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Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

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mein lieber Getreuer/ soll ich leben/ oder
soll ich sterben?
Lud. Gnädigste Königin/ ich weiß nicht.
Jsab. Was heist dieses/ sollen wir nicht
wissen/ wie der König lebet/ so muß die
Sache gefährlich seyn.
Lud. Wir wissen von keiner Gefahr.
Jsab. So wisset ihr ja was Gutes.
Lud. Das Böse und das Gute ist uns ver-
borgen.
Jsab. Pfleget man also mit hochbetrübten
Personen zu schertzen.
Lud. Ach eine Ungnade folget aus der an-
dern: Jhro Maj. ist kranck.
Jsab. Ach dieser Pfeil stecket uns schon im
Hertzen. Wir wollen etwas Neues
hören.
Lud. Allein die Ursache der Kranckheit soll
niemand erfahren.
Jsab. Ach ein schlechter Medicus, dem die
Kranckheit verborgen ist.
Lud. Ach ein unglückseliger Medicus, dem
das Fragen verboten ist.
Jsab. Bey diesem unnöthigen Gespräche
kan des Königes Leben verwahrloset
werden. Wer nicht helffen kan/ der
mache
mein lieber Getreuer/ ſoll ich leben/ oder
ſoll ich ſterben?
Lud. Gnaͤdigſte Koͤnigin/ ich weiß nicht.
Jſab. Was heiſt dieſes/ ſollen wir nicht
wiſſen/ wie der Koͤnig lebet/ ſo muß die
Sache gefaͤhrlich ſeyn.
Lud. Wir wiſſen von keiner Gefahr.
Jſab. So wiſſet ihr ja was Gutes.
Lud. Das Boͤſe und das Gute iſt uns ver-
borgen.
Jſab. Pfleget man alſo mit hochbetruͤbten
Perſonen zu ſchertzen.
Lud. Ach eine Ungnade folget aus der an-
dern: Jhro Maj. iſt kranck.
Jſab. Ach dieſer Pfeil ſtecket uns ſchon im
Hertzen. Wir wollen etwas Neues
hoͤren.
Lud. Allein die Urſache der Kranckheit ſoll
niemand erfahren.
Jſab. Ach ein ſchlechter Medicus, dem die
Kranckheit verborgen iſt.
Lud. Ach ein ungluͤckſeliger Medicus, dem
das Fragen verboten iſt.
Jſab. Bey dieſem unnoͤthigen Geſpraͤche
kan des Koͤniges Leben verwahrloſet
werden. Wer nicht helffen kan/ der
mache
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[115/0279] mein lieber Getreuer/ ſoll ich leben/ oder ſoll ich ſterben? Lud. Gnaͤdigſte Koͤnigin/ ich weiß nicht. Jſab. Was heiſt dieſes/ ſollen wir nicht wiſſen/ wie der Koͤnig lebet/ ſo muß die Sache gefaͤhrlich ſeyn. Lud. Wir wiſſen von keiner Gefahr. Jſab. So wiſſet ihr ja was Gutes. Lud. Das Boͤſe und das Gute iſt uns ver- borgen. Jſab. Pfleget man alſo mit hochbetruͤbten Perſonen zu ſchertzen. Lud. Ach eine Ungnade folget aus der an- dern: Jhro Maj. iſt kranck. Jſab. Ach dieſer Pfeil ſtecket uns ſchon im Hertzen. Wir wollen etwas Neues hoͤren. Lud. Allein die Urſache der Kranckheit ſoll niemand erfahren. Jſab. Ach ein ſchlechter Medicus, dem die Kranckheit verborgen iſt. Lud. Ach ein ungluͤckſeliger Medicus, dem das Fragen verboten iſt. Jſab. Bey dieſem unnoͤthigen Geſpraͤche kan des Koͤniges Leben verwahrloſet werden. Wer nicht helffen kan/ der mache

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/279>, abgerufen am 24.11.2024.