violette oder bläuliche Färbung der Staubbeutel und durch vollständige Unfruchtbarkeit" (Focke, p. 289).
Weitere Beispiele finden sich bei Focke, p. 474, angeführt, wo es heisst: "In manchen Fällen ist der Mischling einer der Stammformen so ähnlich, dass er für eine leichte Abänderung derselben gehalten werden könnte." "So ist Dianthus armeria x deltoides dem Dianthus deltoides, Dianthus caryophyllus x chi- nensis dem D. caryophyllus, Melandryum rubrum x noctiflorum dem M. rubrum, Verbascum blattaria x nigrum dem V. nigrum, Digitalis purpurea x lutea der D. lutea viel ähnlicher als der zweiten Stammart."
Diese Fälle scheinen mir besonders wichtig wegen der Rückschlüsse, die sie auf die ganz ähnlichen Vorkommnisse bei der individuellen Vererbung des Menschen erlauben. Die idioplasmatische Erklärung dieser "scheinbar einelterlichen" (pseudo-monogonen) Vererbung, wie ich sie nennen will, würde bei den Pflanzenmischlingen etwa folgendermassen zu geben sein.
Das Vorwiegen des einen Elters, z. B. der Mutter, würde auf einer grösseren Zahl der Idanten und Ide der be- treffenden Art beruhen können. Besässe z. B. Digitalis lutea 32 Idanten, D. purpurea nur 16 bei gleicher Idziffer des ein- zelnen Idanten, so würden, auch bei gleicher bestimmender Kraft der Ide, doch die Ide der D. lutea in jeder Zelle der ganzen Ontogenese den Sieg davon tragen, d. h. den betreffenden Zellen den Lutea-Stempel stärker aufdrücken, als die Purpurea- Ide ihnen den ihrigen aufprägen könnten. Man wird einwerfen, dass die Zelle deshalb doch nicht reine Lutea-Zelle werden könne, dass eine Mittelform entstehen müsse, wenn auch eine solche, die stärker der Lutea-Zelle gliche. Darüber aber, in wie weit "Mittelformen" einzelner Zellen im einzelnen Falle möglich sind, können wir nicht urtheilen, und der Ausdruck der "Resultante" ist den unbekannten Kräften der Biophoren
violette oder bläuliche Färbung der Staubbeutel und durch vollständige Unfruchtbarkeit“ (Focke, p. 289).
Weitere Beispiele finden sich bei Focke, p. 474, angeführt, wo es heisst: „In manchen Fällen ist der Mischling einer der Stammformen so ähnlich, dass er für eine leichte Abänderung derselben gehalten werden könnte.“ „So ist Dianthus armeria × deltoides dem Dianthus deltoides, Dianthus caryophyllus × chi- nensis dem D. caryophyllus, Melandryum rubrum × noctiflorum dem M. rubrum, Verbascum blattaria × nigrum dem V. nigrum, Digitalis purpurea × lutea der D. lutea viel ähnlicher als der zweiten Stammart.“
Diese Fälle scheinen mir besonders wichtig wegen der Rückschlüsse, die sie auf die ganz ähnlichen Vorkommnisse bei der individuellen Vererbung des Menschen erlauben. Die idioplasmatische Erklärung dieser „scheinbar einelterlichen“ (pseudo-monogonen) Vererbung, wie ich sie nennen will, würde bei den Pflanzenmischlingen etwa folgendermassen zu geben sein.
Das Vorwiegen des einen Elters, z. B. der Mutter, würde auf einer grösseren Zahl der Idanten und Ide der be- treffenden Art beruhen können. Besässe z. B. Digitalis lutea 32 Idanten, D. purpurea nur 16 bei gleicher Idziffer des ein- zelnen Idanten, so würden, auch bei gleicher bestimmender Kraft der Ide, doch die Ide der D. lutea in jeder Zelle der ganzen Ontogenese den Sieg davon tragen, d. h. den betreffenden Zellen den Lutea-Stempel stärker aufdrücken, als die Purpurea- Ide ihnen den ihrigen aufprägen könnten. Man wird einwerfen, dass die Zelle deshalb doch nicht reine Lutea-Zelle werden könne, dass eine Mittelform entstehen müsse, wenn auch eine solche, die stärker der Lutea-Zelle gliche. Darüber aber, in wie weit „Mittelformen“ einzelner Zellen im einzelnen Falle möglich sind, können wir nicht urtheilen, und der Ausdruck der „Resultante“ ist den unbekannten Kräften der Biophoren
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[351/0375]
violette oder bläuliche Färbung der Staubbeutel und durch
vollständige Unfruchtbarkeit“ (Focke, p. 289).
Weitere Beispiele finden sich bei Focke, p. 474, angeführt,
wo es heisst: „In manchen Fällen ist der Mischling einer der
Stammformen so ähnlich, dass er für eine leichte Abänderung
derselben gehalten werden könnte.“ „So ist Dianthus armeria ×
deltoides dem Dianthus deltoides, Dianthus caryophyllus × chi-
nensis dem D. caryophyllus, Melandryum rubrum × noctiflorum
dem M. rubrum, Verbascum blattaria × nigrum dem V. nigrum,
Digitalis purpurea × lutea der D. lutea viel ähnlicher als der
zweiten Stammart.“
Diese Fälle scheinen mir besonders wichtig wegen der
Rückschlüsse, die sie auf die ganz ähnlichen Vorkommnisse bei
der individuellen Vererbung des Menschen erlauben. Die
idioplasmatische Erklärung dieser „scheinbar einelterlichen“
(pseudo-monogonen) Vererbung, wie ich sie nennen will, würde
bei den Pflanzenmischlingen etwa folgendermassen zu geben sein.
Das Vorwiegen des einen Elters, z. B. der Mutter, würde
auf einer grösseren Zahl der Idanten und Ide der be-
treffenden Art beruhen können. Besässe z. B. Digitalis lutea
32 Idanten, D. purpurea nur 16 bei gleicher Idziffer des ein-
zelnen Idanten, so würden, auch bei gleicher bestimmender
Kraft der Ide, doch die Ide der D. lutea in jeder Zelle der
ganzen Ontogenese den Sieg davon tragen, d. h. den betreffenden
Zellen den Lutea-Stempel stärker aufdrücken, als die Purpurea-
Ide ihnen den ihrigen aufprägen könnten. Man wird einwerfen,
dass die Zelle deshalb doch nicht reine Lutea-Zelle werden
könne, dass eine Mittelform entstehen müsse, wenn auch eine
solche, die stärker der Lutea-Zelle gliche. Darüber aber, in
wie weit „Mittelformen“ einzelner Zellen im einzelnen Falle
möglich sind, können wir nicht urtheilen, und der Ausdruck
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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/375>, abgerufen am 25.11.2024.
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