Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693. Ahas. Mein Freund/ er kan die Sache trefflich appetitlich vorbringen; Aber soll ich gleichwohl des armen Kindes Verräther seyn? Bad. Soll auch ein Printz einer solchen Bauer-Magd halben des Herrn Va- ters Ungnade verdienen? Ja soll er sich anderweit an einer bessern Liebe verhindern? O das wäre ein Jammer/ darüber ich Blut weinen möchte! Ahas. Ach was soll ich thun? Bad. Sie übergeben mir die Liebste: Jch will sie schon an denselben Ort bringen/ da sie am besten soll versorget seyn. Ahas. So muß ich doch einmal Abschied nehmen. Bad. Ach wo man der Liebe mit Ernst ver- gessen will/ da muß man sich mit dem Abschied nehmen ungehudelt lassen. Da eilt man/ da klagt man/ biß die barmhertzige Lauß wieder über die Le- ber gelauffen kömmt. Mein Printz/ sie thun ihrer Seelen einen Stoß/ und machen sich davon/ ehe die närrische Liebe wieder zu Kräfften kömmt. Ahas. Jch folge. Denn ich mercke doch/ daß
Ahaſ. Mein Freund/ er kan die Sache trefflich appetitlich vorbringen; Aber ſoll ich gleichwohl des armen Kindes Verraͤther ſeyn? Bad. Soll auch ein Printz einer ſolchen Bauer-Magd halben des Herrn Va- ters Ungnade verdienen? Ja ſoll er ſich anderweit an einer beſſern Liebe verhindern? O das waͤre ein Jammer/ daruͤber ich Blut weinen moͤchte! Ahaſ. Ach was ſoll ich thun? Bad. Sie uͤbergeben mir die Liebſte: Jch will ſie ſchon an denſelben Ort bringen/ da ſie am beſten ſoll verſorget ſeyn. Ahaſ. So muß ich doch einmal Abſchied nehmen. Bad. Ach wo man der Liebe mit Ernſt ver- geſſen will/ da muß man ſich mit dem Abſchied nehmen ungehudelt laſſen. Da eilt man/ da klagt man/ biß die barmhertzige Lauß wieder uͤber die Le- ber gelauffen koͤmmt. Mein Printz/ ſie thun ihrer Seelen einen Stoß/ und machen ſich davon/ ehe die naͤrriſche Liebe wieder zu Kraͤfften koͤmmt. Ahaſ. Jch folge. Denn ich mercke doch/ daß
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Ahaſ. Mein Freund/ er kan die Sache
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Verraͤther ſeyn?
Bad. Soll auch ein Printz einer ſolchen
Bauer-Magd halben des Herrn Va-
ters Ungnade verdienen? Ja ſoll er
ſich anderweit an einer beſſern Liebe
verhindern? O das waͤre ein Jammer/
daruͤber ich Blut weinen moͤchte!
Ahaſ. Ach was ſoll ich thun?
Bad. Sie uͤbergeben mir die Liebſte: Jch
will ſie ſchon an denſelben Ort bringen/
da ſie am beſten ſoll verſorget ſeyn.
Ahaſ. So muß ich doch einmal Abſchied
nehmen.
Bad. Ach wo man der Liebe mit Ernſt ver-
geſſen will/ da muß man ſich mit dem
Abſchied nehmen ungehudelt laſſen.
Da eilt man/ da klagt man/ biß die
barmhertzige Lauß wieder uͤber die Le-
ber gelauffen koͤmmt. Mein Printz/
ſie thun ihrer Seelen einen Stoß/ und
machen ſich davon/ ehe die naͤrriſche
Liebe wieder zu Kraͤfften koͤmmt.
Ahaſ. Jch folge. Denn ich mercke doch/
daß
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/336>, abgerufen am 16.06.2024. |