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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Der beschützten Unschuld
Herc. Der schändliche unmensch sol so mächtig
nicht seyn/ eine tugendbegabte seele zu betrüben.
Leon. Eine schlange kan auch die gesunden ver-
gifften.
Herc. Doch können die schlangen auch überwun-
den werden.
Leon. Wer schon gebissen ist/ hat schlechten trost
davon.
Herc. Wo nicht mittel vorhanden sind.
(Gyraldo kömmt gelauffen.)
Gyr. Signor Flavio bekömmt einen boten von
Camillo.
Flav. Wer dem Fürsten untreu wird/ mit dem ha-
be ich keine brieffe zu wechseln.
Borg. Ohne maßgebung könte Jhre Durchl. die
briefe abfordern/ und die endliche gewißheit erforschen.
Herc. Es sey also/ daß man die briefe alsbald hie-
her bringe/ und den boten indessen anhalte.
Gyr. Der bote war etwas unhöflich/ er wolte sie
selbst übergeben.
Borg. Vielleicht schlägt er dem Herrn nach.
Herc. Wem gehören sie nun?
Borg. Einer ist an E. Durchl. der andere an Fla-
vio/ der dritte an Leonoren.
Herc. Vorgia leset den brieff/ der an uns hält/ viel-
leicht hat er höflich abschied genommen.
Borg. (lieset) Durchlauchtigster Fürst/ gnädig-
ster Herr/ E. Hochfürstl. Durchl. haben dero unschätz-
bare gnade so vielfältig auf meine geringe person flies-
sen lassen/ also daß kein zweiffel ist/ es könne von mir
nichts gebeten werden/ dessen gewißheit ich mir nicht
versprechen dürffte. Wenn denn Jhr Durchl. der
Her-
Der beſchuͤtzten Unſchuld
Herc. Der ſchaͤndliche unmenſch ſol ſo maͤchtig
nicht ſeyn/ eine tugendbegabte ſeele zu betruͤben.
Leon. Eine ſchlange kan auch die geſunden ver-
gifften.
Herc. Doch koͤnnen die ſchlangen auch uͤberwun-
den werden.
Leon. Wer ſchon gebiſſen iſt/ hat ſchlechten troſt
davon.
Herc. Wo nicht mittel vorhanden ſind.
(Gyraldo koͤmmt gelauffen.)
Gyr. Signor Flavio bekoͤmmt einen boten von
Camillo.
Flav. Wer dem Fuͤrſten untreu wird/ mit dem ha-
be ich keine brieffe zu wechſeln.
Borg. Ohne maßgebung koͤnte Jhre Durchl. die
briefe abfordern/ und die endliche gewißheit erforſchẽ.
Herc. Es ſey alſo/ daß man die briefe alsbald hie-
her bringe/ und den boten indeſſen anhalte.
Gyr. Der bote war etwas unhoͤflich/ er wolte ſie
ſelbſt uͤbergeben.
Borg. Vielleicht ſchlaͤgt er dem Herꝛn nach.
Herc. Wem gehoͤren ſie nun?
Borg. Einer iſt an E. Durchl. der andere an Fla-
vio/ der dritte an Leonoren.
Herc. Vorgia leſet den brieff/ der an uns haͤlt/ viel-
leicht hat er hoͤflich abſchied genommen.
Borg. (lieſet) Durchlauchtigſter Fuͤrſt/ gnaͤdig-
ſter Herr/ E. Hochfuͤrſtl. Durchl. haben dero unſchaͤtz-
bare gnade ſo vielfaͤltig auf meine geringe perſon flieſ-
ſen laſſen/ alſo daß kein zweiffel iſt/ es koͤnne von mir
nichts gebeten werden/ deſſen gewißheit ich mir nicht
verſprechen duͤrffte. Wenn denn Jhr Durchl. der
Her-
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[518/0534] Der beſchuͤtzten Unſchuld Herc. Der ſchaͤndliche unmenſch ſol ſo maͤchtig nicht ſeyn/ eine tugendbegabte ſeele zu betruͤben. Leon. Eine ſchlange kan auch die geſunden ver- gifften. Herc. Doch koͤnnen die ſchlangen auch uͤberwun- den werden. Leon. Wer ſchon gebiſſen iſt/ hat ſchlechten troſt davon. Herc. Wo nicht mittel vorhanden ſind. (Gyraldo koͤmmt gelauffen.) Gyr. Signor Flavio bekoͤmmt einen boten von Camillo. Flav. Wer dem Fuͤrſten untreu wird/ mit dem ha- be ich keine brieffe zu wechſeln. Borg. Ohne maßgebung koͤnte Jhre Durchl. die briefe abfordern/ und die endliche gewißheit erforſchẽ. Herc. Es ſey alſo/ daß man die briefe alsbald hie- her bringe/ und den boten indeſſen anhalte. Gyr. Der bote war etwas unhoͤflich/ er wolte ſie ſelbſt uͤbergeben. Borg. Vielleicht ſchlaͤgt er dem Herꝛn nach. Herc. Wem gehoͤren ſie nun? Borg. Einer iſt an E. Durchl. der andere an Fla- vio/ der dritte an Leonoren. Herc. Vorgia leſet den brieff/ der an uns haͤlt/ viel- leicht hat er hoͤflich abſchied genommen. Borg. (lieſet) Durchlauchtigſter Fuͤrſt/ gnaͤdig- ſter Herr/ E. Hochfuͤrſtl. Durchl. haben dero unſchaͤtz- bare gnade ſo vielfaͤltig auf meine geringe perſon flieſ- ſen laſſen/ alſo daß kein zweiffel iſt/ es koͤnne von mir nichts gebeten werden/ deſſen gewißheit ich mir nicht verſprechen duͤrffte. Wenn denn Jhr Durchl. der Her-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/534>, abgerufen am 11.06.2024.