ciere durch den deutschen Gesandten in Washington, von Rönne, die ihm amtlich mitgetheilte Abschrift eines Berichtes vom Commodore Parker einging, den dieser am 24. Januar, also einen Tag vor Entgegennahme des von Duckwitz verfaßten und mit ihm verabredeten Antrags, an seinen Marineminister Mason eingereicht hatte.
In diesem Berichte wurde die deutsche Flotte höchst abfällig beurtheilt. Es sei bis jetzt nur sehr wenig geschehen, hieß es darin, und nicht einmal Gesetze über die Marine seien erlassen worden. Dann wurden die geringen Streitkräfte Deutschlands im Gegensatze zur dänischen Seemacht aufgezählt, die Parker in höchst übertriebener Weise auf 1035 Kanonen mit 9755 Mann berechnete. Er erwähnte dabei unter anderen fünf Linienschiffe mit je 84 Kanonen, die allerdings in der dänischen Marine- liste auf dem Papier figurirten, von denen aber nur eins, der später bei Eckernförde in die Luft geflogene Christian VIII. als diensttauglich in Betracht kommen konnte.
"Ich sehe," fährt Parker dann in seinem Berichte fort, "daher kein Feld, auf welchem amerikanische Officiere Ehre für sich oder ihr Land gewinnen könnten. Bei dieser Sachlage scheint es mir unweise zu sein, daß amerikanische Officiere irgend etwas mit Deutschland zu thun haben, bis die Centralgewalt definitiv errichtet ist, es sei denn im Wege des guten Rathes."
Mit Recht sagt Duckwitz über dieses Schreiben: "Herr Parker ist also von der Ansicht ausgegangen, daß nur in dem Falle amerikanische Officiere in unsere Dienste treten könnten, wenn unsere Flotte eben so groß wäre, wie die dänische. In diesem Falle würden wir aber amerikanischer Officiere nicht be- dürfen. Es handelte sich grade um Bildung der Anfänge einer Flotte; nur zu dieser fehlten uns die Officiere und die Organi- satoren."
Mit Bezug auf den Mangel an Gesetzen über die Marine hatte Parker freilich Recht und war dies nur eine Consequenz
Werner
ciere durch den deutſchen Geſandten in Waſhington, von Rönne, die ihm amtlich mitgetheilte Abſchrift eines Berichtes vom Commodore Parker einging, den dieſer am 24. Januar, alſo einen Tag vor Entgegennahme des von Duckwitz verfaßten und mit ihm verabredeten Antrags, an ſeinen Marineminiſter Maſon eingereicht hatte.
In dieſem Berichte wurde die deutſche Flotte höchſt abfällig beurtheilt. Es ſei bis jetzt nur ſehr wenig geſchehen, hieß es darin, und nicht einmal Geſetze über die Marine ſeien erlaſſen worden. Dann wurden die geringen Streitkräfte Deutſchlands im Gegenſatze zur däniſchen Seemacht aufgezählt, die Parker in höchſt übertriebener Weiſe auf 1035 Kanonen mit 9755 Mann berechnete. Er erwähnte dabei unter anderen fünf Linienſchiffe mit je 84 Kanonen, die allerdings in der däniſchen Marine- liſte auf dem Papier figurirten, von denen aber nur eins, der ſpäter bei Eckernförde in die Luft geflogene Chriſtian VIII. als dienſttauglich in Betracht kommen konnte.
„Ich ſehe,“ fährt Parker dann in ſeinem Berichte fort, „daher kein Feld, auf welchem amerikaniſche Officiere Ehre für ſich oder ihr Land gewinnen könnten. Bei dieſer Sachlage ſcheint es mir unweiſe zu ſein, daß amerikaniſche Officiere irgend etwas mit Deutſchland zu thun haben, bis die Centralgewalt definitiv errichtet iſt, es ſei denn im Wege des guten Rathes.“
Mit Recht ſagt Duckwitz über dieſes Schreiben: „Herr Parker iſt alſo von der Anſicht ausgegangen, daß nur in dem Falle amerikaniſche Officiere in unſere Dienſte treten könnten, wenn unſere Flotte eben ſo groß wäre, wie die däniſche. In dieſem Falle würden wir aber amerikaniſcher Officiere nicht be- dürfen. Es handelte ſich grade um Bildung der Anfänge einer Flotte; nur zu dieſer fehlten uns die Officiere und die Organi- ſatoren.“
Mit Bezug auf den Mangel an Geſetzen über die Marine hatte Parker freilich Recht und war dies nur eine Conſequenz
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0174"n="162"/><fwplace="top"type="header">Werner</fw><lb/>
ciere durch den deutſchen Geſandten in Waſhington, von Rönne,<lb/>
die ihm amtlich mitgetheilte Abſchrift eines Berichtes vom<lb/>
Commodore Parker einging, den dieſer am 24. <hirendition="#g">Januar</hi>, alſo<lb/>
einen Tag <hirendition="#g">vor</hi> Entgegennahme des von Duckwitz verfaßten und<lb/>
mit ihm verabredeten Antrags, an ſeinen Marineminiſter Maſon<lb/>
eingereicht hatte.</p><lb/><p>In dieſem Berichte wurde die deutſche Flotte höchſt abfällig<lb/>
beurtheilt. Es ſei bis jetzt nur ſehr wenig geſchehen, hieß es<lb/>
darin, und nicht einmal Geſetze über die Marine ſeien erlaſſen<lb/>
worden. Dann wurden die geringen Streitkräfte Deutſchlands<lb/>
im Gegenſatze zur däniſchen Seemacht aufgezählt, die Parker in<lb/>
höchſt übertriebener Weiſe auf 1035 Kanonen mit 9755 Mann<lb/>
berechnete. Er erwähnte dabei unter anderen fünf Linienſchiffe<lb/>
mit je 84 Kanonen, die allerdings in der däniſchen Marine-<lb/>
liſte auf dem Papier figurirten, von denen aber nur eins, der<lb/>ſpäter bei Eckernförde in die Luft geflogene Chriſtian <hirendition="#aq">VIII.</hi> als<lb/>
dienſttauglich in Betracht kommen konnte.</p><lb/><p>„Ich ſehe,“ fährt Parker dann in ſeinem Berichte fort,<lb/>„daher kein Feld, auf welchem amerikaniſche Officiere Ehre für<lb/>ſich oder ihr Land gewinnen könnten. Bei dieſer Sachlage<lb/>ſcheint es mir unweiſe zu ſein, daß amerikaniſche Officiere irgend<lb/>
etwas mit Deutſchland zu thun haben, bis die Centralgewalt<lb/>
definitiv errichtet iſt, es ſei denn im Wege des guten Rathes.“</p><lb/><p>Mit Recht ſagt Duckwitz über dieſes Schreiben: „Herr<lb/>
Parker iſt alſo von der Anſicht ausgegangen, daß nur in <hirendition="#g">dem</hi><lb/>
Falle amerikaniſche Officiere in unſere Dienſte treten könnten,<lb/>
wenn unſere Flotte eben ſo groß wäre, wie die däniſche. In<lb/>
dieſem Falle würden wir aber amerikaniſcher Officiere nicht be-<lb/>
dürfen. Es handelte ſich grade um Bildung der Anfänge einer<lb/>
Flotte; nur zu dieſer fehlten uns die Officiere und die Organi-<lb/>ſatoren.“</p><lb/><p>Mit Bezug auf den Mangel an Geſetzen über die Marine<lb/>
hatte Parker freilich Recht und war dies nur eine Conſequenz<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[162/0174]
Werner
ciere durch den deutſchen Geſandten in Waſhington, von Rönne,
die ihm amtlich mitgetheilte Abſchrift eines Berichtes vom
Commodore Parker einging, den dieſer am 24. Januar, alſo
einen Tag vor Entgegennahme des von Duckwitz verfaßten und
mit ihm verabredeten Antrags, an ſeinen Marineminiſter Maſon
eingereicht hatte.
In dieſem Berichte wurde die deutſche Flotte höchſt abfällig
beurtheilt. Es ſei bis jetzt nur ſehr wenig geſchehen, hieß es
darin, und nicht einmal Geſetze über die Marine ſeien erlaſſen
worden. Dann wurden die geringen Streitkräfte Deutſchlands
im Gegenſatze zur däniſchen Seemacht aufgezählt, die Parker in
höchſt übertriebener Weiſe auf 1035 Kanonen mit 9755 Mann
berechnete. Er erwähnte dabei unter anderen fünf Linienſchiffe
mit je 84 Kanonen, die allerdings in der däniſchen Marine-
liſte auf dem Papier figurirten, von denen aber nur eins, der
ſpäter bei Eckernförde in die Luft geflogene Chriſtian VIII. als
dienſttauglich in Betracht kommen konnte.
„Ich ſehe,“ fährt Parker dann in ſeinem Berichte fort,
„daher kein Feld, auf welchem amerikaniſche Officiere Ehre für
ſich oder ihr Land gewinnen könnten. Bei dieſer Sachlage
ſcheint es mir unweiſe zu ſein, daß amerikaniſche Officiere irgend
etwas mit Deutſchland zu thun haben, bis die Centralgewalt
definitiv errichtet iſt, es ſei denn im Wege des guten Rathes.“
Mit Recht ſagt Duckwitz über dieſes Schreiben: „Herr
Parker iſt alſo von der Anſicht ausgegangen, daß nur in dem
Falle amerikaniſche Officiere in unſere Dienſte treten könnten,
wenn unſere Flotte eben ſo groß wäre, wie die däniſche. In
dieſem Falle würden wir aber amerikaniſcher Officiere nicht be-
dürfen. Es handelte ſich grade um Bildung der Anfänge einer
Flotte; nur zu dieſer fehlten uns die Officiere und die Organi-
ſatoren.“
Mit Bezug auf den Mangel an Geſetzen über die Marine
hatte Parker freilich Recht und war dies nur eine Conſequenz
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/174>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.