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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Vierdtes Gespräch.
Fill. Bruder/ hastu kein betrübtes/ da ich dir kan
singen helffen?
Gil. Jch bedarff gleich einen Adjuvanten. Komm
her und versuche es/ auf die melodey: So lieg ich min
mein kind in deinen armen.
Fill. Was ist denn vor ein text?
Gil. Es ist ein abschieds-lied/ das hat einer bey
mir bestellet/ und wolte mir einen halben thaler davor
geben. Doch das lied konte er übergeben allein weil
ihm die jungfer die liebe schuldig blieb/ so dachte er/ er
müste mir den halben thaler auch schuldig bleiben.
Fill. Es wird sehr kläglich gehn. Denn ich weiß
wie mir zu muthe ist/ wenn ich was soll umsonst ma-
chen/ so geht es treflich auß dem e lami.
Gil. Deßwegen kömmt es nicht trauriger. Jch
pflege ohne diß meine sachen nicht zu verkauffen. Es
nam mich wunder/ daß er mir was versprach/ und hielt
es nicht. Doch allons.

WAs machstu doch du seele meiner seele!
Ach weistu nicht wie heftig ich mich quäle
Nachdem ich dir den letzten abschieds-gruß
Durch dieses lied betrübt ertheilen muß.
2. Jch bin zu schwach den himmel anzuhalten/
Der mir das hertz im leibe wil zerspalten.
Denn weil ich doch darzu versehen bin/
So schick ich mich und zieh ins elend hin.
3. Wiewol dein geist der soll mich stets begleitenn/
Und über mich die liebes-flügel breiten/
Biß ich einmahl die sauer-süsse bahn
Zu deiner zier zurücke wandern kan.
4. Und ob ich schon von dir entfernet bleibe/
So bin ich nur abwesend mit dem leibe/
Die
Vierdtes Geſpraͤch.
Fill. Bruder/ haſtu kein betruͤbtes/ da ich dir kan
ſingen helffen?
Gil. Jch bedarff gleich einen Adjuvanten. Kom̃
her und verſuche es/ auf die melodey: So lieg ich min
mein kind in deinen armen.
Fill. Was iſt denn vor ein text?
Gil. Es iſt ein abſchieds-lied/ das hat einer bey
mir beſtellet/ und wolte mir einen halben thaler davor
geben. Doch das lied konte er uͤbergeben allein weil
ihm die jungfer die liebe ſchuldig blieb/ ſo dachte er/ er
muͤſte mir den halben thaler auch ſchuldig bleiben.
Fill. Es wird ſehr klaͤglich gehn. Denn ich weiß
wie mir zu muthe iſt/ wenn ich was ſoll umſonſt ma-
chen/ ſo geht es treflich auß dem e lami.
Gil. Deßwegen koͤmmt es nicht trauriger. Jch
pflege ohne diß meine ſachen nicht zu verkauffen. Es
nam mich wunder/ daß er mir was verſprach/ und hielt
es nicht. Doch allons.

WAs machſtu doch du ſeele meiner ſeele!
Ach weiſtu nicht wie heftig ich mich quaͤle
Nachdem ich dir den letzten abſchieds-gruß
Durch dieſes lied betruͤbt ertheilen muß.
2. Jch bin zu ſchwach den himmel anzuhalten/
Der mir das hertz im leibe wil zerſpalten.
Denn weil ich doch darzu verſehen bin/
So ſchick ich mich und zieh ins elend hin.
3. Wiewol dein geiſt der ſoll mich ſtets begleiteñ/
Und uͤber mich die liebes-fluͤgel breiten/
Biß ich einmahl die ſauer-ſuͤſſe bahn
Zu deiner zier zuruͤcke wandern kan.
4. Und ob ich ſchon von dir entfernet bleibe/
So bin ich nur abweſend mit dem leibe/
Die
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[367/0383] Vierdtes Geſpraͤch. Fill. Bruder/ haſtu kein betruͤbtes/ da ich dir kan ſingen helffen? Gil. Jch bedarff gleich einen Adjuvanten. Kom̃ her und verſuche es/ auf die melodey: So lieg ich min mein kind in deinen armen. Fill. Was iſt denn vor ein text? Gil. Es iſt ein abſchieds-lied/ das hat einer bey mir beſtellet/ und wolte mir einen halben thaler davor geben. Doch das lied konte er uͤbergeben allein weil ihm die jungfer die liebe ſchuldig blieb/ ſo dachte er/ er muͤſte mir den halben thaler auch ſchuldig bleiben. Fill. Es wird ſehr klaͤglich gehn. Denn ich weiß wie mir zu muthe iſt/ wenn ich was ſoll umſonſt ma- chen/ ſo geht es treflich auß dem e lami. Gil. Deßwegen koͤmmt es nicht trauriger. Jch pflege ohne diß meine ſachen nicht zu verkauffen. Es nam mich wunder/ daß er mir was verſprach/ und hielt es nicht. Doch allons. WAs machſtu doch du ſeele meiner ſeele! Ach weiſtu nicht wie heftig ich mich quaͤle Nachdem ich dir den letzten abſchieds-gruß Durch dieſes lied betruͤbt ertheilen muß. 2. Jch bin zu ſchwach den himmel anzuhalten/ Der mir das hertz im leibe wil zerſpalten. Denn weil ich doch darzu verſehen bin/ So ſchick ich mich und zieh ins elend hin. 3. Wiewol dein geiſt der ſoll mich ſtets begleiteñ/ Und uͤber mich die liebes-fluͤgel breiten/ Biß ich einmahl die ſauer-ſuͤſſe bahn Zu deiner zier zuruͤcke wandern kan. 4. Und ob ich ſchon von dir entfernet bleibe/ So bin ich nur abweſend mit dem leibe/ Die

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/383>, abgerufen am 11.06.2024.