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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

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möglich sein, durch Versuche diesen Moment genauer fest-
zustellen.

Man hat vielleicht erwartet, ich würde in diesem Abschnitt
auf die ganze, in den letzten Jahren so vielfach umstrittene
Frage von der Möglichkeit einer Vererbung erworbener Ab-
änderungen in der Weise eingehen, dass ich alle die Thatsachen
und Argumente, die zu Gunsten einer solchen vorgebracht
worden sind, einer Besprechung unterzöge. Allein -- wie oben
schon gesagt wurde -- eine Theorie der Vererbung scheint mir
dazu nicht der geeignete Platz zu sein. Eine solche hat nur
zu zeigen, ob eine derartige Form der Vererbung vom theore-
tischen Standpunkt aus möglich ist oder nicht, und weiter etwa
noch zu untersuchen, ob in lezterem Falle vielleicht doch der
Schein einer solchen Vererbung unter Umständen hervorgerufen
werden kann, und dafür die theoretische Erklärung zu geben.
Dass es bequemer ist, die Umwandlung der Arten mit Zuziehung
des Lamarck'schen Princips zu erklären, habe ich von jeher
hervorgehoben, glaube aber, dass dies kein Grund ist, eine
theoretisch unannehmbare Hypothese beizubehalten, solange
nicht bewiesen wird, dass es keinen andern Weg giebt, die
Thatsachen zu erklären. Bis jetzt aber sind die Gegner noch
weit davon entfernt, diesen Beweis geliefert zu haben.

Vielleicht wird die hier beigebrachte Aufklärung über die
Ursachen der klimatischen Varietäten der Schmetterlinge im
Stande sein, manche meiner bisherigen Gegner zu überzeugen,
dass es sich hier nicht um blinde Principien-Reiterei, sondern
um inductive Forschung handelt. Besonders in Amerika hat
der Satz von der Nichtvererbung erworbener Abänderungen
starken Widerspruch hervorgerufen und zwar hauptsächlich bei
den Paläontologen. Es ist auch nicht zu verkennen, dass gewisse
Thatsachen der Paläontologie, wie die Entwickelung der Huf-
thiere in Bezug auf Füsse und Zähne, sehr schöne und ununter-

möglich sein, durch Versuche diesen Moment genauer fest-
zustellen.

Man hat vielleicht erwartet, ich würde in diesem Abschnitt
auf die ganze, in den letzten Jahren so vielfach umstrittene
Frage von der Möglichkeit einer Vererbung erworbener Ab-
änderungen in der Weise eingehen, dass ich alle die Thatsachen
und Argumente, die zu Gunsten einer solchen vorgebracht
worden sind, einer Besprechung unterzöge. Allein — wie oben
schon gesagt wurde — eine Theorie der Vererbung scheint mir
dazu nicht der geeignete Platz zu sein. Eine solche hat nur
zu zeigen, ob eine derartige Form der Vererbung vom theore-
tischen Standpunkt aus möglich ist oder nicht, und weiter etwa
noch zu untersuchen, ob in lezterem Falle vielleicht doch der
Schein einer solchen Vererbung unter Umständen hervorgerufen
werden kann, und dafür die theoretische Erklärung zu geben.
Dass es bequemer ist, die Umwandlung der Arten mit Zuziehung
des Lamarck’schen Princips zu erklären, habe ich von jeher
hervorgehoben, glaube aber, dass dies kein Grund ist, eine
theoretisch unannehmbare Hypothese beizubehalten, solange
nicht bewiesen wird, dass es keinen andern Weg giebt, die
Thatsachen zu erklären. Bis jetzt aber sind die Gegner noch
weit davon entfernt, diesen Beweis geliefert zu haben.

Vielleicht wird die hier beigebrachte Aufklärung über die
Ursachen der klimatischen Varietäten der Schmetterlinge im
Stande sein, manche meiner bisherigen Gegner zu überzeugen,
dass es sich hier nicht um blinde Principien-Reiterei, sondern
um inductive Forschung handelt. Besonders in Amerika hat
der Satz von der Nichtvererbung erworbener Abänderungen
starken Widerspruch hervorgerufen und zwar hauptsächlich bei
den Paläontologen. Es ist auch nicht zu verkennen, dass gewisse
Thatsachen der Paläontologie, wie die Entwickelung der Huf-
thiere in Bezug auf Füsse und Zähne, sehr schöne und ununter-

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[535/0559] möglich sein, durch Versuche diesen Moment genauer fest- zustellen. Man hat vielleicht erwartet, ich würde in diesem Abschnitt auf die ganze, in den letzten Jahren so vielfach umstrittene Frage von der Möglichkeit einer Vererbung erworbener Ab- änderungen in der Weise eingehen, dass ich alle die Thatsachen und Argumente, die zu Gunsten einer solchen vorgebracht worden sind, einer Besprechung unterzöge. Allein — wie oben schon gesagt wurde — eine Theorie der Vererbung scheint mir dazu nicht der geeignete Platz zu sein. Eine solche hat nur zu zeigen, ob eine derartige Form der Vererbung vom theore- tischen Standpunkt aus möglich ist oder nicht, und weiter etwa noch zu untersuchen, ob in lezterem Falle vielleicht doch der Schein einer solchen Vererbung unter Umständen hervorgerufen werden kann, und dafür die theoretische Erklärung zu geben. Dass es bequemer ist, die Umwandlung der Arten mit Zuziehung des Lamarck’schen Princips zu erklären, habe ich von jeher hervorgehoben, glaube aber, dass dies kein Grund ist, eine theoretisch unannehmbare Hypothese beizubehalten, solange nicht bewiesen wird, dass es keinen andern Weg giebt, die Thatsachen zu erklären. Bis jetzt aber sind die Gegner noch weit davon entfernt, diesen Beweis geliefert zu haben. Vielleicht wird die hier beigebrachte Aufklärung über die Ursachen der klimatischen Varietäten der Schmetterlinge im Stande sein, manche meiner bisherigen Gegner zu überzeugen, dass es sich hier nicht um blinde Principien-Reiterei, sondern um inductive Forschung handelt. Besonders in Amerika hat der Satz von der Nichtvererbung erworbener Abänderungen starken Widerspruch hervorgerufen und zwar hauptsächlich bei den Paläontologen. Es ist auch nicht zu verkennen, dass gewisse Thatsachen der Paläontologie, wie die Entwickelung der Huf- thiere in Bezug auf Füsse und Zähne, sehr schöne und ununter-

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Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/559>, abgerufen am 22.11.2024.