Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weismann, August: Die Allmacht der Naturzüchtung. Eine Erwiderung an Herbert Spencer. Jena, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite

weise nicht, weil "jeder erfahrene Pferdezüchter wisse, dass
die Fälle gar nicht so selten sind, in denen Füllen mit strei-
figen Zeichnungen, welche an Quagga- oder Zebrastreifen er-
innern, geboren werden. Sie verschwinden regelmässig mit
zunehmendem Alter des Füllens." Dazu bemerkt ein so er-
fahrener Züchter wie Nathusius: "Bei mir hatte eine
einfarbige, hellbraune Stute von Dan Dawson zuerst hinter-
einander fünf einfarbige Füllen von dem Vollbluthengst
Belzoni, darauf zwei einfarbige Füllen von dem Traber-
hengst Schulz; das achte Füllen, von einem Schimmelhengst
Chiradam, war bei der Geburt von einer unklaren graufalben
Farbe mit dunkelm Rückenstrich und hatte am Knie- und
Sprunggelenk zebraähnliche dunkle Querstreifen und zwar
viel deutlicher, als solche in dem Morton'schen
Falle vorhanden waren;
noch im ersten Jahre ver-
schwanden diese Zeichnungen, und das Thier wurde Schimmel
wie der Vater."

Auch Versuche mit der Absicht, die Telegonie zu er-
weisen, sind bereits angestellt worden, wie ich aus einer
Anmerkung bei Settegast p. 226 ersehe. Ein Herr Lang
in Stuttgart hat zwanzig Jahre hindurch mit Hunden Ver-
suche angestellt, die ihm aber "auch nicht eine Thatsache
lieferten, welche der Infections-Theorie Vorschub zu leisten
geeignet gewesen wären". Natürlich beweisen hier negative
Erfolge nichts, und die Entscheidung muss durch neue Ver-
suche angestrebt werden, da aber positive Ergebnisse von
Versuchen bis jetzt nicht vorliegen, und da grade die com-
petentesten Beurtheiler, die wissenschaftlich gebildeten unter
den Thierzüchtern, wie Settegast, Nathusius und der
kürzlich verstorbene Leiter der preussischen landwirthschaft-
lichen Versuchsstation zu Halle, Professor Kühn, trotz sehr

weise nicht, weil „jeder erfahrene Pferdezüchter wisse, dass
die Fälle gar nicht so selten sind, in denen Füllen mit strei-
figen Zeichnungen, welche an Quagga- oder Zebrastreifen er-
innern, geboren werden. Sie verschwinden regelmässig mit
zunehmendem Alter des Füllens.“ Dazu bemerkt ein so er-
fahrener Züchter wie Nathusius: „Bei mir hatte eine
einfarbige, hellbraune Stute von Dan Dawson zuerst hinter-
einander fünf einfarbige Füllen von dem Vollbluthengst
Belzoni, darauf zwei einfarbige Füllen von dem Traber-
hengst Schulz; das achte Füllen, von einem Schimmelhengst
Chiradam, war bei der Geburt von einer unklaren graufalben
Farbe mit dunkelm Rückenstrich und hatte am Knie- und
Sprunggelenk zebraähnliche dunkle Querstreifen und zwar
viel deutlicher, als solche in dem Morton’schen
Falle vorhanden waren;
noch im ersten Jahre ver-
schwanden diese Zeichnungen, und das Thier wurde Schimmel
wie der Vater.“

Auch Versuche mit der Absicht, die Telegonie zu er-
weisen, sind bereits angestellt worden, wie ich aus einer
Anmerkung bei Settegast p. 226 ersehe. Ein Herr Lang
in Stuttgart hat zwanzig Jahre hindurch mit Hunden Ver-
suche angestellt, die ihm aber „auch nicht eine Thatsache
lieferten, welche der Infections-Theorie Vorschub zu leisten
geeignet gewesen wären“. Natürlich beweisen hier negative
Erfolge nichts, und die Entscheidung muss durch neue Ver-
suche angestrebt werden, da aber positive Ergebnisse von
Versuchen bis jetzt nicht vorliegen, und da grade die com-
petentesten Beurtheiler, die wissenschaftlich gebildeten unter
den Thierzüchtern, wie Settegast, Nathusius und der
kürzlich verstorbene Leiter der preussischen landwirthschaft-
lichen Versuchsstation zu Halle, Professor Kühn, trotz sehr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0102" n="90"/>
weise nicht, weil &#x201E;jeder erfahrene Pferdezüchter wisse, dass<lb/>
die Fälle gar nicht so selten sind, in denen Füllen mit strei-<lb/>
figen Zeichnungen, welche an Quagga- oder Zebrastreifen er-<lb/>
innern, geboren werden. Sie verschwinden regelmässig mit<lb/>
zunehmendem Alter des Füllens.&#x201C; Dazu bemerkt ein so er-<lb/>
fahrener Züchter wie <hi rendition="#g">Nathusius</hi>: &#x201E;Bei mir hatte eine<lb/>
einfarbige, hellbraune Stute von Dan Dawson zuerst hinter-<lb/>
einander fünf einfarbige Füllen von dem Vollbluthengst<lb/><hi rendition="#g">Belzoni</hi>, darauf zwei einfarbige Füllen von dem Traber-<lb/>
hengst Schulz; das achte Füllen, von einem Schimmelhengst<lb/>
Chiradam, war bei der Geburt von einer unklaren graufalben<lb/>
Farbe mit dunkelm Rückenstrich und hatte am Knie- und<lb/>
Sprunggelenk zebraähnliche dunkle Querstreifen <hi rendition="#g">und zwar<lb/>
viel deutlicher, als solche in dem Morton&#x2019;schen<lb/>
Falle vorhanden waren;</hi> noch im ersten Jahre ver-<lb/>
schwanden diese Zeichnungen, und das Thier wurde Schimmel<lb/>
wie der Vater.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Auch Versuche mit der Absicht, die Telegonie zu er-<lb/>
weisen, sind bereits angestellt worden, wie ich aus einer<lb/>
Anmerkung bei <hi rendition="#g">Settegast</hi> p. 226 ersehe. Ein Herr <hi rendition="#g">Lang</hi><lb/>
in Stuttgart hat zwanzig Jahre hindurch mit Hunden Ver-<lb/>
suche angestellt, die ihm aber &#x201E;auch nicht <hi rendition="#g">eine</hi> Thatsache<lb/>
lieferten, welche der Infections-Theorie Vorschub zu leisten<lb/>
geeignet gewesen wären&#x201C;. Natürlich beweisen hier negative<lb/>
Erfolge nichts, und die Entscheidung muss durch neue Ver-<lb/>
suche angestrebt werden, da aber positive Ergebnisse von<lb/>
Versuchen bis jetzt nicht vorliegen, und da grade die com-<lb/>
petentesten Beurtheiler, die wissenschaftlich gebildeten unter<lb/>
den Thierzüchtern, wie <hi rendition="#g">Settegast, Nathusius</hi> und der<lb/>
kürzlich verstorbene Leiter der preussischen landwirthschaft-<lb/>
lichen Versuchsstation zu Halle, Professor <hi rendition="#g">Kühn</hi>, trotz sehr<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0102] weise nicht, weil „jeder erfahrene Pferdezüchter wisse, dass die Fälle gar nicht so selten sind, in denen Füllen mit strei- figen Zeichnungen, welche an Quagga- oder Zebrastreifen er- innern, geboren werden. Sie verschwinden regelmässig mit zunehmendem Alter des Füllens.“ Dazu bemerkt ein so er- fahrener Züchter wie Nathusius: „Bei mir hatte eine einfarbige, hellbraune Stute von Dan Dawson zuerst hinter- einander fünf einfarbige Füllen von dem Vollbluthengst Belzoni, darauf zwei einfarbige Füllen von dem Traber- hengst Schulz; das achte Füllen, von einem Schimmelhengst Chiradam, war bei der Geburt von einer unklaren graufalben Farbe mit dunkelm Rückenstrich und hatte am Knie- und Sprunggelenk zebraähnliche dunkle Querstreifen und zwar viel deutlicher, als solche in dem Morton’schen Falle vorhanden waren; noch im ersten Jahre ver- schwanden diese Zeichnungen, und das Thier wurde Schimmel wie der Vater.“ Auch Versuche mit der Absicht, die Telegonie zu er- weisen, sind bereits angestellt worden, wie ich aus einer Anmerkung bei Settegast p. 226 ersehe. Ein Herr Lang in Stuttgart hat zwanzig Jahre hindurch mit Hunden Ver- suche angestellt, die ihm aber „auch nicht eine Thatsache lieferten, welche der Infections-Theorie Vorschub zu leisten geeignet gewesen wären“. Natürlich beweisen hier negative Erfolge nichts, und die Entscheidung muss durch neue Ver- suche angestrebt werden, da aber positive Ergebnisse von Versuchen bis jetzt nicht vorliegen, und da grade die com- petentesten Beurtheiler, die wissenschaftlich gebildeten unter den Thierzüchtern, wie Settegast, Nathusius und der kürzlich verstorbene Leiter der preussischen landwirthschaft- lichen Versuchsstation zu Halle, Professor Kühn, trotz sehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_naturzuechtung_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_naturzuechtung_1893/102
Zitationshilfe: Weismann, August: Die Allmacht der Naturzüchtung. Eine Erwiderung an Herbert Spencer. Jena, 1893, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_naturzuechtung_1893/102>, abgerufen am 27.04.2024.