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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

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überblickt, der ist immer wieder von Neuem überrascht von
der wunderbaren Plasticität der Arten. Man hat den Eindruck,
als könne jede, auch noch so unerwartete Abänderung von einer
Art hervorgebracht werden, sobald sie nur der Art von Nutzen
sein kann. Denkt man allein an die Nachahmungen von Pflanzen
und Pflanzentheilen durch Thiere in Farbe, Gestalt und Zeichnung,
oder an die andrer Thiere, so möchte man glauben, dass jeder
Theil eines Thieres je nach Bedürfniss in diese oder jene Form ge-
bracht, in beliebiger Weise gefärbt und gezeichnet werden könnte.

Gewiss ist dies nicht wörtlich zu nehmen; nicht Alles ist
möglich, aber doch so Vieles, dass man diese unzähligen An-
passungen unmöglich auf seltene, zufällig einmal vor-
kommende
Variationen beziehen kann. Die nöthigen Varia-
tionen
, aus denen Selection ihre Umwandlungen zusammen-
setzt, müssen immer, und an vielen Individuen wieder
und wieder sich darbieten
.

Ein solches immer fluctuirendes Material primärer Varia-
tionen geht aber aus der hier vorgetragenen Theorie von selbst
hervor. Es muss darnach ein jeder Theil einer Art, jede
"Determinate", im Laufe der Generationen jede überhaupt
mögliche Variante darbieten, immer wieder in andern Individuen,
und bald durch eine grössere, bald durch eine kleinere Majo-
rität von abgeänderten Iden gestützt. Da absolut gleiche Er-
nährung der homologen Determinanten weder in den verschie-
denen Individuen, noch in den verschiedenen Iden desselben
Keimplasma's überhaupt denkbar ist, und da jede noch so kleine
Variation einer Determinante nicht von selbst, und auch nicht
mit ihrem Träger, dem Individuum wieder verschwindet, sondern
direkt in das Keimplasma der nächsten Generation übergeht,
so kann es nie an Variationen jeder Determinante fehlen, und
das geforderte Material an allen möglichen Variationen aller
Theile erscheint theoretisch begründet.

überblickt, der ist immer wieder von Neuem überrascht von
der wunderbaren Plasticität der Arten. Man hat den Eindruck,
als könne jede, auch noch so unerwartete Abänderung von einer
Art hervorgebracht werden, sobald sie nur der Art von Nutzen
sein kann. Denkt man allein an die Nachahmungen von Pflanzen
und Pflanzentheilen durch Thiere in Farbe, Gestalt und Zeichnung,
oder an die andrer Thiere, so möchte man glauben, dass jeder
Theil eines Thieres je nach Bedürfniss in diese oder jene Form ge-
bracht, in beliebiger Weise gefärbt und gezeichnet werden könnte.

Gewiss ist dies nicht wörtlich zu nehmen; nicht Alles ist
möglich, aber doch so Vieles, dass man diese unzähligen An-
passungen unmöglich auf seltene, zufällig einmal vor-
kommende
Variationen beziehen kann. Die nöthigen Varia-
tionen
, aus denen Selection ihre Umwandlungen zusammen-
setzt, müssen immer, und an vielen Individuen wieder
und wieder sich darbieten
.

Ein solches immer fluctuirendes Material primärer Varia-
tionen geht aber aus der hier vorgetragenen Theorie von selbst
hervor. Es muss darnach ein jeder Theil einer Art, jede
„Determinate“, im Laufe der Generationen jede überhaupt
mögliche Variante darbieten, immer wieder in andern Individuen,
und bald durch eine grössere, bald durch eine kleinere Majo-
rität von abgeänderten Iden gestützt. Da absolut gleiche Er-
nährung der homologen Determinanten weder in den verschie-
denen Individuen, noch in den verschiedenen Iden desselben
Keimplasma’s überhaupt denkbar ist, und da jede noch so kleine
Variation einer Determinante nicht von selbst, und auch nicht
mit ihrem Träger, dem Individuum wieder verschwindet, sondern
direkt in das Keimplasma der nächsten Generation übergeht,
so kann es nie an Variationen jeder Determinante fehlen, und
das geforderte Material an allen möglichen Variationen aller
Theile erscheint theoretisch begründet.

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[568/0592] überblickt, der ist immer wieder von Neuem überrascht von der wunderbaren Plasticität der Arten. Man hat den Eindruck, als könne jede, auch noch so unerwartete Abänderung von einer Art hervorgebracht werden, sobald sie nur der Art von Nutzen sein kann. Denkt man allein an die Nachahmungen von Pflanzen und Pflanzentheilen durch Thiere in Farbe, Gestalt und Zeichnung, oder an die andrer Thiere, so möchte man glauben, dass jeder Theil eines Thieres je nach Bedürfniss in diese oder jene Form ge- bracht, in beliebiger Weise gefärbt und gezeichnet werden könnte. Gewiss ist dies nicht wörtlich zu nehmen; nicht Alles ist möglich, aber doch so Vieles, dass man diese unzähligen An- passungen unmöglich auf seltene, zufällig einmal vor- kommende Variationen beziehen kann. Die nöthigen Varia- tionen, aus denen Selection ihre Umwandlungen zusammen- setzt, müssen immer, und an vielen Individuen wieder und wieder sich darbieten. Ein solches immer fluctuirendes Material primärer Varia- tionen geht aber aus der hier vorgetragenen Theorie von selbst hervor. Es muss darnach ein jeder Theil einer Art, jede „Determinate“, im Laufe der Generationen jede überhaupt mögliche Variante darbieten, immer wieder in andern Individuen, und bald durch eine grössere, bald durch eine kleinere Majo- rität von abgeänderten Iden gestützt. Da absolut gleiche Er- nährung der homologen Determinanten weder in den verschie- denen Individuen, noch in den verschiedenen Iden desselben Keimplasma’s überhaupt denkbar ist, und da jede noch so kleine Variation einer Determinante nicht von selbst, und auch nicht mit ihrem Träger, dem Individuum wieder verschwindet, sondern direkt in das Keimplasma der nächsten Generation übergeht, so kann es nie an Variationen jeder Determinante fehlen, und das geforderte Material an allen möglichen Variationen aller Theile erscheint theoretisch begründet.

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Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/592>, abgerufen am 26.11.2024.