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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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werden/ so schreib nichts: so hastu deinen
Zweck gewiß.

Es kriegte einer Gäste/ und wolte eine
Henne abwürgen lassen/ doch als die Henne
auff die Scheune flog und nicht herunter wol-
te/ sagte er/ ich wil dich wohl herunter langen/
und schoß damit die Henne von dem Dache
weg. Allein das Dach brennete an/ und gieng
das gantze Haus zu Grunde/ da sagte sein
Gast/ du Narr/ wenn du in Stroh schiessen
wilst/ mustu eine Windbüchse nehmen.

Eine vornehme Frau hatte eine krancke
Tochter/ auff welche sie viel gewendet. Als sie
aber der guten Wartung ungeacht sterben
muste/ und nunmehr in den letzten Zügen lag/
gieng die Mutter hin/ gab ihr eine dichte
Maulschelle/ und sagte du ungerathenes Teu-
felskind/ das hab ich nun vor meine Müh und
vor meine Wohlthaten/ daß du mir stirbst.
Darüber fielen unterschiedene Judicia. Einer
sagte/ in diesem Hause ist übel zu leben/ aber
noch übeler zu sterben. Der andere sagte:
Wer bey dieser Frauen sterben will/ muß eine
Sturmhaube auffsetzen. Der dritte: Je lieber
Kind/ je schärffer Ruthe. Der vierdte: die
Tochter kriegt eine Ohrfeige/ wo der Mann
stirbt/ der kriegt gar einen Schilling. Der

fünff-
Q vi


werden/ ſo ſchreib nichts: ſo haſtu deinen
Zweck gewiß.

Es kriegte einer Gaͤſte/ und wolte eine
Henne abwuͤrgen laſſen/ doch als die Henne
auff die Scheune flog und nicht herunter wol-
te/ ſagte er/ ich wil dich wohl herunter langen/
und ſchoß damit die Henne von dem Dache
weg. Allein das Dach brennete an/ und gieng
das gantze Haus zu Grunde/ da ſagte ſein
Gaſt/ du Narr/ wenn du in Stroh ſchieſſen
wilſt/ muſtu eine Windbuͤchſe nehmen.

Eine vornehme Frau hatte eine krancke
Tochter/ auff welche ſie viel gewendet. Als ſie
aber der guten Wartung ungeacht ſterben
muſte/ und nunmehr in den letzten Zuͤgen lag/
gieng die Mutter hin/ gab ihr eine dichte
Maulſchelle/ und ſagte du ungeꝛathenes Teu-
felskind/ das hab ich nun vor meine Muͤh und
vor meine Wohlthaten/ daß du mir ſtirbſt.
Daruͤber fielen unterſchiedene Judicia. Einer
ſagte/ in dieſem Hauſe iſt uͤbel zu leben/ aber
noch uͤbeler zu ſterben. Der andere ſagte:
Wer bey dieſer Frauen ſterben will/ muß eine
Sturmhaube auffſetzen. Der dritte: Je lieber
Kind/ je ſchaͤrffer Ruthe. Der vierdte: die
Tochter kriegt eine Ohrfeige/ wo der Mann
ſtirbt/ der kriegt gar einen Schilling. Der

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Q vi
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[371/0377] werden/ ſo ſchreib nichts: ſo haſtu deinen Zweck gewiß. Es kriegte einer Gaͤſte/ und wolte eine Henne abwuͤrgen laſſen/ doch als die Henne auff die Scheune flog und nicht herunter wol- te/ ſagte er/ ich wil dich wohl herunter langen/ und ſchoß damit die Henne von dem Dache weg. Allein das Dach brennete an/ und gieng das gantze Haus zu Grunde/ da ſagte ſein Gaſt/ du Narr/ wenn du in Stroh ſchieſſen wilſt/ muſtu eine Windbuͤchſe nehmen. Eine vornehme Frau hatte eine krancke Tochter/ auff welche ſie viel gewendet. Als ſie aber der guten Wartung ungeacht ſterben muſte/ und nunmehr in den letzten Zuͤgen lag/ gieng die Mutter hin/ gab ihr eine dichte Maulſchelle/ und ſagte du ungeꝛathenes Teu- felskind/ das hab ich nun vor meine Muͤh und vor meine Wohlthaten/ daß du mir ſtirbſt. Daruͤber fielen unterſchiedene Judicia. Einer ſagte/ in dieſem Hauſe iſt uͤbel zu leben/ aber noch uͤbeler zu ſterben. Der andere ſagte: Wer bey dieſer Frauen ſterben will/ muß eine Sturmhaube auffſetzen. Der dritte: Je lieber Kind/ je ſchaͤrffer Ruthe. Der vierdte: die Tochter kriegt eine Ohrfeige/ wo der Mann ſtirbt/ der kriegt gar einen Schilling. Der fuͤnff- Q vi

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/377>, abgerufen am 25.11.2024.