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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Der triumphirenden keuschheit
Fl. Was mir zu thun möglich ist/ kan ich ungebeten
verrichten.
Cl. Vor wem fürchstu dich/ bleib hier.
Fl. Jch kan nicht/ ich mag nicht/ ich will nicht.
Cl. (Fällt auf die erde/ und fasset ihn
bey den beinen.)

Ach du eintziger auffenthalt meines lebens/ du aller-
schönster angelstern meiner verliebten gedancken/
du lieblicher morgenstern meiner inbrünstigen hoff-
nung/ du tröstlicher abendstern meines unaussprech-
lichen seelen-schmertzens! siehst du nicht/ wer sich
zu deinen füssen erniedriget/ ach es ist die unglückse-
lige Clarisse/ die betrübte/ die verachte/ die verlas-
sene Clarisse/ welche sich aller andern lustigkeit ent-
schlagen hat/ um dem hertzvielgeliebten Floretto
auffzuwarten.
Fl. Jhr Gnaden bemühen sich nicht/ es ist vergebens.
Cl. Ach laß doch aus dem überflüssigen meer deiner
vortrefflichen freundlichkeit nur den geringsten
tropffen auff meine durstige seele rinnen/ und wo
dein hertz ein harter kieselstein ist/ so laß doch etliche
funcken auf meine brust fallen/ welche sich zu lauter
zunder und asche verzehret hat.
Fl. Jhr Gnaden vergeben mir/ ich brauche gewalt.
Cl. (Hält ihn bey dem rocke.) Ach! beliebt dir reich-
thumb/ suchst du die freyheit? mein kind! mein en-
gel! alles soll dir zugesagt seyn/ vergnüge mich nur
durch einen gegenblick.
Fl. (Läst den rock fahren.) Jch will mich an mei-
nen Rodoman so nicht versündigen.

(Geht fort.)
Cl. Du armer unschuldiger rock/ so darffst du nicht
mehr
Der triumphirenden keuſchheit
Fl. Was mir zu thun moͤglich iſt/ kan ich ungebeten
verrichten.
Cl. Vor wem fuͤrchſtu dich/ bleib hier.
Fl. Jch kan nicht/ ich mag nicht/ ich will nicht.
Cl. (Faͤllt auf die erde/ und faſſet ihn
bey den beinen.)

Ach du eintziger auffenthalt meines lebens/ du aller-
ſchoͤnſter angelſtern meiner verliebten gedancken/
du lieblicher morgenſteꝛn meiner inbruͤnſtigen hoff-
nũg/ du troͤſtlicher abendſtern meines unausſprech-
lichen ſeelen-ſchmertzens! ſiehſt du nicht/ wer ſich
zu deinen fuͤſſen erniedriget/ ach es iſt die ungluͤckſe-
lige Clariſſe/ die betruͤbte/ die verachte/ die verlaſ-
ſene Clariſſe/ welche ſich aller andern luſtigkeit ent-
ſchlagen hat/ um dem hertzvielgeliebten Floretto
auffzuwarten.
Fl. Jhr Gnaden bemuͤhen ſich nicht/ es iſt vergebens.
Cl. Ach laß doch aus dem uͤberfluͤſſigen meer deiner
vortrefflichen freundlichkeit nur den geringſten
tropffen auff meine durſtige ſeele rinnen/ und wo
dein hertz ein harter kieſelſtein iſt/ ſo laß doch etliche
funcken auf meine bruſt fallen/ welche ſich zu lauter
zunder und aſche verzehret hat.
Fl. Jhr Gnaden vergeben mir/ ich brauche gewalt.
Cl. (Haͤlt ihn bey dem rocke.) Ach! beliebt diꝛ reich-
thumb/ ſuchſt du die freyheit? mein kind! mein en-
gel! alles ſoll dir zugeſagt ſeyn/ vergnuͤge mich nur
durch einen gegenblick.
Fl. (Laͤſt den rock fahren.) Jch will mich an mei-
nen Rodoman ſo nicht verſuͤndigen.

(Geht fort.)
Cl. Du armer unſchuldiger rock/ ſo darffſt du nicht
mehr
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[234/0250] Der triumphirenden keuſchheit Fl. Was mir zu thun moͤglich iſt/ kan ich ungebeten verrichten. Cl. Vor wem fuͤrchſtu dich/ bleib hier. Fl. Jch kan nicht/ ich mag nicht/ ich will nicht. Cl. (Faͤllt auf die erde/ und faſſet ihn bey den beinen.) Ach du eintziger auffenthalt meines lebens/ du aller- ſchoͤnſter angelſtern meiner verliebten gedancken/ du lieblicher morgenſteꝛn meiner inbruͤnſtigen hoff- nũg/ du troͤſtlicher abendſtern meines unausſprech- lichen ſeelen-ſchmertzens! ſiehſt du nicht/ wer ſich zu deinen fuͤſſen erniedriget/ ach es iſt die ungluͤckſe- lige Clariſſe/ die betruͤbte/ die verachte/ die verlaſ- ſene Clariſſe/ welche ſich aller andern luſtigkeit ent- ſchlagen hat/ um dem hertzvielgeliebten Floretto auffzuwarten. Fl. Jhr Gnaden bemuͤhen ſich nicht/ es iſt vergebens. Cl. Ach laß doch aus dem uͤberfluͤſſigen meer deiner vortrefflichen freundlichkeit nur den geringſten tropffen auff meine durſtige ſeele rinnen/ und wo dein hertz ein harter kieſelſtein iſt/ ſo laß doch etliche funcken auf meine bruſt fallen/ welche ſich zu lauter zunder und aſche verzehret hat. Fl. Jhr Gnaden vergeben mir/ ich brauche gewalt. Cl. (Haͤlt ihn bey dem rocke.) Ach! beliebt diꝛ reich- thumb/ ſuchſt du die freyheit? mein kind! mein en- gel! alles ſoll dir zugeſagt ſeyn/ vergnuͤge mich nur durch einen gegenblick. Fl. (Laͤſt den rock fahren.) Jch will mich an mei- nen Rodoman ſo nicht verſuͤndigen. (Geht fort.) Cl. Du armer unſchuldiger rock/ ſo darffſt du nicht mehr

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/250>, abgerufen am 17.05.2024.