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Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

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beweisen daß du ein politischer Wurm-
Schneider bist.
Misch. Wie sagte der Herr/ ein politi-
scher Form-Schneider.
Sol. Du loser Bube/ du verstehest mein
Wort besser/ siehe da/ wer den andern
von den thörichten Gedancken helffen
kan/ der ist ein trefflicher Wurmschnei-
der/ und seine Probe läst sich mit kei-
nem Golde bezahlen.
Misch. Wenn ich aber den Wurm unter
der Zunge hätte/ und ein ander Phan-
taste schnitte mir zwey Spannen über
der Kniekehle/ womit solte ich einen sol-
chen Wurm-Schneider bezahlen?
Sol. Es giebt viel dergleichen Leute/ ja
mancher will uns den Wurm schnei-
den/ und setzet uns ein gantzes Nest voll
Junge wieder in die Wunde.
Misch. Also wirds wol am besten seyn/
ein iedweder behält seinen Wurm vor
sich/ und der ist der Klügste/ der den
Wurm fein tieff verstecken kan/ daß er
nicht einmal sein Schwäntzgen durch
die Augen/ durch die Nase/ durch das
Maul praesentiren kan. Aber wie
wärs/
beweiſen daß du ein politiſcher Wurm-
Schneider biſt.
Miſch. Wie ſagte der Herr/ ein politi-
ſcher Form-Schneider.
Sol. Du loſer Bube/ du verſteheſt mein
Wort beſſer/ ſiehe da/ wer den andern
von den thoͤrichten Gedancken helffen
kan/ der iſt ein trefflicher Wurmſchnei-
der/ und ſeine Probe laͤſt ſich mit kei-
nem Golde bezahlen.
Miſch. Wenn ich aber den Wurm unter
der Zunge haͤtte/ und ein ander Phan-
taſte ſchnitte mir zwey Spannen uͤber
der Kniekehle/ womit ſolte ich einen ſol-
chen Wurm-Schneider bezahlen?
Sol. Es giebt viel dergleichen Leute/ ja
mancher will uns den Wurm ſchnei-
den/ und ſetzet uns ein gantzes Neſt voll
Junge wieder in die Wunde.
Miſch. Alſo wirds wol am beſten ſeyn/
ein iedweder behaͤlt ſeinen Wurm vor
ſich/ und der iſt der Kluͤgſte/ der den
Wurm fein tieff verſtecken kan/ daß er
nicht einmal ſein Schwaͤntzgen durch
die Augen/ durch die Naſe/ durch das
Maul præſentiren kan. Aber wie
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[905/1073] beweiſen daß du ein politiſcher Wurm- Schneider biſt. Miſch. Wie ſagte der Herr/ ein politi- ſcher Form-Schneider. Sol. Du loſer Bube/ du verſteheſt mein Wort beſſer/ ſiehe da/ wer den andern von den thoͤrichten Gedancken helffen kan/ der iſt ein trefflicher Wurmſchnei- der/ und ſeine Probe laͤſt ſich mit kei- nem Golde bezahlen. Miſch. Wenn ich aber den Wurm unter der Zunge haͤtte/ und ein ander Phan- taſte ſchnitte mir zwey Spannen uͤber der Kniekehle/ womit ſolte ich einen ſol- chen Wurm-Schneider bezahlen? Sol. Es giebt viel dergleichen Leute/ ja mancher will uns den Wurm ſchnei- den/ und ſetzet uns ein gantzes Neſt voll Junge wieder in die Wunde. Miſch. Alſo wirds wol am beſten ſeyn/ ein iedweder behaͤlt ſeinen Wurm vor ſich/ und der iſt der Kluͤgſte/ der den Wurm fein tieff verſtecken kan/ daß er nicht einmal ſein Schwaͤntzgen durch die Augen/ durch die Naſe/ durch das Maul præſentiren kan. Aber wie waͤrs/

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 905. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/1073>, abgerufen am 22.11.2024.