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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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ge auffgehalten. Denn obgedachter Herr
fiel in eine plötzliche Kranckheit/ ward auch von
dem herein brechenden Tode übereilet/ daß er
kaum Zeit hatte seinen letzten Willen zu er-
klären/ und in Ermangelung eigener Leibes-
Erben/ die nächsten Freunde im Testament
ordentlich zu bedencken. Was geschach? die
Leiche wurde prächtig beygesetzt/ und weinten
dieselben am trotzigsten/ die sich der Erbschafft
wegen am [m]eisten freueten/ daß [m]an also wol in
die Trauer-Fahne hätte sehreiben mögen: NUL-
LI JACTANTIUS MOERENT, QUAM
QUI MAXIME LAETANTUR.
Endlich
bey Eröffnung des Testaments fand sichs/ daß
dem jenigen/ der des Hauses Besitzer seyn
würde/ die Beschwerung/ doch ohne seinen
Schaden aufferleget war/ den angefangenen
Bau nicht allein zu vollenden/ sondern auch in
allen Stücken so wohl in grossen als in kleinen
dem auffgesetzten Verzeichniß zu folgen. Nun
war gedachtes Verzeichniß so accurat einge-
richtet/ daß fast nicht ein Balcken vergessen
war/ wo er solte eingeschoben/ wie er solte be-
kleidet oder gemahlet/ wie er solte behobelt und
beschnitzet werden. Was solte der Erbe thun?
wolte er den Pallast haben/ muste er die bey-
gefügte Condition eingehen. Und also ließ
er in dem Bau gar sorgfältig fort fahren/ ver-

gaß
A vj


ge auffgehalten. Denn obgedachter Herr
fiel in eine ploͤtzliche Kranckheit/ ward auch von
dem herein brechenden Tode uͤbereilet/ daß er
kaum Zeit hatte ſeinen letzten Willen zu er-
klaͤren/ und in Ermangelung eigener Leibes-
Erben/ die naͤchſten Freunde im Teſtament
ordentlich zu bedencken. Was geſchach? die
Leiche wurde praͤchtig beygeſetzt/ und weinten
dieſelben am trotzigſten/ die ſich der Erbſchafft
wegen am [m]eiſtẽ freueten/ daß [m]an alſo wol in
die Trauer-Fahne haͤtte ſehreibẽ moͤgẽ: NUL-
LI JACTANTIUS MOERENT, QUAM
QUI MAXIME LÆTANTUR.
Endlich
bey Eꝛoͤffnung des Teſtaments fand ſichs/ daß
dem jenigen/ der des Hauſes Beſitzer ſeyn
wuͤrde/ die Beſchwerung/ doch ohne ſeinen
Schaden aufferleget war/ den angefangenen
Bau nicht allein zu vollenden/ ſondern auch in
allen Stuͤcken ſo wohl in groſſen als in kleinen
dem auffgeſetzten Verzeichniß zu folgen. Nun
war gedachtes Verzeichniß ſo accurat einge-
richtet/ daß faſt nicht ein Balcken vergeſſen
war/ wo er ſolte eingeſchoben/ wie er ſolte be-
kleidet oder gemahlet/ wie er ſolte behobelt und
beſchnitzet werden. Was ſolte der Erbe thun?
wolte er den Pallaſt haben/ muſte er die bey-
gefuͤgte Condition eingehen. Und alſo ließ
er in dem Bau gar ſorgfaͤltig fort fahren/ ver-

gaß
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[11/0017] ge auffgehalten. Denn obgedachter Herr fiel in eine ploͤtzliche Kranckheit/ ward auch von dem herein brechenden Tode uͤbereilet/ daß er kaum Zeit hatte ſeinen letzten Willen zu er- klaͤren/ und in Ermangelung eigener Leibes- Erben/ die naͤchſten Freunde im Teſtament ordentlich zu bedencken. Was geſchach? die Leiche wurde praͤchtig beygeſetzt/ und weinten dieſelben am trotzigſten/ die ſich der Erbſchafft wegen am meiſtẽ freueten/ daß man alſo wol in die Trauer-Fahne haͤtte ſehreibẽ moͤgẽ: NUL- LI JACTANTIUS MOERENT, QUAM QUI MAXIME LÆTANTUR. Endlich bey Eꝛoͤffnung des Teſtaments fand ſichs/ daß dem jenigen/ der des Hauſes Beſitzer ſeyn wuͤrde/ die Beſchwerung/ doch ohne ſeinen Schaden aufferleget war/ den angefangenen Bau nicht allein zu vollenden/ ſondern auch in allen Stuͤcken ſo wohl in groſſen als in kleinen dem auffgeſetzten Verzeichniß zu folgen. Nun war gedachtes Verzeichniß ſo accurat einge- richtet/ daß faſt nicht ein Balcken vergeſſen war/ wo er ſolte eingeſchoben/ wie er ſolte be- kleidet oder gemahlet/ wie er ſolte behobelt und beſchnitzet werden. Was ſolte der Erbe thun? wolte er den Pallaſt haben/ muſte er die bey- gefuͤgte Condition eingehen. Und alſo ließ er in dem Bau gar ſorgfaͤltig fort fahren/ ver- gaß A vj

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/17>, abgerufen am 16.04.2024.