Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht gnungsam zu verwundern die
Frucht/ welche er auch abwesende hat/
Grosse Fürsten thun nicht übel/ wenn sie
durch eine vermeinete Gegenwart auch
abwesende bey ihren Rathsversamlun-
gen eine Scheu erlangen; Gott aber sie-
het und ist in allen geheimesten Gemä-
chern anwesend/ er stehet hinter der
Wand und siehet durchs Fenster/ und
gucket durchs Gitter/ er misset alle ihre
Gänge/ er verstehet alle Gedancken von
ferne/ er prüfet Hertzen und Nieren/
des Königes Hertz ist in der Hand Got-
tes; Jn ein so GOtt übergebenes und
treu verharrendes Fürsten Hertze ver-
leiben wir in reiner Unschuld unsern
Staats-Rath/ nachdem wir vorherse-
tzen wollen/ daß ein Fürst ohne Gott nicht
glückseelig regiren könne/ die Furcht
GOttes die rechte Weißheit und all
menschlicher Witz ohne die warhaff-
tige Pietet eine thörichte Einbildung sey/
worauß dann unwiedertreiblichen flisset/
daß weilen Ratio Status eine gewisse Re-
girungs-Art abgebe/ diese beyde in einer
festen Verwandschafft beysammen ste-

hen
J vij

nicht gnungſam zu verwundern die
Frucht/ welche er auch abweſende hat/
Groſſe Fuͤrſten thun nicht uͤbel/ wenn ſie
durch eine vermeinete Gegenwart auch
abweſende bey ihren Rathsverſamlun-
gen eine Scheu erlangen; Gott aber ſie-
het und iſt in allen geheimeſten Gemaͤ-
chern anweſend/ er ſtehet hinter der
Wand und ſiehet durchs Fenſter/ und
gucket durchs Gitter/ er miſſet alle ihre
Gaͤnge/ er verſtehet alle Gedancken von
ferne/ er pruͤfet Hertzen und Nieren/
des Koͤniges Hertz iſt in der Hand Got-
tes; Jn ein ſo GOtt uͤbergebenes und
treu verharrendes Fuͤrſten Hertze ver-
leiben wir in reiner Unſchuld unſern
Staats-Rath/ nachdem wir vorherſe-
tzen wollen/ daß ein Fuͤrſt ohne Gott nicht
gluͤckſeelig regiren koͤnne/ die Furcht
GOttes die rechte Weißheit und all
menſchlicher Witz ohne die warhaff-
tige Pietet eine thoͤrichte Einbildung ſey/
worauß dann unwiedertreiblichen fliſſet/
daß weilen Ratio Status eine gewiſſe Re-
girungs-Art abgebe/ dieſe beyde in einer
feſten Verwandſchafft beyſammen ſte-

hen
J vij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0229"/>
nicht gnung&#x017F;am zu verwundern die<lb/>
Frucht/ welche er auch abwe&#x017F;ende hat/<lb/>
Gro&#x017F;&#x017F;e Fu&#x0364;r&#x017F;ten thun nicht u&#x0364;bel/ wenn &#x017F;ie<lb/>
durch eine vermeinete Gegenwart auch<lb/>
abwe&#x017F;ende bey ihren Rathsver&#x017F;amlun-<lb/>
gen eine Scheu erlangen; Gott aber &#x017F;ie-<lb/>
het und i&#x017F;t in allen geheime&#x017F;ten Gema&#x0364;-<lb/>
chern anwe&#x017F;end/ er &#x017F;tehet hinter der<lb/>
Wand und &#x017F;iehet durchs Fen&#x017F;ter/ und<lb/>
gucket durchs Gitter/ er mi&#x017F;&#x017F;et alle ihre<lb/>
Ga&#x0364;nge/ er ver&#x017F;tehet alle Gedancken von<lb/>
ferne/ er pru&#x0364;fet Hertzen und Nieren/<lb/>
des Ko&#x0364;niges Hertz i&#x017F;t in der Hand Got-<lb/>
tes; Jn ein &#x017F;o GOtt u&#x0364;bergebenes und<lb/>
treu verharrendes Fu&#x0364;r&#x017F;ten Hertze ver-<lb/>
leiben wir in reiner Un&#x017F;chuld un&#x017F;ern<lb/>
Staats-Rath/ nachdem wir vorher&#x017F;e-<lb/>
tzen wollen/ daß ein Fu&#x0364;r&#x017F;t ohne Gott nicht<lb/>
glu&#x0364;ck&#x017F;eelig regiren ko&#x0364;nne/ die Furcht<lb/>
GOttes die rechte Weißheit und all<lb/>
men&#x017F;chlicher Witz ohne die warhaff-<lb/>
tige <hi rendition="#aq">Pietet</hi> eine tho&#x0364;richte Einbildung &#x017F;ey/<lb/>
worauß dann unwiedertreiblichen fli&#x017F;&#x017F;et/<lb/>
daß weilen <hi rendition="#aq">Ratio Status</hi> eine gewi&#x017F;&#x017F;e Re-<lb/>
girungs-Art abgebe/ die&#x017F;e beyde in einer<lb/>
fe&#x017F;ten Verwand&#x017F;chafft bey&#x017F;ammen &#x017F;te-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J vij</fw><fw place="bottom" type="catch">hen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0229] nicht gnungſam zu verwundern die Frucht/ welche er auch abweſende hat/ Groſſe Fuͤrſten thun nicht uͤbel/ wenn ſie durch eine vermeinete Gegenwart auch abweſende bey ihren Rathsverſamlun- gen eine Scheu erlangen; Gott aber ſie- het und iſt in allen geheimeſten Gemaͤ- chern anweſend/ er ſtehet hinter der Wand und ſiehet durchs Fenſter/ und gucket durchs Gitter/ er miſſet alle ihre Gaͤnge/ er verſtehet alle Gedancken von ferne/ er pruͤfet Hertzen und Nieren/ des Koͤniges Hertz iſt in der Hand Got- tes; Jn ein ſo GOtt uͤbergebenes und treu verharrendes Fuͤrſten Hertze ver- leiben wir in reiner Unſchuld unſern Staats-Rath/ nachdem wir vorherſe- tzen wollen/ daß ein Fuͤrſt ohne Gott nicht gluͤckſeelig regiren koͤnne/ die Furcht GOttes die rechte Weißheit und all menſchlicher Witz ohne die warhaff- tige Pietet eine thoͤrichte Einbildung ſey/ worauß dann unwiedertreiblichen fliſſet/ daß weilen Ratio Status eine gewiſſe Re- girungs-Art abgebe/ dieſe beyde in einer feſten Verwandſchafft beyſammen ſte- hen J vij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/229
Zitationshilfe: Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/229>, abgerufen am 19.05.2024.