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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Vierdtes Gespräch.
JSt diß nicht wunderlich/
Das glücke setzt an mich
Als wär mirs noch so sehr gewogen:
Jedoch wenn ich das ziel
Mit ernst anhalten will
So find ich mich gar weit betrogen/
Weil ihre zunge gleichsam spricht;
Du siehst mich zwar. Doch du bekömmst mich nicht.
2. Es ist ja wol geschehn/
Jch habe dich gesehn
Und sonderlich in acht genommen:
Doch was vor einen lohn
Hab ich nunmehr davon
Wo denck ich weiter fortzukommen/
Wofern ich dich du süsser Pol
Jm hertzen und in augen haben soll.
3. Die Götter werden zwar
Uns selten offenbar/
Ob sie gleich unsre seufftzer hören:
Und wer gleich in der that
Sie gantz zu freunden hat/
Der kan sie niemals sichtbar ehren.
Denn ein gemeines angesicht
Erträgt den glantz und ihre schönheit nicht.
4. Doch hätt ich hier gedacht/
Jch würde deinen pracht
Jn schöner gegenwart geniessen:
Das glücke zeigte sich/
Nun aber denckstu mich
Nur allzeit weiter auszuschliessen:
Derhalben mustu nach dem schein/
Ein himmels-kind und eine Göttin seyn.
5. Asträa
Vierdtes Geſpraͤch.
JSt diß nicht wunderlich/
Das gluͤcke ſetzt an mich
Als waͤr mirs noch ſo ſehr gewogen:
Jedoch wenn ich das ziel
Mit ernſt anhalten will
So find ich mich gar weit betrogen/
Weil ihre zunge gleichſam ſpricht;
Du ſiehſt mich zwar. Doch du bekoͤmmſt mich nicht.
2. Es iſt ja wol geſchehn/
Jch habe dich geſehn
Und ſonderlich in acht genommen:
Doch was vor einen lohn
Hab ich nunmehr davon
Wo denck ich weiter fortzukommen/
Wofern ich dich du ſuͤſſer Pol
Jm hertzen und in augen haben ſoll.
3. Die Goͤtter werden zwar
Uns ſelten offenbar/
Ob ſie gleich unſre ſeufftzer hoͤren:
Und wer gleich in der that
Sie gantz zu freunden hat/
Der kan ſie niemals ſichtbar ehren.
Denn ein gemeines angeſicht
Ertraͤgt den glantz und ihre ſchoͤnheit nicht.
4. Doch haͤtt ich hier gedacht/
Jch wuͤrde deinen pracht
Jn ſchoͤner gegenwart genieſſen:
Das gluͤcke zeigte ſich/
Nun aber denckſtu mich
Nur allzeit weiter auszuſchlieſſen:
Derhalben muſtu nach dem ſchein/
Ein himmels-kind und eine Goͤttin ſeyn.
5. Aſtraͤa
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[365/0381] Vierdtes Geſpraͤch. JSt diß nicht wunderlich/ Das gluͤcke ſetzt an mich Als waͤr mirs noch ſo ſehr gewogen: Jedoch wenn ich das ziel Mit ernſt anhalten will So find ich mich gar weit betrogen/ Weil ihre zunge gleichſam ſpricht; Du ſiehſt mich zwar. Doch du bekoͤmmſt mich nicht. 2. Es iſt ja wol geſchehn/ Jch habe dich geſehn Und ſonderlich in acht genommen: Doch was vor einen lohn Hab ich nunmehr davon Wo denck ich weiter fortzukommen/ Wofern ich dich du ſuͤſſer Pol Jm hertzen und in augen haben ſoll. 3. Die Goͤtter werden zwar Uns ſelten offenbar/ Ob ſie gleich unſre ſeufftzer hoͤren: Und wer gleich in der that Sie gantz zu freunden hat/ Der kan ſie niemals ſichtbar ehren. Denn ein gemeines angeſicht Ertraͤgt den glantz und ihre ſchoͤnheit nicht. 4. Doch haͤtt ich hier gedacht/ Jch wuͤrde deinen pracht Jn ſchoͤner gegenwart genieſſen: Das gluͤcke zeigte ſich/ Nun aber denckſtu mich Nur allzeit weiter auszuſchlieſſen: Derhalben muſtu nach dem ſchein/ Ein himmels-kind und eine Goͤttin ſeyn. 5. Aſtraͤa

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/381>, abgerufen am 11.06.2024.