit Hülfe des Feuers immer genau
ihre Poſition kannte. Ebenſo konnten die Kohlenſchiffe ſüdlich
von der Inſel ankern und die Panzerſchiffe mit friſchen Kohlen

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[198/0210] Werner auffüllen, Transportſchiffe hinlegen, ſeine Flotte ſammeln und von dort aus er in größerem Maßſtabe gegen unſere Ströme operiren kann, ſei es, um zunächſt deren äußere Rheden zu ge- winnen oder eine Landung zu verſuchen. Wir ſind gezwungen, zum Schutze unſerer Nordſeeküſte ganz bedeutend größere Ver- theidigungsmittel an Material und Perſonal zu unterhalten, und die Beſorgniß vor einer Forcirung unſerer Ströme und einer Invaſion kann gleichzeitig einen großen Theil unſerer Land- ſtreitkräfte lahm legen. Dies alles änderte ſich aber ungemein zu unſern Gunſten, wenn Helgoland uns gehört und zweckmäßig armirt wird. Wir könnten nach Belieben das Feuer löſchen, mit Hülfe der Batterien und einer unter der Inſel, oder zwiſchen ihr und den Dünen ſtationirten Flottenabtheilung dem Feinde den einzigen Ankerplatz verbieten, den er an unſerer Nordſeeküſte findet. Wir hinderten ihn dadurch am Ergänzen ſeiner Kohlen, zwängen ihn, beſtän- dig unter Dampf zu liegen und nähmen ihm jede Operations- baſis für einen Angriff auf unſere Küſte und für eine Invaſion, da er unmöglich wagen darf, mit einer Transportflotte vor unſern Flußmündungen zu erſcheinen, wenn er unſere Torpedo- fahrzeuge und Panzerkanonenboote im Rücken hat. Den ſchlagend- ſten Beweis für dieſe Ausführungen hat der letzte franzöſiſche Krieg gegeben. Die franzöſiſche Flotte hielt ſich ſtets in un- mittelbarer Nähe der Inſel auf, Tags über gewöhnlich ſüdöſtlich von ihr und wenn die Witterung es erlaubte, vor Anker. Da- durch ſparte ſie Kohlen und ermöglichte ein längeres in See- bleiben, während ſie Nachts meiſtens nordweſtlich von der Inſel in drei bis vier Meilen Entfernung, aber in Sicht des Leucht- thurmes, die offene See hielt, gegen überraſchende Nachtangriffe unſererſeits ſich ziemlich geſichert ſah und doch — was unge- mein wichtig für ſie war — mit Hülfe des Feuers immer genau ihre Poſition kannte. Ebenſo konnten die Kohlenſchiffe ſüdlich von der Inſel ankern und die Panzerſchiffe mit friſchen Kohlen

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/210>, abgerufen am 22.11.2024.