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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

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derart, dass hier in der Scheitelzelle des ersten Sprosses die
Idanten beider Arten sich vereinigten, dass aber später bei den
Theilungen der Zellen häufig ungleiche Vertheilung der beiderlei
Eltern-Idanten auf die Tochterkerne eintrat, und dadurch die
Schwankungen in der Mischung der Charaktere hervorgerufen
wurden.

Solche ungleiche Vertheilung der ohnehin zu zahlreichen
Idanten wird auch in den Scheitelzellen selbst zeitweise statt-
finden können, und damit mag es zusammenhängen, dass oft
vollständiger Rückschlag eines ganzen Astes auf die eine Stamm-
art eintritt, damit auch, dass im Laufe der Zeit eine Veränderung
in vielen Exemplaren des Bastards eingetreten ist, dahin zielend,
die elterlichen Charaktere mehr und mehr getrennt hervor-
treten zu lassen. Kurz nach der Entstehung des Bastards waren
alle Blüthen schmutzigroth, d. h. eng gemischt aus den beiden
Stammfarben Gelb und Purpur, nach und nach sind aber immer
häufiger gröbere Mischungen der beiderlei Merkmale eingetreten
bis zur Ausbildung rein gelber und rein purpurner Blüthen, ja
sogar ganzer Blüthentrauben und ganzer Zweige von nahezu
reinem Charakter der einen Elternart. Dies wird kaum anders
zu verstehen sein, als dass hier die Verbindung der beiderlei
Idioplasmen sich leicht wieder löst, dass ungleiche Kerntheilungen
in dem Sinne eintreten, dass zahlreichere Purpureus-Idanten in
den einen Tochterkern übergehen, zahlreichere Labürnum-Idanten
in den andern, oder dass wenigstens der eine oder andere Idant
ganz in den einen Tochterkern übergeht, anstatt sich längs
zu spalten und mit je einer Spalthälfte zu je einem Tochter-
kern zu stossen. Das ist freilich zunächst nur Vermuthung,
aber wohl keine ganz ungerechtfertigte, da der Theilungsapparat
jeder der beiden Arten doch auf eine geringere Anzahl von
Idanten berechnet ist, als nach der Fusion zweier Kerne vor-
handen sein müssen; Unordnung bei der Theilung dürfte daher

Weismann, Das Keimplasma. 29

derart, dass hier in der Scheitelzelle des ersten Sprosses die
Idanten beider Arten sich vereinigten, dass aber später bei den
Theilungen der Zellen häufig ungleiche Vertheilung der beiderlei
Eltern-Idanten auf die Tochterkerne eintrat, und dadurch die
Schwankungen in der Mischung der Charaktere hervorgerufen
wurden.

Solche ungleiche Vertheilung der ohnehin zu zahlreichen
Idanten wird auch in den Scheitelzellen selbst zeitweise statt-
finden können, und damit mag es zusammenhängen, dass oft
vollständiger Rückschlag eines ganzen Astes auf die eine Stamm-
art eintritt, damit auch, dass im Laufe der Zeit eine Veränderung
in vielen Exemplaren des Bastards eingetreten ist, dahin zielend,
die elterlichen Charaktere mehr und mehr getrennt hervor-
treten zu lassen. Kurz nach der Entstehung des Bastards waren
alle Blüthen schmutzigroth, d. h. eng gemischt aus den beiden
Stammfarben Gelb und Purpur, nach und nach sind aber immer
häufiger gröbere Mischungen der beiderlei Merkmale eingetreten
bis zur Ausbildung rein gelber und rein purpurner Blüthen, ja
sogar ganzer Blüthentrauben und ganzer Zweige von nahezu
reinem Charakter der einen Elternart. Dies wird kaum anders
zu verstehen sein, als dass hier die Verbindung der beiderlei
Idioplasmen sich leicht wieder löst, dass ungleiche Kerntheilungen
in dem Sinne eintreten, dass zahlreichere Purpureus-Idanten in
den einen Tochterkern übergehen, zahlreichere Labürnum-Idanten
in den andern, oder dass wenigstens der eine oder andere Idant
ganz in den einen Tochterkern übergeht, anstatt sich längs
zu spalten und mit je einer Spalthälfte zu je einem Tochter-
kern zu stossen. Das ist freilich zunächst nur Vermuthung,
aber wohl keine ganz ungerechtfertigte, da der Theilungsapparat
jeder der beiden Arten doch auf eine geringere Anzahl von
Idanten berechnet ist, als nach der Fusion zweier Kerne vor-
handen sein müssen; Unordnung bei der Theilung dürfte daher

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[449/0473] derart, dass hier in der Scheitelzelle des ersten Sprosses die Idanten beider Arten sich vereinigten, dass aber später bei den Theilungen der Zellen häufig ungleiche Vertheilung der beiderlei Eltern-Idanten auf die Tochterkerne eintrat, und dadurch die Schwankungen in der Mischung der Charaktere hervorgerufen wurden. Solche ungleiche Vertheilung der ohnehin zu zahlreichen Idanten wird auch in den Scheitelzellen selbst zeitweise statt- finden können, und damit mag es zusammenhängen, dass oft vollständiger Rückschlag eines ganzen Astes auf die eine Stamm- art eintritt, damit auch, dass im Laufe der Zeit eine Veränderung in vielen Exemplaren des Bastards eingetreten ist, dahin zielend, die elterlichen Charaktere mehr und mehr getrennt hervor- treten zu lassen. Kurz nach der Entstehung des Bastards waren alle Blüthen schmutzigroth, d. h. eng gemischt aus den beiden Stammfarben Gelb und Purpur, nach und nach sind aber immer häufiger gröbere Mischungen der beiderlei Merkmale eingetreten bis zur Ausbildung rein gelber und rein purpurner Blüthen, ja sogar ganzer Blüthentrauben und ganzer Zweige von nahezu reinem Charakter der einen Elternart. Dies wird kaum anders zu verstehen sein, als dass hier die Verbindung der beiderlei Idioplasmen sich leicht wieder löst, dass ungleiche Kerntheilungen in dem Sinne eintreten, dass zahlreichere Purpureus-Idanten in den einen Tochterkern übergehen, zahlreichere Labürnum-Idanten in den andern, oder dass wenigstens der eine oder andere Idant ganz in den einen Tochterkern übergeht, anstatt sich längs zu spalten und mit je einer Spalthälfte zu je einem Tochter- kern zu stossen. Das ist freilich zunächst nur Vermuthung, aber wohl keine ganz ungerechtfertigte, da der Theilungsapparat jeder der beiden Arten doch auf eine geringere Anzahl von Idanten berechnet ist, als nach der Fusion zweier Kerne vor- handen sein müssen; Unordnung bei der Theilung dürfte daher Weismann, Das Keimplasma. 29

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Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/473>, abgerufen am 22.11.2024.