Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite

welche Weise diese für eine bestimmte Zelle charakteristischen
Biophoren gerade in dem erforderlichen Verhältniss in die be-
treffende Zelle gelangen. Es geschieht dies dadurch, dass sie
in einer "Determinante" zusammengehalten werden, die schon
im Keimplasma als solche vorhanden war und nun durch die
ontogenetische Zerlegung desselben an die richtige Stelle des
Körpers mechanisch geschoben wurde. Damit aber diese Deter-
minante die Zelle wirklich bestimmen könne, muss sie sich
nun in ihre Biophoren zerlegen
. Dies ist eine unvermeid-
liche Consequenz aus der von uns angenommenen Art, wie die
Bestimmung der Zelle erfolgt. Wir müssen annehmen, dass
die Determinanten sich nach und nach in ihre Biophoren auf-
lösen, wenn sie an ihrem Bestimmungsort angelangt sind. Die
Annahme lässt zugleich eine Erklärung des sonst räthselhaften
Verhältnisses zu, dass die übrigen Determinanten, welche in
jedem Id mit Ausnahme der letzten Entwickelungsstufen ent-
halten sind, keinen Einfluss auf die Zelle ausüben. Da jede
Determinante aus vielen Biophoren besteht, so muss sie erheb-
lich grösser sein, als ein Biophor, und man könnte sich denken,
dass sie durch die sehr klein anzunehmenden Poren der Kern-
membran nicht hindurchzutreten vermöchte, die eben auf den
Durchtritt der Biophoren eingerichtet sind.

Dass nun jede Determinante sich erst dann in ihre Bio-
phoren auflöst, wenn sie in die Zelle gelangt ist, welche sie
zu bestimmen hat, muss seinen Grund in dem inneren Bau der-
selben haben, ohne dass wir aber Genaueres darüber anzugeben
vermöchten. Wie die eine Frucht eines Obstbaumes rascher
reift, als die andere, auch wenn die gleichen äusseren Einflüsse
auf sie einwirken, so wird auch die eine Art von Determinanten
früher zur Reife kommen, als die andere, wenn auch die gleiche
Ernährung beiden zu Theil wird. Übrigens darf dabei nicht
übersehen werden, dass eine verschiedene Reifungsdauer der

welche Weise diese für eine bestimmte Zelle charakteristischen
Biophoren gerade in dem erforderlichen Verhältniss in die be-
treffende Zelle gelangen. Es geschieht dies dadurch, dass sie
in einer „Determinante“ zusammengehalten werden, die schon
im Keimplasma als solche vorhanden war und nun durch die
ontogenetische Zerlegung desselben an die richtige Stelle des
Körpers mechanisch geschoben wurde. Damit aber diese Deter-
minante die Zelle wirklich bestimmen könne, muss sie sich
nun in ihre Biophoren zerlegen
. Dies ist eine unvermeid-
liche Consequenz aus der von uns angenommenen Art, wie die
Bestimmung der Zelle erfolgt. Wir müssen annehmen, dass
die Determinanten sich nach und nach in ihre Biophoren auf-
lösen, wenn sie an ihrem Bestimmungsort angelangt sind. Die
Annahme lässt zugleich eine Erklärung des sonst räthselhaften
Verhältnisses zu, dass die übrigen Determinanten, welche in
jedem Id mit Ausnahme der letzten Entwickelungsstufen ent-
halten sind, keinen Einfluss auf die Zelle ausüben. Da jede
Determinante aus vielen Biophoren besteht, so muss sie erheb-
lich grösser sein, als ein Biophor, und man könnte sich denken,
dass sie durch die sehr klein anzunehmenden Poren der Kern-
membran nicht hindurchzutreten vermöchte, die eben auf den
Durchtritt der Biophoren eingerichtet sind.

Dass nun jede Determinante sich erst dann in ihre Bio-
phoren auflöst, wenn sie in die Zelle gelangt ist, welche sie
zu bestimmen hat, muss seinen Grund in dem inneren Bau der-
selben haben, ohne dass wir aber Genaueres darüber anzugeben
vermöchten. Wie die eine Frucht eines Obstbaumes rascher
reift, als die andere, auch wenn die gleichen äusseren Einflüsse
auf sie einwirken, so wird auch die eine Art von Determinanten
früher zur Reife kommen, als die andere, wenn auch die gleiche
Ernährung beiden zu Theil wird. Übrigens darf dabei nicht
übersehen werden, dass eine verschiedene Reifungsdauer der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0118" n="94"/>
welche Weise diese für eine bestimmte Zelle charakteristischen<lb/>
Biophoren gerade in dem erforderlichen Verhältniss in die be-<lb/>
treffende Zelle gelangen. Es geschieht dies dadurch, dass sie<lb/>
in einer &#x201E;<hi rendition="#g">Determinante</hi>&#x201C; zusammengehalten werden, die schon<lb/>
im Keimplasma als solche vorhanden war und nun durch die<lb/>
ontogenetische Zerlegung desselben an die richtige Stelle des<lb/>
Körpers mechanisch geschoben wurde. Damit aber diese Deter-<lb/>
minante die Zelle wirklich bestimmen könne, <hi rendition="#g">muss sie sich<lb/>
nun in ihre Biophoren zerlegen</hi>. Dies ist eine unvermeid-<lb/>
liche Consequenz aus der von uns angenommenen Art, wie die<lb/>
Bestimmung der Zelle erfolgt. Wir müssen annehmen, dass<lb/>
die Determinanten sich nach und nach in ihre Biophoren auf-<lb/>
lösen, wenn sie an ihrem Bestimmungsort angelangt sind. Die<lb/>
Annahme lässt zugleich eine Erklärung des sonst räthselhaften<lb/>
Verhältnisses zu, dass die übrigen Determinanten, welche in<lb/>
jedem Id mit Ausnahme der letzten Entwickelungsstufen ent-<lb/>
halten sind, keinen Einfluss auf die Zelle ausüben. Da jede<lb/>
Determinante aus vielen Biophoren besteht, so muss sie erheb-<lb/>
lich grösser sein, als ein Biophor, und man könnte sich denken,<lb/>
dass sie durch die sehr klein anzunehmenden Poren der Kern-<lb/>
membran nicht hindurchzutreten vermöchte, die eben auf den<lb/>
Durchtritt der Biophoren eingerichtet sind.</p><lb/>
            <p>Dass nun jede Determinante sich erst dann in ihre Bio-<lb/>
phoren auflöst, wenn sie in die Zelle gelangt ist, welche sie<lb/>
zu bestimmen hat, muss seinen Grund in dem inneren Bau der-<lb/>
selben haben, ohne dass wir aber Genaueres darüber anzugeben<lb/>
vermöchten. Wie die <hi rendition="#g">eine</hi> Frucht eines Obstbaumes rascher<lb/>
reift, als die andere, auch wenn die gleichen äusseren Einflüsse<lb/>
auf sie einwirken, so wird auch die <hi rendition="#g">eine</hi> Art von Determinanten<lb/>
früher zur Reife kommen, als die andere, wenn auch die gleiche<lb/>
Ernährung beiden zu Theil wird. Übrigens darf dabei nicht<lb/>
übersehen werden, dass eine verschiedene Reifungsdauer der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0118] welche Weise diese für eine bestimmte Zelle charakteristischen Biophoren gerade in dem erforderlichen Verhältniss in die be- treffende Zelle gelangen. Es geschieht dies dadurch, dass sie in einer „Determinante“ zusammengehalten werden, die schon im Keimplasma als solche vorhanden war und nun durch die ontogenetische Zerlegung desselben an die richtige Stelle des Körpers mechanisch geschoben wurde. Damit aber diese Deter- minante die Zelle wirklich bestimmen könne, muss sie sich nun in ihre Biophoren zerlegen. Dies ist eine unvermeid- liche Consequenz aus der von uns angenommenen Art, wie die Bestimmung der Zelle erfolgt. Wir müssen annehmen, dass die Determinanten sich nach und nach in ihre Biophoren auf- lösen, wenn sie an ihrem Bestimmungsort angelangt sind. Die Annahme lässt zugleich eine Erklärung des sonst räthselhaften Verhältnisses zu, dass die übrigen Determinanten, welche in jedem Id mit Ausnahme der letzten Entwickelungsstufen ent- halten sind, keinen Einfluss auf die Zelle ausüben. Da jede Determinante aus vielen Biophoren besteht, so muss sie erheb- lich grösser sein, als ein Biophor, und man könnte sich denken, dass sie durch die sehr klein anzunehmenden Poren der Kern- membran nicht hindurchzutreten vermöchte, die eben auf den Durchtritt der Biophoren eingerichtet sind. Dass nun jede Determinante sich erst dann in ihre Bio- phoren auflöst, wenn sie in die Zelle gelangt ist, welche sie zu bestimmen hat, muss seinen Grund in dem inneren Bau der- selben haben, ohne dass wir aber Genaueres darüber anzugeben vermöchten. Wie die eine Frucht eines Obstbaumes rascher reift, als die andere, auch wenn die gleichen äusseren Einflüsse auf sie einwirken, so wird auch die eine Art von Determinanten früher zur Reife kommen, als die andere, wenn auch die gleiche Ernährung beiden zu Theil wird. Übrigens darf dabei nicht übersehen werden, dass eine verschiedene Reifungsdauer der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/118
Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/118>, abgerufen am 06.05.2024.