Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


hätte mich gern bey der Handlung erhalten/
aber ich verliebte mich in das Soldaten We-
sen/ daß ich wie der meiner Eltern Wissen und
Willen mit in den Krieg zog. Und ich ab-
schenlicher Narr/hätte ich mich nur in Teutsch-
land unterhalten lassen: so zog ich mit Fran-
tzösischen Werbern fort/ und meynte/ nun
würde ich in Schlaraffen-Land kommen/ da
würden mir die gebratenen Tauben ins
Maul fliegen. Jch meyne aber/ ja/ ich hatte
es wohlgetroffen. Jch muste mit vor Ro-
chelle,
da lagen wir über ein Jahr wie die
Narren/ und wusten nicht ob Krieg oder Frie-
de war. Die Stadt solte außgehungert wer-
den/ und fürwar wir Soldaten im Läger half-
fen bißweilen weidlich hunger leiden/ daß die in
der Stadt desto eher fertig worden. Endlich
übergab sich die Stadt/ damit war der Krieg
zu Ende keine Beute wurde gemacht/ die Ga-
ge
blieb zurücke/ und ich war ein stattlicher
Cavallier. Ach wie gerne wär ich darvon
gewischt; aber weil ich sahe/ wie der Galgen
hinden nach schnappte/ mochte ich meinen
Hals auch nicht gern in dergleichen Ungele-
genheit bringen/ und ließ mir lieber den Tag
zweymal prügelsuppe/ und einmal zu fressen ge-
ben. Nun fieng der Cardinal Richelieu

wun-


haͤtte mich gern bey der Handlung erhalten/
aber ich verliebte mich in das Soldaten We-
ſen/ daß ich wie der meiner Eltern Wiſſen und
Willen mit in den Krieg zog. Und ich ab-
ſchẽlicher Narr/haͤtte ich mich nur in Teutſch-
land unterhalten laſſen: ſo zog ich mit Fran-
tzoͤſiſchen Werbern fort/ und meynte/ nun
wuͤrde ich in Schlaraffen-Land kommen/ da
wuͤrden mir die gebratenen Tauben ins
Maul fliegen. Jch meyne aber/ ja/ ich hatte
es wohlgetroffen. Jch muſte mit vor Ro-
chelle,
da lagen wir uͤber ein Jahr wie die
Narren/ und wuſten nicht ob Krieg oder Frie-
de war. Die Stadt ſolte außgehungert wer-
den/ und fuͤrwar wir Soldaten im Laͤger half-
fen bißweilen weidlich hunger leiden/ daß die in
der Stadt deſto eher fertig worden. Endlich
uͤbergab ſich die Stadt/ damit war der Krieg
zu Ende keine Beute wurde gemacht/ die Ga-
ge
blieb zuruͤcke/ und ich war ein ſtattlicher
Cavallier. Ach wie gerne waͤr ich darvon
gewiſcht; aber weil ich ſahe/ wie der Galgen
hinden nach ſchnappte/ mochte ich meinen
Hals auch nicht gern in dergleichen Ungele-
genheit bringen/ und ließ mir lieber den Tag
zweymal pruͤgelſuppe/ und einmal zu freſſen ge-
ben. Nun fieng der Cardinal Richelieu

wun-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0074" n="68"/><lb/>
ha&#x0364;tte mich gern bey der Handlung erhalten/<lb/>
aber ich verliebte mich in das Soldaten We-<lb/>
&#x017F;en/ daß ich wie der meiner Eltern Wi&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
Willen mit in den Krieg zog. Und ich ab-<lb/>
&#x017F;che&#x0303;licher Narr/ha&#x0364;tte ich mich nur in Teut&#x017F;ch-<lb/>
land unterhalten la&#x017F;&#x017F;en: &#x017F;o zog ich mit Fran-<lb/>
tzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Werbern fort/ und meynte/ nun<lb/>
wu&#x0364;rde ich in Schlaraffen-Land kommen/ da<lb/>
wu&#x0364;rden mir die gebratenen Tauben ins<lb/>
Maul fliegen. Jch meyne aber/ ja/ ich hatte<lb/>
es wohlgetroffen. Jch mu&#x017F;te mit vor <hi rendition="#aq">Ro-<lb/>
chelle,</hi> da lagen wir u&#x0364;ber ein Jahr wie die<lb/>
Narren/ und wu&#x017F;ten nicht ob Krieg oder Frie-<lb/>
de war. Die Stadt &#x017F;olte außgehungert wer-<lb/>
den/ und fu&#x0364;rwar wir Soldaten im La&#x0364;ger half-<lb/>
fen bißweilen weidlich hunger leiden/ daß die in<lb/>
der Stadt de&#x017F;to eher fertig worden. Endlich<lb/>
u&#x0364;bergab &#x017F;ich die Stadt/ damit war der Krieg<lb/>
zu Ende keine Beute wurde gemacht/ die <hi rendition="#aq">Ga-<lb/>
ge</hi> blieb zuru&#x0364;cke/ und ich war ein &#x017F;tattlicher<lb/>
Cavallier. Ach wie gerne wa&#x0364;r ich darvon<lb/>
gewi&#x017F;cht; aber weil ich &#x017F;ahe/ wie der Galgen<lb/>
hinden nach &#x017F;chnappte/ mochte ich meinen<lb/>
Hals auch nicht gern in dergleichen Ungele-<lb/>
genheit bringen/ und ließ mir lieber den Tag<lb/>
zweymal pru&#x0364;gel&#x017F;uppe/ und einmal zu fre&#x017F;&#x017F;en ge-<lb/>
ben. Nun fieng der Cardinal <hi rendition="#aq">Richelieu</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wun-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0074] haͤtte mich gern bey der Handlung erhalten/ aber ich verliebte mich in das Soldaten We- ſen/ daß ich wie der meiner Eltern Wiſſen und Willen mit in den Krieg zog. Und ich ab- ſchẽlicher Narr/haͤtte ich mich nur in Teutſch- land unterhalten laſſen: ſo zog ich mit Fran- tzoͤſiſchen Werbern fort/ und meynte/ nun wuͤrde ich in Schlaraffen-Land kommen/ da wuͤrden mir die gebratenen Tauben ins Maul fliegen. Jch meyne aber/ ja/ ich hatte es wohlgetroffen. Jch muſte mit vor Ro- chelle, da lagen wir uͤber ein Jahr wie die Narren/ und wuſten nicht ob Krieg oder Frie- de war. Die Stadt ſolte außgehungert wer- den/ und fuͤrwar wir Soldaten im Laͤger half- fen bißweilen weidlich hunger leiden/ daß die in der Stadt deſto eher fertig worden. Endlich uͤbergab ſich die Stadt/ damit war der Krieg zu Ende keine Beute wurde gemacht/ die Ga- ge blieb zuruͤcke/ und ich war ein ſtattlicher Cavallier. Ach wie gerne waͤr ich darvon gewiſcht; aber weil ich ſahe/ wie der Galgen hinden nach ſchnappte/ mochte ich meinen Hals auch nicht gern in dergleichen Ungele- genheit bringen/ und ließ mir lieber den Tag zweymal pruͤgelſuppe/ und einmal zu freſſen ge- ben. Nun fieng der Cardinal Richelieu wun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/74
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/74>, abgerufen am 28.11.2024.