Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693. Ob. Ach einfältiges Urtheil! sie wird nie besser befohlen haben/ als ins künfftige geschehen soll. Wir sehen den König fasten/ aber die Baals-Pfaffen sollen ihm bald zum Opffer-Feste das Geleite geben. Er will itzund von dem blutigen Weinberge nichts hören: Aber wenn Jsabel ihren Geburts-Tag draussen begehen wird/ ach wie gehorsam wird sich der liebe Herr einstellen. Sab. Was hat ein solcher Sclave verdie- net/ vor dessen Höhnerey auch der Kö- nig nicht sicher ist? Ob. Man erwarte zuvor den Ausgang. Werde ich gelogen haben/ so straffe man mich als einen Lügner. Sab. (entblösset den Sebel.) Du hast den König mehr gelästert als Naboth/ und ich dürffte bald dem Volcke die Mühe ersparen/ daß sie dich nicht erst steinigen dürfften. Ob. Ach ein Königlicher Printz soll die Kräffte gegen die Feinde des König- reichs anwenden. Es ist schlechter Rai- son, daß mir vor der Nase herum ge- fochtelt wird/ dürffte ich mich an des Köni-
Ob. Ach einfaͤltiges Urtheil! ſie wird nie beſſer befohlen haben/ als ins kuͤnfftige geſchehen ſoll. Wir ſehen den Koͤnig faſten/ aber die Baals-Pfaffen ſollen ihm bald zum Opffer-Feſte das Geleite geben. Er will itzund von dem blutigen Weinberge nichts hoͤren: Aber wenn Jſabel ihren Geburts-Tag drauſſen begehen wird/ ach wie gehorſam wird ſich der liebe Herr einſtellen. Sab. Was hat ein ſolcher Sclave verdie- net/ vor deſſen Hoͤhnerey auch der Koͤ- nig nicht ſicher iſt? Ob. Man erwarte zuvor den Ausgang. Werde ich gelogen haben/ ſo ſtraffe man mich als einen Luͤgner. Sab. (entbloͤſſet den Sebel.) Du haſt den Koͤnig mehr gelaͤſtert als Naboth/ und ich duͤrffte bald dem Volcke die Muͤhe erſparen/ daß ſie dich nicht erſt ſteinigen duͤrfften. Ob. Ach ein Koͤniglicher Printz ſoll die Kraͤffte gegen die Feinde des Koͤnig- reichs anwenden. Es iſt ſchlechter Rai- ſon, daß mir vor der Naſe herum ge- fochtelt wird/ duͤrffte ich mich an des Koͤni-
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Ob. Ach einfaͤltiges Urtheil! ſie wird nie
beſſer befohlen haben/ als ins kuͤnfftige
geſchehen ſoll. Wir ſehen den Koͤnig
faſten/ aber die Baals-Pfaffen ſollen
ihm bald zum Opffer-Feſte das Geleite
geben. Er will itzund von dem blutigen
Weinberge nichts hoͤren: Aber wenn
Jſabel ihren Geburts-Tag drauſſen
begehen wird/ ach wie gehorſam wird
ſich der liebe Herr einſtellen.
Sab. Was hat ein ſolcher Sclave verdie-
net/ vor deſſen Hoͤhnerey auch der Koͤ-
nig nicht ſicher iſt?
Ob. Man erwarte zuvor den Ausgang.
Werde ich gelogen haben/ ſo ſtraffe
man mich als einen Luͤgner.
Sab. (entbloͤſſet den Sebel.) Du haſt
den Koͤnig mehr gelaͤſtert als Naboth/
und ich duͤrffte bald dem Volcke die
Muͤhe erſparen/ daß ſie dich nicht erſt
ſteinigen duͤrfften.
Ob. Ach ein Koͤniglicher Printz ſoll die
Kraͤffte gegen die Feinde des Koͤnig-
reichs anwenden. Es iſt ſchlechter Rai-
ſon, daß mir vor der Naſe herum ge-
fochtelt wird/ duͤrffte ich mich an des
Koͤni-
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/400>, abgerufen am 16.06.2024. |