Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

Bild:
<< vorherige Seite

guten Intention einen unverwind-
lichen Stoß geben.

Wo der Sensus durch den accent über
die massen schändlich kan verletzet wer-
den/ solches hab ich unlängst bey Gele-
genheit der deutschen Verse vielfältig
erwiesen: Habe auch vornehmlich in
Versen dargethan/ wie der
accentus
scansionis
und pronunciationis nicht
dürffe mit einander vermenget werden.

Allein es wird sich hier der Mühe
verlohnen/ daß wir dem geneigten Leser
nur mit einem kurtzen Exempel dienen:
Gesetzt ich wolte mich in einer
Compli-
men
te dieser formul gebrauchen: Dem
Herrn will ich an statt der Bezah-
lung mit meinem Gebete dienen.

Denn wofern ich die Worte starck und
mit einiger
vehemenz von mir stosse/ so
müssen alle dencken/ man wolle mit sei-
nem Gebete trotzen/ und allen zu verste-
hen geben/ was sie vor einen grossen
Danck wegen dieser Hoffart würden
schuldig seyn.

Hingegen wenn es langsam/ leise/ de-

müthig

guten Intention einen unverwind-
lichen Stoß geben.

Wo der Senſus durch den accent uͤber
die maſſen ſchaͤndlich kan verletzet wer-
den/ ſolches hab ich unlaͤngſt bey Gele-
genheit der deutſchen Verſe vielfaͤltig
erwieſen: Habe auch vornehmlich in
Verſen dargethan/ wie der
accentus
ſcanſionis
und pronunciationis nicht
duͤrffe mit einander vermenget werden.

Allein es wird ſich hier der Muͤhe
verlohnen/ daß wir dem geneigten Leſer
nur mit einem kurtzen Exempel dienen:
Geſetzt ich wolte mich in einer
Compli-
men
te dieſer formul gebrauchen: Dem
Herrn will ich an ſtatt der Bezah-
lung mit meinem Gebete dienen.

Denn wofern ich die Worte ſtarck und
mit einiger
vehemenz von mir ſtoſſe/ ſo
muͤſſen alle dencken/ man wolle mit ſei-
nem Gebete trotzen/ und allen zu verſte-
hen geben/ was ſie vor einen groſſen
Danck wegen dieſer Hoffart wuͤrden
ſchuldig ſeyn.

Hingegen wenn es langſam/ leiſe/ de-

muͤthig
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0020"/>
guten <hi rendition="#aq">Intention</hi> einen unverwind-<lb/>
lichen Stoß geben.</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Wo der</hi> <hi rendition="#aq">Sen&#x017F;us</hi> <hi rendition="#fr">durch den</hi> <hi rendition="#aq">accent</hi> <hi rendition="#fr">u&#x0364;ber<lb/>
die ma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;cha&#x0364;ndlich kan verletzet wer-<lb/>
den/ &#x017F;olches hab ich unla&#x0364;ng&#x017F;t bey Gele-<lb/>
genheit der deut&#x017F;chen Ver&#x017F;e vielfa&#x0364;ltig<lb/>
erwie&#x017F;en: Habe auch vornehmlich in<lb/>
Ver&#x017F;en dargethan/ wie der</hi> <hi rendition="#aq">accentus<lb/>
&#x017F;can&#x017F;ionis</hi> <hi rendition="#fr">und</hi> <hi rendition="#aq">pronunciationis</hi> <hi rendition="#fr">nicht<lb/>
du&#x0364;rffe mit einander vermenget werden.</hi> </hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Allein es wird &#x017F;ich hier der Mu&#x0364;he<lb/>
verlohnen/ daß wir dem geneigten Le&#x017F;er<lb/>
nur mit einem kurtzen Exempel dienen:<lb/>
Ge&#x017F;etzt ich wolte mich in einer</hi> <hi rendition="#aq">Compli-<lb/>
men</hi> <hi rendition="#fr">te die&#x017F;er</hi> <hi rendition="#aq">formul</hi> <hi rendition="#fr">gebrauchen: <hi rendition="#fr">Dem<lb/>
Herrn will ich an &#x017F;tatt der Bezah-<lb/>
lung mit meinem Gebete dienen.</hi><lb/>
Denn wofern ich die Worte &#x017F;tarck und<lb/>
mit einiger</hi> <hi rendition="#aq">vehemenz</hi> <hi rendition="#fr">von mir &#x017F;to&#x017F;&#x017F;e/ &#x017F;o<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en alle dencken/ man wolle mit &#x017F;ei-<lb/>
nem Gebete trotzen/ und allen zu ver&#x017F;te-<lb/>
hen geben/ was &#x017F;ie vor einen gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Danck wegen die&#x017F;er Hoffart wu&#x0364;rden<lb/>
&#x017F;chuldig &#x017F;eyn.</hi> </hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Hingegen wenn es lang&#x017F;am/ lei&#x017F;e/ de-</hi><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">mu&#x0364;thig</hi> </fw><lb/>
            </hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0020] guten Intention einen unverwind- lichen Stoß geben. Wo der Senſus durch den accent uͤber die maſſen ſchaͤndlich kan verletzet wer- den/ ſolches hab ich unlaͤngſt bey Gele- genheit der deutſchen Verſe vielfaͤltig erwieſen: Habe auch vornehmlich in Verſen dargethan/ wie der accentus ſcanſionis und pronunciationis nicht duͤrffe mit einander vermenget werden. Allein es wird ſich hier der Muͤhe verlohnen/ daß wir dem geneigten Leſer nur mit einem kurtzen Exempel dienen: Geſetzt ich wolte mich in einer Compli- mente dieſer formul gebrauchen: Dem Herrn will ich an ſtatt der Bezah- lung mit meinem Gebete dienen. Denn wofern ich die Worte ſtarck und mit einiger vehemenz von mir ſtoſſe/ ſo muͤſſen alle dencken/ man wolle mit ſei- nem Gebete trotzen/ und allen zu verſte- hen geben/ was ſie vor einen groſſen Danck wegen dieſer Hoffart wuͤrden ſchuldig ſeyn. Hingegen wenn es langſam/ leiſe/ de- muͤthig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/20
Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/20>, abgerufen am 24.11.2024.