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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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Liese. Doch hiermit fiengen sie an in die Kirche
zu läuten/ und stunden alle vom Tische auff.
Etliche giengen in die Predigt/ etliche blie-
ben zu Hause. Nach der Kirche kam ein junger
Stutzer/ der wolte ungeacht des heiligen Ta-
ges auff dem Schlitten fahren/ und hatte
sich den Zeug darzu gar prächtig auffgeputzt:
doch er mochte wol an keinem Fürstlichen
Hofe seyn Stallmeister gewesen/ oder zum
wenigsten mochte das Pferd kein Hochdeutsch
verstehn. Denn es kam alles so verkehrt und
sel[tz]am herauß/ daß wohl hundert Jungen
hinter drein lieffen/ und mit hellem Halse
schrien/ Haber/ Haber/ Haber/ Haber. Der
Handel verdroß ihn/ und gewiß/ [15]. Tha-
ler wären ihm lieber gewesen/ als der Schimpf/
doch meinte er/ es wäre noch zu verbessern/ und
wolte auff dem grossen Platze gleich vor dem
Wirthshause etliche Rädgen herum drehen/
und kam den alten Weibern/ die Aepffel/ Nüs-
se/ Kraut/ Käse und andere Höckereyen feil
hatten/ mit den Kuffen in ihre Körbe/ daß ei-
nes hin das andere her flog. Die Jungen lief-
fen zu und lasen auff/ die alten Weiber warf-
fen mit ihren Feuerpfängen darzwischen/ und
wolten ihre Wahren nicht preiß geben. Das
Pferd ward von dem Getöse scheu gemacht/

daß


Lieſe. Doch hiermit fiengen ſie an in die Kirche
zu laͤuten/ und ſtunden alle vom Tiſche auff.
Etliche giengen in die Predigt/ etliche blie-
ben zu Hauſe. Nach der Kirche kam ein junger
Stutzer/ der wolte ungeacht des heiligen Ta-
ges auff dem Schlitten fahren/ und hatte
ſich den Zeug darzu gar praͤchtig auffgeputzt:
doch er mochte wol an keinem Fuͤrſtlichen
Hofe ſeyn Stallmeiſter geweſen/ oder zum
wenigſten mochte das Pferd kein Hochdeutſch
verſtehn. Denn es kam alles ſo verkehrt und
ſel[tz]am herauß/ daß wohl hundert Jungen
hinter drein lieffen/ und mit hellem Halſe
ſchrien/ Haber/ Haber/ Haber/ Haber. Der
Handel verdroß ihn/ und gewiß/ [15]. Tha-
ler waͤren ihm lieber geweſẽ/ als der Schimpf/
doch meinte er/ es waͤre noch zu verbeſſern/ und
wolte auff dem groſſen Platze gleich vor dem
Wirthshauſe etliche Raͤdgen herum drehen/
und kam den alten Weibern/ die Aepffel/ Nuͤſ-
ſe/ Kraut/ Kaͤſe und andere Hoͤckereyen feil
hatten/ mit den Kuffen in ihre Koͤrbe/ daß ei-
nes hin das andere her flog. Die Jungen lief-
fen zu und laſen auff/ die alten Weiber warf-
fen mit ihren Feuerpfaͤngen darzwiſchen/ und
wolten ihre Wahren nicht preiß geben. Das
Pferd ward von dem Getoͤſe ſcheu gemacht/

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[338/0344] Lieſe. Doch hiermit fiengen ſie an in die Kirche zu laͤuten/ und ſtunden alle vom Tiſche auff. Etliche giengen in die Predigt/ etliche blie- ben zu Hauſe. Nach der Kirche kam ein junger Stutzer/ der wolte ungeacht des heiligen Ta- ges auff dem Schlitten fahren/ und hatte ſich den Zeug darzu gar praͤchtig auffgeputzt: doch er mochte wol an keinem Fuͤrſtlichen Hofe ſeyn Stallmeiſter geweſen/ oder zum wenigſten mochte das Pferd kein Hochdeutſch verſtehn. Denn es kam alles ſo verkehrt und ſeltzam herauß/ daß wohl hundert Jungen hinter drein lieffen/ und mit hellem Halſe ſchrien/ Haber/ Haber/ Haber/ Haber. Der Handel verdroß ihn/ und gewiß/ 15. Tha- ler waͤren ihm lieber geweſẽ/ als der Schimpf/ doch meinte er/ es waͤre noch zu verbeſſern/ und wolte auff dem groſſen Platze gleich vor dem Wirthshauſe etliche Raͤdgen herum drehen/ und kam den alten Weibern/ die Aepffel/ Nuͤſ- ſe/ Kraut/ Kaͤſe und andere Hoͤckereyen feil hatten/ mit den Kuffen in ihre Koͤrbe/ daß ei- nes hin das andere her flog. Die Jungen lief- fen zu und laſen auff/ die alten Weiber warf- fen mit ihren Feuerpfaͤngen darzwiſchen/ und wolten ihre Wahren nicht preiß geben. Das Pferd ward von dem Getoͤſe ſcheu gemacht/ daß

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/344>, abgerufen am 18.05.2024.