Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


ihrem Feinde/ sondern ihrem besten Kern-
Freunde/ den sie sonderlich respectiren wol-
len/ und iemehr sie einen obligiren wollen/
desto schärffer setzen sie einem zu/ daß mancher
Glückselig ist/ der wenig Freunde hat/ und
also bey seiner Vernunfft ungehindert gelas-
sen wird.

Eurylas sagte hierauff: es nimt mich offt
wunder/ warum ein Mensch solche grosse Lust
an seiner Unvernunfft und an anderer her-
nachfolgenden Verdrießlichkeit haben kan:
dann/ daß niemand den Befehl Christi in acht
nimmt/ hütet euch vor Fressen und Sauffen/
das ist in der Atheistischen Welt kein Wun-
der/ da man Gottes Gebote offt hintan setzt.
Sondern diß scheinet vor solche Politicos zu
ungereimt/ daß/ inden sie in allem auf ihr Bestes
sehen und dencken wollen/ gleichwol ihre Ver-
nunfft/ ihre Gesundheit und alles in dem
Weinfasse zurück lassen. Da kömmt ein
Priester/ und hätte die Gaben/ daß er eine fei-
ne andächtige Predigt ablegen könte: Aber
weil der gestrige Rausch noch nicht verdauet
ist/ so geht es ab wie Pech vom Ermel/ und hat
er selbst neben seinen Zuhörern/ die höchste
Ungelegenheit darbey. Das Nachsinnen
kömmt ihn sauer an/ kein Wort henckt an dem

andern/


ihrem Feinde/ ſondern ihrem beſten Kern-
Freunde/ den ſie ſonderlich reſpectiren wol-
len/ und iemehr ſie einen obligiren wollen/
deſto ſchaͤrffer ſetzen ſie einem zu/ daß mancher
Gluͤckſelig iſt/ der wenig Freunde hat/ und
alſo bey ſeiner Vernunfft ungehindert gelaſ-
ſen wird.

Eurylas ſagte hierauff: es nimt mich offt
wunder/ warum ein Menſch ſolche groſſe Luſt
an ſeiner Unvernunfft und an anderer her-
nachfolgenden Verdrießlichkeit haben kan:
dann/ daß niemand den Befehl Chriſti in acht
nimmt/ huͤtet euch vor Freſſen und Sauffen/
das iſt in der Atheiſtiſchen Welt kein Wun-
der/ da man Gottes Gebote offt hintan ſetzt.
Sondern diß ſcheinet vor ſolche Politicos zu
ungereimt/ daß/ indẽ ſie in allem auf ihr Beſtes
ſehen und dencken wollen/ gleichwol ihre Ver-
nunfft/ ihre Geſundheit und alles in dem
Weinfaſſe zurück laſſen. Da koͤmmt ein
Prieſter/ und haͤtte die Gaben/ daß er eine fei-
ne andaͤchtige Predigt ablegen koͤnte: Aber
weil der geſtrige Rauſch noch nicht verdauet
iſt/ ſo geht es ab wie Pech vom Ermel/ und hat
er ſelbſt neben ſeinen Zuhoͤrern/ die hoͤchſte
Ungelegenheit darbey. Das Nachſinnen
koͤmmt ihn ſauer an/ kein Wort henckt an dem

andern/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0274" n="268"/><lb/>
ihrem Feinde/ &#x017F;ondern ihrem be&#x017F;ten Kern-<lb/>
Freunde/ den &#x017F;ie &#x017F;onderlich <hi rendition="#aq">re&#x017F;pecti</hi>ren wol-<lb/>
len/ und iemehr &#x017F;ie einen <hi rendition="#aq">obligi</hi>ren wollen/<lb/>
de&#x017F;to &#x017F;cha&#x0364;rffer &#x017F;etzen &#x017F;ie einem zu/ daß mancher<lb/>
Glu&#x0364;ck&#x017F;elig i&#x017F;t/ der wenig <hi rendition="#fr">F</hi>reunde hat/ und<lb/>
al&#x017F;o bey &#x017F;einer Vernunfft ungehindert gela&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en wird.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Eurylas</hi> &#x017F;agte hierauff: es nimt mich offt<lb/>
wunder/ warum ein Men&#x017F;ch &#x017F;olche gro&#x017F;&#x017F;e Lu&#x017F;t<lb/>
an &#x017F;einer Unvernunfft und an anderer her-<lb/>
nachfolgenden Verdrießlichkeit haben kan:<lb/>
dann/ daß niemand den Befehl Chri&#x017F;ti in acht<lb/>
nimmt/ hu&#x0364;tet euch vor Fre&#x017F;&#x017F;en und Sauffen/<lb/>
das i&#x017F;t in der Athei&#x017F;ti&#x017F;chen Welt kein Wun-<lb/>
der/ da man Gottes Gebote offt hintan &#x017F;etzt.<lb/>
Sondern diß &#x017F;cheinet vor &#x017F;olche <hi rendition="#aq">Politicos</hi> zu<lb/>
ungereimt/ daß/ inde&#x0303; &#x017F;ie in allem auf ihr Be&#x017F;tes<lb/>
&#x017F;ehen und dencken wollen/ gleichwol ihre Ver-<lb/>
nunfft/ ihre Ge&#x017F;undheit und alles in dem<lb/>
Weinfa&#x017F;&#x017F;e zurück la&#x017F;&#x017F;en. Da ko&#x0364;mmt ein<lb/>
Prie&#x017F;ter/ und ha&#x0364;tte die Gaben/ daß er eine fei-<lb/>
ne anda&#x0364;chtige Predigt ablegen ko&#x0364;nte: Aber<lb/>
weil der ge&#x017F;trige Rau&#x017F;ch noch nicht verdauet<lb/>
i&#x017F;t/ &#x017F;o geht es ab wie Pech vom Ermel/ und hat<lb/>
er &#x017F;elb&#x017F;t neben &#x017F;einen Zuho&#x0364;rern/ die ho&#x0364;ch&#x017F;te<lb/>
Ungelegenheit darbey. Das Nach&#x017F;innen<lb/>
ko&#x0364;mmt ihn &#x017F;auer an/ kein Wort henckt an dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">andern/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0274] ihrem Feinde/ ſondern ihrem beſten Kern- Freunde/ den ſie ſonderlich reſpectiren wol- len/ und iemehr ſie einen obligiren wollen/ deſto ſchaͤrffer ſetzen ſie einem zu/ daß mancher Gluͤckſelig iſt/ der wenig Freunde hat/ und alſo bey ſeiner Vernunfft ungehindert gelaſ- ſen wird. Eurylas ſagte hierauff: es nimt mich offt wunder/ warum ein Menſch ſolche groſſe Luſt an ſeiner Unvernunfft und an anderer her- nachfolgenden Verdrießlichkeit haben kan: dann/ daß niemand den Befehl Chriſti in acht nimmt/ huͤtet euch vor Freſſen und Sauffen/ das iſt in der Atheiſtiſchen Welt kein Wun- der/ da man Gottes Gebote offt hintan ſetzt. Sondern diß ſcheinet vor ſolche Politicos zu ungereimt/ daß/ indẽ ſie in allem auf ihr Beſtes ſehen und dencken wollen/ gleichwol ihre Ver- nunfft/ ihre Geſundheit und alles in dem Weinfaſſe zurück laſſen. Da koͤmmt ein Prieſter/ und haͤtte die Gaben/ daß er eine fei- ne andaͤchtige Predigt ablegen koͤnte: Aber weil der geſtrige Rauſch noch nicht verdauet iſt/ ſo geht es ab wie Pech vom Ermel/ und hat er ſelbſt neben ſeinen Zuhoͤrern/ die hoͤchſte Ungelegenheit darbey. Das Nachſinnen koͤmmt ihn ſauer an/ kein Wort henckt an dem andern/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/274
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/274>, abgerufen am 25.11.2024.