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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Uberfl. gedancken andere gattung
6. Alle welt besteht im lieben/
Drum so hastu keine schuld:
Hastu gleich die nacht vertrieben
Jn dergleichen ungedult/
Welche man verliebt und still/
Lieber thun als sagen will.
7. Seht/ sie nicket mit dem kopffe/
Gelt/ die rechnung trifft uns ein/
Und der krantz wird auff dem zopffe
Nun gewiß verfallen seyn/
Drum ihr jungfern kommt und sprecht
Jhr das neue weiber-recht.
Lis. Ja ja das lied ist eben von der rechten gattung/
wenn es solche unverständige kerlen hören/ so meynen
sie man hat es ihnen geheissen.
Gil. Das mögen sie thun/ so will ich meynen/ es sind
ungehobelte dorff hautzen die kein masse wissen.
Fill. Nun nun die zeit ist kostbahr. Hier stehen
noch etliche Chosen die möchte ich gern mit nehmen.
Gil. Hier ist ein lied auff eine braut/ die sich dem
bräutigam gar zu gerne hertzen ließ.
Fill. Jst denn diß was neues oder verdroß dichs/
daß dir es nicht so gut kam?
Gil. Ach nein/ ich muste es einem guten freunde
machen/ der beschwerte sich/ ihm wäre es nie so gut wor-
den/ daß er nur ein elendes küßgen hätte können an-
bringen. Nun aber müste er sehn/ daß der liebste die
mäulgen/ so er bekäme/ kaum ertragen könte.
Lis. Das betrübniß in der welt ist vielerley. Der
gute mensch hätte das hertzeleyd sparen mögen biß auff
seiner stieffmutter begräbnüß.
Fill.
Uberfl. gedancken andere gattung
6. Alle welt beſteht im lieben/
Drum ſo haſtu keine ſchuld:
Haſtu gleich die nacht vertrieben
Jn dergleichen ungedult/
Welche man verliebt und ſtill/
Lieber thun als ſagen will.
7. Seht/ ſie nicket mit dem kopffe/
Gelt/ die rechnung trifft uns ein/
Und der krantz wird auff dem zopffe
Nun gewiß verfallen ſeyn/
Drum ihr jungfern kommt und ſprecht
Jhr das neue weiber-recht.
Liſ. Ja ja das lied iſt eben von der rechten gattung/
wenn es ſolche unverſtaͤndige kerlen hoͤren/ ſo meynen
ſie man hat es ihnen geheiſſen.
Gil. Das moͤgen ſie thun/ ſo will ich meynen/ es ſind
ungehobelte dorff hautzen die kein maſſe wiſſen.
Fill. Nun nun die zeit iſt koſtbahr. Hier ſtehen
noch etliche Choſen die moͤchte ich gern mit nehmen.
Gil. Hier iſt ein lied auff eine braut/ die ſich dem
braͤutigam gar zu gerne hertzen ließ.
Fill. Jſt denn diß was neues oder verdroß dichs/
daß dir es nicht ſo gut kam?
Gil. Ach nein/ ich muſte es einem guten freunde
machen/ der beſchweꝛte ſich/ ihm waͤre es nie ſo gut wor-
den/ daß er nur ein elendes kuͤßgen haͤtte koͤnnen an-
bringen. Nun aber muͤſte er ſehn/ daß der liebſte die
maͤulgen/ ſo er bekaͤme/ kaum ertragen koͤnte.
Liſ. Das betruͤbniß in der welt iſt vielerley. Der
gute menſch haͤtte das hertzeleyd ſparen moͤgen biß auff
ſeiner ſtieffmutter begraͤbnuͤß.
Fill.
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[406/0422] Uberfl. gedancken andere gattung 6. Alle welt beſteht im lieben/ Drum ſo haſtu keine ſchuld: Haſtu gleich die nacht vertrieben Jn dergleichen ungedult/ Welche man verliebt und ſtill/ Lieber thun als ſagen will. 7. Seht/ ſie nicket mit dem kopffe/ Gelt/ die rechnung trifft uns ein/ Und der krantz wird auff dem zopffe Nun gewiß verfallen ſeyn/ Drum ihr jungfern kommt und ſprecht Jhr das neue weiber-recht. Liſ. Ja ja das lied iſt eben von der rechten gattung/ wenn es ſolche unverſtaͤndige kerlen hoͤren/ ſo meynen ſie man hat es ihnen geheiſſen. Gil. Das moͤgen ſie thun/ ſo will ich meynen/ es ſind ungehobelte dorff hautzen die kein maſſe wiſſen. Fill. Nun nun die zeit iſt koſtbahr. Hier ſtehen noch etliche Choſen die moͤchte ich gern mit nehmen. Gil. Hier iſt ein lied auff eine braut/ die ſich dem braͤutigam gar zu gerne hertzen ließ. Fill. Jſt denn diß was neues oder verdroß dichs/ daß dir es nicht ſo gut kam? Gil. Ach nein/ ich muſte es einem guten freunde machen/ der beſchweꝛte ſich/ ihm waͤre es nie ſo gut wor- den/ daß er nur ein elendes kuͤßgen haͤtte koͤnnen an- bringen. Nun aber muͤſte er ſehn/ daß der liebſte die maͤulgen/ ſo er bekaͤme/ kaum ertragen koͤnte. Liſ. Das betruͤbniß in der welt iſt vielerley. Der gute menſch haͤtte das hertzeleyd ſparen moͤgen biß auff ſeiner ſtieffmutter begraͤbnuͤß. Fill.

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/422>, abgerufen am 01.06.2024.