Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683.Heyrath. Han. Die Welt ist groß genung/ versteht sie/ was ich meine? Rah. Vielleicht sollen wir mit einander die Flucht nehmen? Ach GOtt ich fürchte - - Han. Aus zwey übeln muß man das geringste erwehlen/ ach sie erbarme sich über jhren beständi- gen Liebhaber/ und da er seinen Schmertz ohne diß nicht übersehen kan/ so komme sie jhm doch mit einem Trostreichen Jaworte entgegen/ und gebe nochmahls einige Gelegenheit auf gewisse Mittel zu dencken/ daß sie beyderseits zu jhrer Vergnü- gung gelangen mögen. Ach hat er in seiner Sie- benjährigen Hoffnung nicht so viel verdienet? Sol nun eine fremde Boßheit über zwey verliebte Per- sonen Macht haben/ daß sie nicht einmahl in Ge- dancken thun dürffen/ was sie wollen. Rah. Ach ich unglückselige/ wohin wend ich mich? Han. Zu jhren geliebtesten Jacob: Sie würde gewißlich schlechte Freude zugewarten haben/ wenn sie vernehmen würde/ wie er in der Flucht vor Angst und Jammer verschmachtet wäre. Wil sie lieber nach seinem Tode seinen Schatten zu jhren Be- gleiter haben/ oder wil sie dem lebendigen Cörper nochmahls eine Begierde zu leben einpflantzen? Rah. (Weinet.) Ach Jacob ich schwere dir/ mein Hertz hat sich dei- ner Redligkeit längst so weit verpflichtet/ daß ich oh-
Heyrath. Han. Die Welt iſt groß genung/ verſteht ſie/ was ich meine? Rah. Vielleicht ſollen wir mit einander die Flucht nehmen? Ach GOtt ich fuͤrchte - - Han. Aus zwey uͤbeln muß man das geringſte erwehlen/ ach ſie erbarme ſich uͤber jhren beſtaͤndi- gen Liebhaber/ und da er ſeinen Schmertz ohne diß nicht uͤberſehen kan/ ſo komme ſie jhm doch mit einem Troſtreichen Jaworte entgegen/ und gebe nochmahls einige Gelegenheit auf gewiſſe Mittel zu dencken/ daß ſie beyderſeits zu jhrer Vergnuͤ- gung gelangen moͤgen. Ach hat er in ſeiner Sie- benjaͤhrigen Hoffnung nicht ſo viel verdienet? Sol nun eine fremde Boßheit uͤber zwey verliebte Per- ſonen Macht haben/ daß ſie nicht einmahl in Ge- dancken thun duͤrffen/ was ſie wollen. Rah. Ach ich ungluͤckſelige/ wohin wend ich mich? Han. Zu jhren geliebteſten Jacob: Sie wuͤrde gewißlich ſchlechte Freude zugewarten haben/ wenn ſie vernehmen wuͤrde/ wie er in der Flucht vor Angſt und Jammer verſchmachtet waͤre. Wil ſie lieber nach ſeinem Tode ſeinen Schatten zu jhren Be- gleiter haben/ oder wil ſie dem lebendigen Coͤrper nochmahls eine Begierde zu leben einpflantzen? Rah. (Weinet.) Ach Jacob ich ſchwere dir/ mein Hertz hat ſich dei- ner Redligkeit laͤngſt ſo weit verpflichtet/ daß ich oh-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0176" n="155"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Heyrath.</hi> </fw><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Han.</hi> </speaker> <p>Die Welt iſt groß genung/ verſteht ſie/<lb/> was ich meine?</p><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Rah.</hi> </speaker> <p>Vielleicht ſollen wir mit einander die Flucht<lb/> nehmen? Ach GOtt ich fuͤrchte - -</p><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Han.</hi> </speaker> <p>Aus zwey uͤbeln muß man das geringſte<lb/> erwehlen/ ach ſie erbarme ſich uͤber jhren beſtaͤndi-<lb/> gen Liebhaber/ und da er ſeinen Schmertz ohne diß<lb/> nicht uͤberſehen kan/ ſo komme ſie jhm doch mit<lb/> einem Troſtreichen Jaworte entgegen/ und gebe<lb/> nochmahls einige Gelegenheit auf gewiſſe Mittel<lb/> zu dencken/ daß ſie beyderſeits zu jhrer Vergnuͤ-<lb/> gung gelangen moͤgen. Ach hat er in ſeiner Sie-<lb/> benjaͤhrigen Hoffnung nicht ſo viel verdienet? Sol<lb/> nun eine fremde Boßheit uͤber zwey verliebte Per-<lb/> ſonen Macht haben/ daß ſie nicht einmahl in Ge-<lb/> dancken thun duͤrffen/ was ſie wollen.</p><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Rah.</hi> </speaker> <p>Ach ich ungluͤckſelige/ wohin wend ich<lb/> mich?</p><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Han.</hi> </speaker> <p>Zu jhren geliebteſten Jacob: Sie wuͤrde<lb/> gewißlich ſchlechte Freude zugewarten haben/ wenn<lb/> ſie vernehmen wuͤrde/ wie er in der Flucht vor Angſt<lb/> und Jammer verſchmachtet waͤre. Wil ſie lieber<lb/> nach ſeinem Tode ſeinen Schatten zu jhren Be-<lb/> gleiter haben/ oder wil ſie dem lebendigen Coͤrper<lb/> nochmahls eine Begierde zu leben einpflantzen?</p><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Rah.</hi> </speaker> <stage> <hi rendition="#fr">(Weinet.)</hi> </stage><lb/> <p>Ach Jacob ich ſchwere dir/ mein Hertz hat ſich dei-<lb/> ner Redligkeit laͤngſt ſo weit verpflichtet/ daß ich<lb/> <fw place="bottom" type="catch">oh-</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [155/0176]
Heyrath.
Han. Die Welt iſt groß genung/ verſteht ſie/
was ich meine?
Rah. Vielleicht ſollen wir mit einander die Flucht
nehmen? Ach GOtt ich fuͤrchte - -
Han. Aus zwey uͤbeln muß man das geringſte
erwehlen/ ach ſie erbarme ſich uͤber jhren beſtaͤndi-
gen Liebhaber/ und da er ſeinen Schmertz ohne diß
nicht uͤberſehen kan/ ſo komme ſie jhm doch mit
einem Troſtreichen Jaworte entgegen/ und gebe
nochmahls einige Gelegenheit auf gewiſſe Mittel
zu dencken/ daß ſie beyderſeits zu jhrer Vergnuͤ-
gung gelangen moͤgen. Ach hat er in ſeiner Sie-
benjaͤhrigen Hoffnung nicht ſo viel verdienet? Sol
nun eine fremde Boßheit uͤber zwey verliebte Per-
ſonen Macht haben/ daß ſie nicht einmahl in Ge-
dancken thun duͤrffen/ was ſie wollen.
Rah. Ach ich ungluͤckſelige/ wohin wend ich
mich?
Han. Zu jhren geliebteſten Jacob: Sie wuͤrde
gewißlich ſchlechte Freude zugewarten haben/ wenn
ſie vernehmen wuͤrde/ wie er in der Flucht vor Angſt
und Jammer verſchmachtet waͤre. Wil ſie lieber
nach ſeinem Tode ſeinen Schatten zu jhren Be-
gleiter haben/ oder wil ſie dem lebendigen Coͤrper
nochmahls eine Begierde zu leben einpflantzen?
Rah. (Weinet.)
Ach Jacob ich ſchwere dir/ mein Hertz hat ſich dei-
ner Redligkeit laͤngſt ſo weit verpflichtet/ daß ich
oh-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/weise_theatrum_1683 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/weise_theatrum_1683/176 |
Zitationshilfe: | Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_theatrum_1683/176>, abgerufen am 16.02.2025. |