Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

Bild:
<< vorherige Seite
Zeugen an/ daß die melancholischen
Sauertöpffe Qvacksalber seyn.
Sec. Jch weiß nicht. Einer müste seine
Schuld-Brieffe vor Testimonia aus-
geben/ und der andere müste seine Frau
vor ein Murmelthier in die Bude setzen/
sonst weiß ich nicht/ was einem Qvack-
salber ähnlich wäre.
Mischm. Jch weiß noch was bessers. Die
Leute handeln mit Unglücke. Und wie
ein ieder Schreyhals auff dem Marck-
te die beste Artzney haben will/ so wollen
die Herren das vornehmste Creutze ha-
ben. Es ist nicht wahr/ daß ihnen was
wehe thut/ es ist nur die liebe Hoffarth/
daß sie gerne wollen mit ihrem unver-
gleichlichen Unglücke gesehen seyn.
Wenn sich nur iemand wolte hinsetzen/
und wolte das Elend beweinen helffen/
was würde bey den Leuten vor eine Ein-
bildung wachsen?
Sec. Jch hätte mich der klugen Reden nicht
versehen.
Affl. Mit betrübten Leuten ist leicht zu
schertzen.
Simpl. Und wem der nagende Wurm an
der
Zeugen an/ daß die melancholiſchen
Sauertoͤpffe Qvackſalber ſeyn.
Sec. Jch weiß nicht. Einer muͤſte ſeine
Schuld-Brieffe vor Teſtimonia aus-
geben/ und der andere muͤſte ſeine Frau
vor ein Murmelthier in die Bude ſetzen/
ſonſt weiß ich nicht/ was einem Qvack-
ſalber aͤhnlich waͤre.
Miſchm. Jch weiß noch was beſſers. Die
Leute handeln mit Ungluͤcke. Und wie
ein ieder Schreyhals auff dem Marck-
te die beſte Artzney haben will/ ſo wollen
die Herren das vornehmſte Creutze ha-
ben. Es iſt nicht wahr/ daß ihnen was
wehe thut/ es iſt nur die liebe Hoffarth/
daß ſie gerne wollen mit ihrem unver-
gleichlichen Ungluͤcke geſehen ſeyn.
Wenn ſich nur iemand wolte hinſetzen/
und wolte das Elend beweinen helffen/
was wuͤrde bey den Leuten vor eine Ein-
bildung wachſen?
Sec. Jch haͤtte mich der klugen Reden nicht
verſehen.
Affl. Mit betruͤbten Leuten iſt leicht zu
ſchertzen.
Simpl. Und wem der nagende Wurm an
der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#MIS">
            <p><pb facs="#f0886" n="718"/>
Zeugen an/ daß die <hi rendition="#aq">melancholi</hi>&#x017F;chen<lb/>
Sauerto&#x0364;pffe Qvack&#x017F;alber &#x017F;eyn.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SEC">
            <speaker>Sec.</speaker>
            <p>Jch weiß nicht. Einer mu&#x0364;&#x017F;te &#x017F;eine<lb/>
Schuld-Brieffe vor <hi rendition="#aq">Te&#x017F;timonia</hi> aus-<lb/>
geben/ und der andere mu&#x0364;&#x017F;te &#x017F;eine Frau<lb/>
vor ein Murmelthier in die Bude &#x017F;etzen/<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t weiß ich nicht/ was einem Qvack-<lb/>
&#x017F;alber a&#x0364;hnlich wa&#x0364;re.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MIS">
            <speaker>Mi&#x017F;chm.</speaker>
            <p>Jch weiß noch was be&#x017F;&#x017F;ers. Die<lb/>
Leute handeln mit Unglu&#x0364;cke. Und wie<lb/>
ein ieder Schreyhals auff dem Marck-<lb/>
te die be&#x017F;te Artzney haben will/ &#x017F;o wollen<lb/>
die Herren das vornehm&#x017F;te Creutze ha-<lb/>
ben. Es i&#x017F;t nicht wahr/ daß ihnen was<lb/>
wehe thut/ es i&#x017F;t nur die liebe Hoffarth/<lb/>
daß &#x017F;ie gerne wollen mit ihrem unver-<lb/>
gleichlichen Unglu&#x0364;cke ge&#x017F;ehen &#x017F;eyn.<lb/>
Wenn &#x017F;ich nur iemand wolte hin&#x017F;etzen/<lb/>
und wolte das Elend beweinen helffen/<lb/>
was wu&#x0364;rde bey den Leuten vor eine Ein-<lb/>
bildung wach&#x017F;en?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SEC">
            <speaker>Sec.</speaker>
            <p>Jch ha&#x0364;tte mich der klugen Reden nicht<lb/>
ver&#x017F;ehen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#AFF">
            <speaker>Affl.</speaker>
            <p>Mit betru&#x0364;bten Leuten i&#x017F;t leicht zu<lb/>
&#x017F;chertzen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SIM">
            <speaker>Simpl.</speaker>
            <p>Und wem der nagende Wurm an<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[718/0886] Zeugen an/ daß die melancholiſchen Sauertoͤpffe Qvackſalber ſeyn. Sec. Jch weiß nicht. Einer muͤſte ſeine Schuld-Brieffe vor Teſtimonia aus- geben/ und der andere muͤſte ſeine Frau vor ein Murmelthier in die Bude ſetzen/ ſonſt weiß ich nicht/ was einem Qvack- ſalber aͤhnlich waͤre. Miſchm. Jch weiß noch was beſſers. Die Leute handeln mit Ungluͤcke. Und wie ein ieder Schreyhals auff dem Marck- te die beſte Artzney haben will/ ſo wollen die Herren das vornehmſte Creutze ha- ben. Es iſt nicht wahr/ daß ihnen was wehe thut/ es iſt nur die liebe Hoffarth/ daß ſie gerne wollen mit ihrem unver- gleichlichen Ungluͤcke geſehen ſeyn. Wenn ſich nur iemand wolte hinſetzen/ und wolte das Elend beweinen helffen/ was wuͤrde bey den Leuten vor eine Ein- bildung wachſen? Sec. Jch haͤtte mich der klugen Reden nicht verſehen. Affl. Mit betruͤbten Leuten iſt leicht zu ſchertzen. Simpl. Und wem der nagende Wurm an der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/886
Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 718. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/886>, abgerufen am 16.06.2024.