Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.CAP. VI. ALs die Kutsche in das Haus gebracht wor- ge-
CAP. VI. ALs die Kutſche in das Haus gebracht wor- ge-
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CAP. VI.
ALs die Kutſche in das Haus gebracht wor-
den/ ſtiegen drey alte Herren herauß. Ei-
ner hatte einen altvaͤteriſchen Sammet-Peltz
an/ mit abſcheulich groſſen Knoͤpffen. Der
ander hatte ein ledern Collet an/ und trug den
Arm in einer Binde. Der dritte hatte dicke di-
cke Struͤmpfe angezogen/ als wañ ihm Lun-
ge und Leber in die Waden gefahren waͤren.
Der Wirth fuͤhrete ſie in ein abſonderlich
Zimmer/ und weil es ziemlich ſpaͤt/ trug er ihnẽ
etwas von kalter Kuͤche fuͤr/ mit Verſprechen/
das Fruͤhſtuͤck beſſer anzurichten. Gelanor
fragte zwar den Wirth/ was dieſes vor Gaͤſte
waͤren; aber es wuſte einer ſo viel als der an-
der/ drumb giengen ſie auch zu Bette. Auf
den Morgen kam Florindo und weckte den
Gelanor auf/ mit Bitte/ er ſolte doch hoͤren/
was die drey alten Herren in der Kammer
darneben vor Geſpraͤche fuͤhreten. Nun war
die Wand an dem Orte ziemlich durchloͤchert/
und jene gebrauchten ſich auch einer feinen
maͤnnlichen Außſprache/ daß man wenig
Worte verhoͤren durffte. Ach! ſagte einer/
bin ich nicht ein Narr geweſen/ ich hatte meine
koͤſtlichen Mittel/ davon ich leben kunte: Nun
hab ich zehen Jahr in frembden Laͤndern zu-
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/70>, abgerufen am 16.07.2024. |