Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

Bild:
<< vorherige Seite
Fünffte Handlung.
Hel. Liebster Germanus/ ich will ihn nicht verge-
bens auffhalten/ es ist mehr als zu gewiß/ daß ich des
Philyrus leibliche schwester bin. Vielleicht ehe we-
nig tage vergehn/ wird solche heimligkeit vor aller
welt offenbar werden.
(Eusebie kömmt.)
Germ. Jch muß mich etwas bereden lassen/ das
ich schwerlich glaube; doch was sehe ich?
Hel. Jch weiß nicht/ was ich daraus machen
soll.
Eus. Romana hat mich vexirt/ meinen Bojus ha-
be ich verlohren/ und nun gehe ich in der irre. Allein
wo mich meine augen nicht betriegen/ ist dieses nicht
meine verlauffene tochter? wird sie nicht von ihrem räu-
ber bey der hand geführet? Ach wo ist Bojus/ der die-
sem ehrenschänder seinen rest giebt.
(Sie geht auff
sie zu.)
Sieh da du schönes töchtergen/ soll ich dich hier
suchen?
Hel. Was will die alte zigeuner-hure haben?
Eus. Du böse kind/ willstu deine mutter nicht er-
kennen?
Hel. Nein/ die mutter/ die ich kennen soll/ die muß
anders aussehen.
Eus. Heliconie/ hastu mit deiner flucht alle kindli-
che liebe verschwinden lassen?
Hel. Mein liebster/ ist dieses nicht ein poßierlich
weib? höret doch alte madratze/ wenn ihr zuviel brand-
tewein auff die alte leber gegossen habt/ so geht doch
und schlafft den rausch aus.
Eus. Ach Heliconie/ ist diß der danck vor meine
mütterliche treue/ daß ich dich mit so grosser gefahr
von der ersten kindheit biß hieher gebracht babe?
Hel.
U u
Fuͤnffte Handlung.
Hel. Liebſter Germanus/ ich will ihn nicht verge-
bens auffhalten/ es iſt mehr als zu gewiß/ daß ich des
Philyrus leibliche ſchweſter bin. Vielleicht ehe we-
nig tage vergehn/ wird ſolche heimligkeit vor aller
welt offenbar werden.
(Euſebie koͤmmt.)
Germ. Jch muß mich etwas bereden laſſen/ das
ich ſchwerlich glaube; doch was ſehe ich?
Hel. Jch weiß nicht/ was ich daraus machen
ſoll.
Euſ. Romana hat mich vexirt/ meinen Bojus ha-
be ich verlohren/ und nun gehe ich in der irre. Allein
wo mich meine augen nicht betriegen/ iſt dieſes nicht
meine verlauffene tochter? wiꝛd ſie nicht von ihrem raͤu-
ber bey der hand gefuͤhret? Ach wo iſt Bojus/ der die-
ſem ehrenſchaͤnder ſeinen reſt giebt.
(Sie geht auff
ſie zu.)
Sieh da du ſchoͤnes toͤchtergen/ ſoll ich dich hier
ſuchen?
Hel. Was will die alte zigeuner-hure haben?
Euſ. Du boͤſe kind/ willſtu deine mutter nicht er-
kennen?
Hel. Nein/ die mutter/ die ich kennen ſoll/ die muß
anders ausſehen.
Euſ. Heliconie/ haſtu mit deiner flucht alle kindli-
che liebe verſchwinden laſſen?
Hel. Mein liebſter/ iſt dieſes nicht ein poßierlich
weib? hoͤret doch alte madratze/ wenn ihr zuviel brand-
tewein auff die alte leber gegoſſen habt/ ſo geht doch
und ſchlafft den rauſch aus.
Euſ. Ach Heliconie/ iſt diß der danck vor meine
muͤtterliche treue/ daß ich dich mit ſo groſſer gefahr
von der erſten kindheit biß hieher gebracht babe?
Hel.
U u
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0689" n="673"/>
          <fw place="top" type="header">Fu&#x0364;nffte Handlung.</fw><lb/>
          <sp>
            <speaker>Hel.</speaker>
            <p>Lieb&#x017F;ter Germanus/ ich will ihn nicht verge-<lb/>
bens auffhalten/ es i&#x017F;t mehr als zu gewiß/ daß ich des<lb/>
Philyrus leibliche &#x017F;chwe&#x017F;ter bin. Vielleicht ehe we-<lb/>
nig tage vergehn/ wird &#x017F;olche heimligkeit vor aller<lb/>
welt offenbar werden.</p>
          </sp><lb/>
          <stage> <hi rendition="#c">(Eu&#x017F;ebie ko&#x0364;mmt.)</hi> </stage><lb/>
          <sp>
            <speaker>Germ.</speaker>
            <p>Jch muß mich etwas bereden la&#x017F;&#x017F;en/ das<lb/>
ich &#x017F;chwerlich glaube; doch was &#x017F;ehe ich?</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Hel.</speaker>
            <p>Jch weiß nicht/ was ich daraus machen<lb/>
&#x017F;oll.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Eu&#x017F;.</speaker>
            <p>Romana hat mich vexirt/ meinen Bojus ha-<lb/>
be ich verlohren/ und nun gehe ich in der irre. Allein<lb/>
wo mich meine augen nicht betriegen/ i&#x017F;t die&#x017F;es nicht<lb/>
meine verlauffene tochter? wi&#xA75B;d &#x017F;ie nicht von ihrem ra&#x0364;u-<lb/>
ber bey der hand gefu&#x0364;hret? Ach wo i&#x017F;t Bojus/ der die-<lb/>
&#x017F;em ehren&#x017F;cha&#x0364;nder &#x017F;einen re&#x017F;t giebt.</p>
            <stage>(Sie geht auff<lb/>
&#x017F;ie zu.)</stage>
            <p>Sieh da du &#x017F;cho&#x0364;nes to&#x0364;chtergen/ &#x017F;oll ich dich hier<lb/>
&#x017F;uchen?</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Hel.</speaker>
            <p>Was will die alte zigeuner-hure haben?</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Eu&#x017F;.</speaker>
            <p>Du bo&#x0364;&#x017F;e kind/ will&#x017F;tu deine mutter nicht er-<lb/>
kennen?</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Hel.</speaker>
            <p>Nein/ die mutter/ die ich kennen &#x017F;oll/ die muß<lb/>
anders aus&#x017F;ehen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Eu&#x017F;.</speaker>
            <p>Heliconie/ ha&#x017F;tu mit deiner flucht alle kindli-<lb/>
che liebe ver&#x017F;chwinden la&#x017F;&#x017F;en?</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Hel.</speaker>
            <p>Mein lieb&#x017F;ter/ i&#x017F;t die&#x017F;es nicht ein poßierlich<lb/>
weib? ho&#x0364;ret doch alte madratze/ wenn ihr zuviel brand-<lb/>
tewein auff die alte leber gego&#x017F;&#x017F;en habt/ &#x017F;o geht doch<lb/>
und &#x017F;chlafft den rau&#x017F;ch aus.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Eu&#x017F;.</speaker>
            <p>Ach Heliconie/ i&#x017F;t diß der danck vor meine<lb/>
mu&#x0364;tterliche treue/ daß ich dich mit &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;er gefahr<lb/>
von der er&#x017F;ten kindheit biß hieher gebracht babe?</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">U u</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Hel.</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[673/0689] Fuͤnffte Handlung. Hel. Liebſter Germanus/ ich will ihn nicht verge- bens auffhalten/ es iſt mehr als zu gewiß/ daß ich des Philyrus leibliche ſchweſter bin. Vielleicht ehe we- nig tage vergehn/ wird ſolche heimligkeit vor aller welt offenbar werden. (Euſebie koͤmmt.) Germ. Jch muß mich etwas bereden laſſen/ das ich ſchwerlich glaube; doch was ſehe ich? Hel. Jch weiß nicht/ was ich daraus machen ſoll. Euſ. Romana hat mich vexirt/ meinen Bojus ha- be ich verlohren/ und nun gehe ich in der irre. Allein wo mich meine augen nicht betriegen/ iſt dieſes nicht meine verlauffene tochter? wiꝛd ſie nicht von ihrem raͤu- ber bey der hand gefuͤhret? Ach wo iſt Bojus/ der die- ſem ehrenſchaͤnder ſeinen reſt giebt. (Sie geht auff ſie zu.) Sieh da du ſchoͤnes toͤchtergen/ ſoll ich dich hier ſuchen? Hel. Was will die alte zigeuner-hure haben? Euſ. Du boͤſe kind/ willſtu deine mutter nicht er- kennen? Hel. Nein/ die mutter/ die ich kennen ſoll/ die muß anders ausſehen. Euſ. Heliconie/ haſtu mit deiner flucht alle kindli- che liebe verſchwinden laſſen? Hel. Mein liebſter/ iſt dieſes nicht ein poßierlich weib? hoͤret doch alte madratze/ wenn ihr zuviel brand- tewein auff die alte leber gegoſſen habt/ ſo geht doch und ſchlafft den rauſch aus. Euſ. Ach Heliconie/ iſt diß der danck vor meine muͤtterliche treue/ daß ich dich mit ſo groſſer gefahr von der erſten kindheit biß hieher gebracht babe? Hel. U u

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/689
Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 673. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/689>, abgerufen am 25.11.2024.