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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Eine erste Seereise
durch das Wasser, und nach kaum einer Stunde war er an der
Seite des Schiffes befestigt. Doch alle Mühe, den Rachen zu
öffnen, war vergebens und zum großen Kummer des Boots-
mannes und unsrer selbst mußten wir uns den Appetit auf den
so hoch gerühmten Leckerbissen vergehen lassen. Als der Fisch
bei diesen Versuchen mit Tauen herumgedreht wurde, fanden
wir zu unserem Erstaunen drei alte verrostete Harpunen in seinem
Rücken. Zwei davon trugen denselben Schiffsnamen, die dritte
jedoch einen andern; das Thier mußte also schon früher von
zwei verschiedenen Walfischfängern gejagt und ihnen entronnen
sein. Sowohl die Harpunen, als auch die abgebrochene Säge
wurden zum Andenken an den merkwürdigen Tag heraus-
geschnitten; dann aber mußte der Wal losgeworfen werden, denn
es sprang etwas Wind auf und der Kapitän wollte dies
ausnutzen.

Wie um ein Aas die Raben, so hatten sich in der letzten
Stunde eine ganze Reihe Haie um den todten Wal gesammelt.
Woher sie so schnell kamen mochte der liebe Gott wissen, aber
wir zählten wohl zwölf von den verschiedensten Größen, die mit
ihren dreieckigen Rückenflossen die Wasserfläche schneidend bis auf
20 bis 30 Schritt Entfernung das Schiff umkreisten und auf den
Augenblick zu warten schienen, wo ihnen die selten reiche Beute
zufallen mußte. Als wir den Fisch loswarfen und er kaum
eine Schiffslänge von uns entfernt war, schossen sie von allen
Seiten auf ihn zu und rissen mit ihren furchtbaren Gebissen
mächtige Stücke aus dem Kadaver.

Den Kopf des Schwertfisches ließ der Kapitän für sich
skelettiren; das abgebrochene Schwert erhielt der Bootsmann,
schenkte es aber mir, und ich habe es als ein Andenken, sowol an
den alten Mann, dem ich außer so vielen andern Wohlthaten,
auch mein Leben verdankte, als auch an das furchtbare Schau-
spiel aufbewahrt, das zu sehen und namentlich in solcher Nähe
selten Jemandem vergönnt ist.


7*

Eine erſte Seereiſe
durch das Waſſer, und nach kaum einer Stunde war er an der
Seite des Schiffes befeſtigt. Doch alle Mühe, den Rachen zu
öffnen, war vergebens und zum großen Kummer des Boots-
mannes und unſrer ſelbſt mußten wir uns den Appetit auf den
ſo hoch gerühmten Leckerbiſſen vergehen laſſen. Als der Fiſch
bei dieſen Verſuchen mit Tauen herumgedreht wurde, fanden
wir zu unſerem Erſtaunen drei alte verroſtete Harpunen in ſeinem
Rücken. Zwei davon trugen denſelben Schiffsnamen, die dritte
jedoch einen andern; das Thier mußte alſo ſchon früher von
zwei verſchiedenen Walfiſchfängern gejagt und ihnen entronnen
ſein. Sowohl die Harpunen, als auch die abgebrochene Säge
wurden zum Andenken an den merkwürdigen Tag heraus-
geſchnitten; dann aber mußte der Wal losgeworfen werden, denn
es ſprang etwas Wind auf und der Kapitän wollte dies
ausnutzen.

Wie um ein Aas die Raben, ſo hatten ſich in der letzten
Stunde eine ganze Reihe Haie um den todten Wal geſammelt.
Woher ſie ſo ſchnell kamen mochte der liebe Gott wiſſen, aber
wir zählten wohl zwölf von den verſchiedenſten Größen, die mit
ihren dreieckigen Rückenfloſſen die Waſſerfläche ſchneidend bis auf
20 bis 30 Schritt Entfernung das Schiff umkreiſten und auf den
Augenblick zu warten ſchienen, wo ihnen die ſelten reiche Beute
zufallen mußte. Als wir den Fiſch loswarfen und er kaum
eine Schiffslänge von uns entfernt war, ſchoſſen ſie von allen
Seiten auf ihn zu und riſſen mit ihren furchtbaren Gebiſſen
mächtige Stücke aus dem Kadaver.

Den Kopf des Schwertfiſches ließ der Kapitän für ſich
ſkelettiren; das abgebrochene Schwert erhielt der Bootsmann,
ſchenkte es aber mir, und ich habe es als ein Andenken, ſowol an
den alten Mann, dem ich außer ſo vielen andern Wohlthaten,
auch mein Leben verdankte, als auch an das furchtbare Schau-
ſpiel aufbewahrt, das zu ſehen und namentlich in ſolcher Nähe
ſelten Jemandem vergönnt iſt.


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[99/0111] Eine erſte Seereiſe durch das Waſſer, und nach kaum einer Stunde war er an der Seite des Schiffes befeſtigt. Doch alle Mühe, den Rachen zu öffnen, war vergebens und zum großen Kummer des Boots- mannes und unſrer ſelbſt mußten wir uns den Appetit auf den ſo hoch gerühmten Leckerbiſſen vergehen laſſen. Als der Fiſch bei dieſen Verſuchen mit Tauen herumgedreht wurde, fanden wir zu unſerem Erſtaunen drei alte verroſtete Harpunen in ſeinem Rücken. Zwei davon trugen denſelben Schiffsnamen, die dritte jedoch einen andern; das Thier mußte alſo ſchon früher von zwei verſchiedenen Walfiſchfängern gejagt und ihnen entronnen ſein. Sowohl die Harpunen, als auch die abgebrochene Säge wurden zum Andenken an den merkwürdigen Tag heraus- geſchnitten; dann aber mußte der Wal losgeworfen werden, denn es ſprang etwas Wind auf und der Kapitän wollte dies ausnutzen. Wie um ein Aas die Raben, ſo hatten ſich in der letzten Stunde eine ganze Reihe Haie um den todten Wal geſammelt. Woher ſie ſo ſchnell kamen mochte der liebe Gott wiſſen, aber wir zählten wohl zwölf von den verſchiedenſten Größen, die mit ihren dreieckigen Rückenfloſſen die Waſſerfläche ſchneidend bis auf 20 bis 30 Schritt Entfernung das Schiff umkreiſten und auf den Augenblick zu warten ſchienen, wo ihnen die ſelten reiche Beute zufallen mußte. Als wir den Fiſch loswarfen und er kaum eine Schiffslänge von uns entfernt war, ſchoſſen ſie von allen Seiten auf ihn zu und riſſen mit ihren furchtbaren Gebiſſen mächtige Stücke aus dem Kadaver. Den Kopf des Schwertfiſches ließ der Kapitän für ſich ſkelettiren; das abgebrochene Schwert erhielt der Bootsmann, ſchenkte es aber mir, und ich habe es als ein Andenken, ſowol an den alten Mann, dem ich außer ſo vielen andern Wohlthaten, auch mein Leben verdankte, als auch an das furchtbare Schau- ſpiel aufbewahrt, das zu ſehen und namentlich in ſolcher Nähe ſelten Jemandem vergönnt iſt. 7*

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/111>, abgerufen am 24.11.2024.