Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683.MASANIELLO. Rod. Gedencket doch an solche Sachen nicht/ welche durch die allgemeine Amnestie völlig abge- than sind. Saget vielmehr/ worin unser Rath euch nunmehr könte dienlich seyn. Arp. Wir haben einen Fischer-Knecht zu un- ferm Oberhaupt annehmen müssen/ und nun sehen wir/ daß ein rasender Mensch die Freyheit hat/ die gantze Stadt zu verwüsten. Form. Ich muß mich desto mehr schämen/ weil ich sein Schwager bin: Allein so nahe die Anver- wandschafft ist/ so weit bin ich allezeit von seiner itzigen Thorheit entfernet/ ach! euer Excellentz er- barme sich doch über diese gute Stadt/ und ver- schaffe so viel/ daß dem reissenden Thiere möchte Einhalt geschehen. Rod. Ihr guten Leute/ es hat mich niemand ge- fraget/ wie das reissende Thier loß gelassen ward: Warum soll ich nun das meiste dabey thun/ da euch das Thier zu Schaden herum läufft? Arp. Ein Vater sorget auch vor das Auffneh- men seiner Kinder/ wenn sie den Untergang ver- dient haben. Form. Und wer aus Unverstande sündiget/ dem wird nicht unbillich durch fremden Verstand ge- holffen. Rod. Worinn soll aber die Hülffe bestehen? Arp. Ihr Excellentz geben nur Befehl/ daß der rasende Mensch an Ketten geleget wird. Form. Wir begehren nicht/ daß er solte mit ei- niger O o 2
MASANIELLO. Rod. Gedencket doch an ſolche Sachen nicht/ welche durch die allgemeine Amneſtie voͤllig abge- than ſind. Saget vielmehr/ worin unſer Rath euch nunmehr koͤnte dienlich ſeyn. Arp. Wir haben einen Fiſcher-Knecht zu un- ferm Oberhaupt annehmen muͤſſen/ und nun ſehen wir/ daß ein raſender Menſch die Freyheit hat/ die gantze Stadt zu verwuͤſten. Form. Ich muß mich deſto mehr ſchaͤmen/ weil ich ſein Schwager bin: Allein ſo nahe die Anver- wandſchafft iſt/ ſo weit bin ich allezeit von ſeiner itzigen Thorheit entfernet/ ach! euer Excellentz er- barme ſich doch uͤber dieſe gute Stadt/ und ver- ſchaffe ſo viel/ daß dem reiſſenden Thiere moͤchte Einhalt geſchehen. Rod. Ihr guten Leute/ es hat mich niemand ge- fraget/ wie das reiſſende Thier loß gelaſſen ward: Warum ſoll ich nun das meiſte dabey thun/ da euch das Thier zu Schaden herum laͤufft? Arp. Ein Vater ſorget auch vor das Auffneh- men ſeiner Kinder/ wenn ſie den Untergang ver- dient haben. Form. Und wer aus Unverſtande ſuͤndiget/ dem wird nicht unbillich durch fremden Verſtand ge- holffen. Rod. Worinn ſoll aber die Huͤlffe beſtehen? Arp. Ihr Excellentz geben nur Befehl/ daß der raſende Menſch an Ketten geleget wird. Form. Wir begehren nicht/ daß er ſolte mit ei- niger O o 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0552" n="211"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">MASANIELLO.</hi> </hi> </hi> </fw><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Rod.</hi> </speaker> <p>Gedencket doch an ſolche Sachen nicht/<lb/> welche durch die allgemeine <hi rendition="#aq">Amneſtie</hi> voͤllig abge-<lb/> than ſind. Saget vielmehr/ worin unſer Rath euch<lb/> nunmehr koͤnte dienlich ſeyn.</p><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Arp.</hi> </speaker> <p>Wir haben einen Fiſcher-Knecht zu un-<lb/> ferm Oberhaupt annehmen muͤſſen/ und nun ſehen<lb/> wir/ daß ein raſender Menſch die Freyheit hat/ die<lb/> gantze Stadt zu verwuͤſten.</p><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Form.</hi> </speaker> <p>Ich muß mich deſto mehr ſchaͤmen/ weil<lb/> ich ſein Schwager bin: Allein ſo nahe die Anver-<lb/> wandſchafft iſt/ ſo weit bin ich allezeit von ſeiner<lb/> itzigen Thorheit entfernet/ ach! euer <hi rendition="#aq">Excellen</hi>tz er-<lb/> barme ſich doch uͤber dieſe gute Stadt/ und ver-<lb/> ſchaffe ſo viel/ daß dem reiſſenden Thiere moͤchte<lb/> Einhalt geſchehen.</p><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Rod.</hi> </speaker> <p>Ihr guten Leute/ es hat mich niemand ge-<lb/> fraget/ wie das reiſſende Thier loß gelaſſen ward:<lb/> Warum ſoll ich nun das meiſte dabey thun/ da<lb/> euch das Thier zu Schaden herum laͤufft?</p><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Arp.</hi> </speaker> <p>Ein Vater ſorget auch vor das Auffneh-<lb/> men ſeiner Kinder/ wenn ſie den Untergang ver-<lb/> dient haben.</p><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Form.</hi> </speaker> <p>Und wer aus Unverſtande ſuͤndiget/ dem<lb/> wird nicht unbillich durch fremden Verſtand ge-<lb/> holffen.</p><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Rod.</hi> </speaker> <p>Worinn ſoll aber die Huͤlffe beſtehen?</p><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Arp.</hi> </speaker> <p>Ihr <hi rendition="#aq">Excellen</hi>tz geben nur Befehl/ daß der<lb/> raſende Menſch an Ketten geleget wird.</p><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Form.</hi> </speaker> <p>Wir begehren nicht/ daß er ſolte mit ei-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">O o 2</fw><fw place="bottom" type="catch">niger</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [211/0552]
MASANIELLO.
Rod. Gedencket doch an ſolche Sachen nicht/
welche durch die allgemeine Amneſtie voͤllig abge-
than ſind. Saget vielmehr/ worin unſer Rath euch
nunmehr koͤnte dienlich ſeyn.
Arp. Wir haben einen Fiſcher-Knecht zu un-
ferm Oberhaupt annehmen muͤſſen/ und nun ſehen
wir/ daß ein raſender Menſch die Freyheit hat/ die
gantze Stadt zu verwuͤſten.
Form. Ich muß mich deſto mehr ſchaͤmen/ weil
ich ſein Schwager bin: Allein ſo nahe die Anver-
wandſchafft iſt/ ſo weit bin ich allezeit von ſeiner
itzigen Thorheit entfernet/ ach! euer Excellentz er-
barme ſich doch uͤber dieſe gute Stadt/ und ver-
ſchaffe ſo viel/ daß dem reiſſenden Thiere moͤchte
Einhalt geſchehen.
Rod. Ihr guten Leute/ es hat mich niemand ge-
fraget/ wie das reiſſende Thier loß gelaſſen ward:
Warum ſoll ich nun das meiſte dabey thun/ da
euch das Thier zu Schaden herum laͤufft?
Arp. Ein Vater ſorget auch vor das Auffneh-
men ſeiner Kinder/ wenn ſie den Untergang ver-
dient haben.
Form. Und wer aus Unverſtande ſuͤndiget/ dem
wird nicht unbillich durch fremden Verſtand ge-
holffen.
Rod. Worinn ſoll aber die Huͤlffe beſtehen?
Arp. Ihr Excellentz geben nur Befehl/ daß der
raſende Menſch an Ketten geleget wird.
Form. Wir begehren nicht/ daß er ſolte mit ei-
niger
O o 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/weise_theatrum_1683 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/weise_theatrum_1683/552 |
Zitationshilfe: | Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_theatrum_1683/552>, abgerufen am 28.07.2024. |